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Ezzes

Ezzes

Titel: Ezzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Pittler
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um das Fenster der Wachstube und blickten auf die begrünte Fläche, die den Justizpalast vom Parlament trennte.
    „Na, servas, jetzt sand s’ scho im Park“, hörte Bronstein einen Beamten sagen.
    „Die Demonstranten durchbrechen die Polizeilinie“, rief ein anderer aufgeregt.
    „Schaut’s, da kommt die Berittene“, machte eine dritte Stimme wieder Mut.
    „Na pfiat mi Gott, die reiten die glatt nieder“, ließ sich die erste Stimme wieder vernehmen.
    „Jetzt rennen s’“, erklang eine vierte Person.
    „Na, do ned, sie sammeln si wieder.“
    Bronstein schaffte es nicht, sich zu erheben und sich zu den Beobachtern zu gesellen. Er war noch viel zu sehr mit dem selbst Erlebten beschäftigt, als dass er es vermocht hätte, neues Elend zu erblicken. Doch was wie durch einen Schleier zu ihm durchdrang, verbesserte seine Stimmung nicht. Offensichtlichritt die Polizei eine Attacke nach der anderen gegen die Demonstranten, die bei jedem neuen Angriff der Ordnungsmacht zurückwichen, sich aber sofort danach wieder sammelten. Und die Zeit, welche die Reiter brauchten, um beim Palais Epstein ihre Pferde zu wenden, nutzten die Demonstranten, um einige weitere Meter an den Justizpalast heranzurücken. Die Bäume des Schmerlingparks verunmöglichten einen weiteren berittenen Angriff, sodass die Polizisten zu Fuß eine Kette vor dem Haupttor des Palastes bildeten. Doch die war, wie Bronstein den Kommentaren seiner Kollegen entnehmen konnte, viel zu klein und ausgedünnt, um der Menge der Demonstranten standhalten zu können. Ein lauter Knall ließ Bronstein hochfahren.
    Die Kollegen lagen auf dem Boden, bedeckt von Glassplittern. Ein schwerer Pflasterstein war gegen das Fenster geworfen worden und hatte einen der Polizisten am Kopf getroffen. Die anderen hatten blitzartig Deckung gesucht. Bronstein überblickte das Chaos vor ihm, als Cerny wieder ins Zimmer gelaufen kam.
    „Die Türen halten dem Ansturm sicher nicht lange stand“, sagte er keuchend, „wir brauchen Verstärkung.“
    In dem Augenblick erzitterte die Tür des Wachzimmers, begleitet von einem dumpfen Krachen. Einer der Polizisten riskierte einen schnellen Blick aus dem glaslosen Fenster. „Die rennen die Tür mit einer Schiene ein“, schrie er und hastete auf allen vieren dem Hinterausgang zu. Und wieder erfolgte ein Stoß gegen die Tür. Bronstein angelte sich das Telefon und wählte die Nummer des Präsidiums. „Alle in die Aula“, befahl er, „und kümmert euch um den Verletzten.“ Im Präsidium hob niemand ab.
    Bronstein hörte das Splittern von Holz. Dann fiel etwas polternd zu Boden. Bronstein sah, dass es sich um das Türschloss gehandelt hatte. Er ließ den Hörer auf die Gabel fallen, blickte sich noch einmal um und zog sich dann ebenfalls zurück. „DieStiege hinauf!“, rief er den Kollegen zu. „Verteilt euch in den Zimmern. Cerny, du kommst mit mir.“
    Die beiden waren an der Mitteltreppe angelangt, als anschwellender Lärm signalisierte, dass die Demonstranten die Wachstube übernommen hatten. Von dort aus würden sie das Haupttor öffnen können, und dann war das Gebäude gefallen. Sie waren acht Beamte und ein Hausmeister gegen tausende empörte Arbeiter. Niemand konnte von ihnen verlangen, sinnlos kurzen Widerstand zu leisten. Wenn sie sich unauffällig verhielten, dann konnte wenigstens Personenschaden vermieden werden. Bronstein bugsierte Cerny in das Zimmer, in dem sie übernachtet hatten, und telefonierte von dort neuerlich nach dem Präsidium. Abermals ohne Erfolg.
    „Jetzt können wir nur noch warten, bis der Sturm sich legt“, sagte er leise und sah Cerny entschuldigend an.
    „Das ist doch Wahnsinn“, hielt der ihm entgegen, „wir müssen etwas tun.“
    „Und was, bitte schön? Wie willst du zu acht eine Armee aufhalten?“
    „Schon. Aber wenn die hier jemanden finden …, die lynchen den!“
    „Du meinst, wir hätten flüchten sollen?“
    „Ja. Hätten wir. Aber jetzt ist es ohnehin zu spät. Die sind sicher schon auf den Gängen. Dem Lärm nach zu urteilen.“
    In der Tat vernahm Bronstein das Aufbrechen von Türen, das Zerschmettern von Fensterscheiben. Dumpfes Poltern deutete darauf hin, dass Aktenschränke umgeworfen wurden. Vor dem Fenster flatterten Papiere vorbei, die wohl von Akten stammten. Offenbar wurden auch Bücher aus den Fenstern geworfen, denn von Zeit zu Zeit flog eines an ihrem Fenster vorbei.
    Plötzlich stieg Rauch auf. Irgendwo war Feuer ausgebrochen. Und in diesem Moment war Bronstein wie

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