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Ezzes

Ezzes

Titel: Ezzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Pittler
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vom Donner gerührt.
    Die Seiler, die Breuer, die Hildebrand!
    Auf die hatte er ganz vergessen! Die saßen seit Mitternacht in der Vernehmungszelle am Ende des Flurs. Seit beinahe schon zehn Stunden ohne jede Nahrung, ohne Wasser und vor allem ohne jede Information, was all der Lärm und das Chaos zu bedeuten hatten.
    „Um Himmels Willen“, schrie er in Panik, „die drei Mädeln. Die hab ich ganz vergessen!“
    Cerny sah ihn fassungslos an: „Was? Die sind da?“
    „Ja sicher, ich hab sie ja gestern Nacht noch verhört und das Protokoll aufgenommen. Deswegen bin ich ja dagesessen mit meinem Abschlussbericht.“ Dabei zeigte er wieder auf das Aktenkonvolut auf dem Tisch.
    „Um Gottes Willen“, sagte jetzt auch Cerny, „Herr Oberstleutnant!“
    „Kumm! Gemma, aber schnö a no!“ Bronstein griff sich den Akt, schnappte Cerny am Arm und stürmte aus dem Zimmer. In der allgemeinen Hektik fielen sie nicht einmal auf. Sie eilten den Flur entlang zum Zellentrakt, Bronstein zog seinen Generalschlüssel aus der Hosentasche, sperrte die erste Tür auf und schob Cerny hinein. Er hastete hinterher und schloss die Tür hinter sich. Dann steckte er den Schlüssel abermals in ein Schloss und blickte einen Moment später in die Gesichter der drei Frauen, die ihn in einer Mischung aus Skepsis, Furcht und Verwirrung ansahen.
    „Keine Zeit für Erklärungen“, belferte er, um seine eigene Angst zu kaschieren, „ihr kummt’s jetzt mit, alles Weitere später. Und macht’s keine Spompanadeln, dafür ist jetzt sicher ned der richtige Zeitpunkt.“
    Den drei Frauen war nicht entgangen, dass hier eben etwas Ungeheuerliches vor sich ging, und so zogen sie es vor, Bronstein Folge zu leisten. Cerny verbeugte sich kurz, stellte sich vor und nahm dann die Breuer und die Seiler links und rechtsan seine Seite, während sich Bronstein bei der Hildebrand unterhakte. Zu fünf strebten sie zurück auf den Korridor.
    Dort wurde endgültig Kleinholz aus der Einrichtung des Palastes gemacht. In beinahe allen Zimmern tobten sich Demonstranten aus, zerrten, was sie in die Finger bekamen, aus den Räumen und warfen es in den Hof oder auf die Straße. An mehreren Stellen loderten mittlerweile Flammen auf, und auch aus einigen Räumen drangen bereits Rauchschwaden, die es den fünf schwer machten, normal zu atmen. Bronstein war froh, als sie heil die Haupttreppe erreicht hatten. Und immer noch nahm niemand von ihnen Notiz.
    „Beeilt euch“, zischte er, „gleich haben wir es geschafft.“
    „Was wird jetzt mit uns?“, fragte die Hildebrand ängstlich, doch Cerny beruhigte sie. „Zuerst bringen wir euch einmal in Sicherheit. Dann schauen wir weiter.“ Es war der Seiler anzusehen, dass sie dem Frieden keineswegs traute und überlegte, die Gelegenheit zur Flucht zu nützen.
    Dies entging Bronstein nicht, und er traf einen Entschluss. Zwischen dem Beginn der Treppe und dem Haupttor waren jede Menge Akten, Bücher und sonstige Druckwerke zu einem fast mannshohen Haufen aufgeschlichtet worden. Jemand hatte ein Stück Zeitung in Brand gesteckt und es mitten in das Papier geschoben. Die Flammen prasselten meterhoch auf und bildeten eine Barriere zwischen Treppe und Tor. Bronstein sah das Feuer, er sah die Frauen, seine Blicke trafen deren Blicke, und mit einer großen Geste warf er das Aktenbündel ins Feuer, das ob der neuen Nahrung gierig aufloderte. Dann sah er Cerny in die Augen. „Hoppala“, sagte er.
    Cerny grinste.
    „Was war das? War das unser Akt?“, fragte die Hildebrand ungläubig.
    „Genau der“, sagte Bronstein mit hörbarer Zufriedenheit in seiner Stimme.
    „Wieso machen Sie das?“ Die Seiler blieb skeptisch.
    Bronstein sah sich um. Gleich beim Ausgang gab es eine verhältnismäßig ruhige Ecke. Dorthin drängte er die Gruppe, um solcherart halbwegs geschützt vor dem wütenden Furor zu sein. Dann sah er die Seiler an: „Ich habe sehr viel über euren Fall nachgedacht. Verurteile euch, wer will, ich vermag es nicht.“
    Kati Hildebrand schossen die Tränen in die Augen. „Danke“, stammelte sie, „vielen Dank!“ Bronstein hob die Hand zu einer abwehrenden Geste: „Wartet noch zu, ehe ihr mir dankt. Dass der Akt ein Raub der Flammen wurde, das bedeutet nur einen Zeitgewinn. Der Fall Guschlbauer wird deswegen nicht vom Antlitz der Erde verschwinden. Wir müssen uns schon mehr überlegen, wenn wir sicherstellen wollen, dass euch nichts geschieht.“
    Bronstein war über sich selbst erstaunt. In wenigen Augenblicken hatte er

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