Ezzes
können, die Wiener Polizei braucht sich um die Sache gar nicht weiter zu kümmern. Da sind bei mir natürlich die Alarmglocken sofort angegangen, verstehen S’, Brrronschtajn! Erhöhte Bereitschaft, und das ab sofort. Sie sammeln alle Leute, die sich derzeit im Justizpalast befinden, und warten weitere Instruktionen ab. Vor sechs, sieben Uhr früh wird sich nichts tun, aber wir müssen vorbereitet sein. Die neuralgischen Punkte müssen wir beschützen. Das Parlament, das Kanzleramt, das Landesgericht. Die Leute, die Sie im Palast antreffen, die sollen sich fünf Stunden ausruhen, um sechs ist Tagwache, und ab dem Zeitpunkt kleben Sie an diesem Telefon, bis ich mich wieder melde. Haben Sie das verstanden?“
„Jawohl, Herr Polizeipräsident, habe ich. Aber viele Leute werden wir da nicht sein. Höchstens zehn bis zwölf, schätze ich.“
„Egal, wir brauchen morgen jeden Mann. Ich zähle auf Sie.“
„Zu Recht, Herr Polizeipräsident.“
„Na alsdern. Wiederhör’n.“
Verdattert ließ Bronstein den Hörer auf die Gabel sinken. Sein eigenes „Wiederhören, Herr Polizeipräsident“ hatte Schober gar nicht mehr abgewartet. Bronstein sah Cerny kopfschüttelnd an: „Jetzt is er ganz deppert worden, der Präsident!“
„Wie belieben?“ Auf Cernys Gesicht stand ein Fragezeichen zu lesen.
„Der glaubt echt, dass wir da die ganze Nacht Habtacht stehen sollen, bloß weil die Roten morgen eine Demonstration machen werden. Außerdem macht der sich keine Vorstellung, wie viele Leute wir da überhaupt haben.“
„Vier unten in der Wachstube, zwei Verhörbeamte, einen vom Journaldienst und wir beide, würde ich sagen. Es sei denn, sie haben noch irgendwelche Kollegen mitgebracht, von denen ich nichts weiß“, sagte Cerny automatisch.
„Nein, habe ich nicht. Das heißt, mit dem Hausmeister sind wir genau zehn Mann hoch. Na klar, das macht morgen in der Früh genau den entscheidenden Unterschied.“ Bronstein zog eine Grimasse. „So ein Blödsinn, jetzt ist die ganze Nacht im Eimer!“ Er zündete sich eine weitere Zigarette an und zuckte nach ein paar Zügen mit den Schultern. „Na ja, ändern werden wir’s nicht können. Gemma und bringen wir den anderen die frohe Botschaft, damit sie sich auch freuen können.“
Er stand auf und schob den Aktenberg des Falles Guschlbauer zusammen, der immer noch des entsprechenden Endberichts gebrach, und band die Deckel mit der vorgesehenen Schnur zusammen. Dann bedeutete er Cerny, ihm zu folgen. Aus Bequemlichkeitsgründen begaben sie sich ohne Umschweife ins Wachzimmer, wo sie die Uniformierten über die Lage in Kenntnis setzten. Bronstein schickte den jüngsten Beamten los, die übrigen Personen in die Wachstube zu bringen. Wenige Minuten vor zwei Uhr morgens waren endlich alle zehn im Haus anwesenden Staatsbediensteten in dem kleinen Zimmer versammelt.
„Meine Herren, Sie wissen, Schnaps ist Schnaps und Dienst ist Dienst“, begann Bronstein seine kurze Ansprache, „dem Präsidenten gefällt es, uns hier eine komfortable Nacht zu bereiten, also müssen wir uns ins Unvermeidliche fügen. Dasheißt aber nicht, dass wir jetzt die Nacht durchwachen müssen. Ich schlage vor, zwei Kollegen von der Wachstube, die ohnehin zum Dienst eingeteilt sind, halten die Stellung, der Rest von uns legt sich, wo er ein passendes Plätzchen findet, aufs Ohr. In genau fünf Stunden treffen wir uns hier alle wieder und warten, wie befohlen, auf weitere Order. Bis dahin, meine Herren, gute Nacht.“ Den beiden dienstführenden Beamten teilte er anschließend mit, in welchem Zimmer er gegebenenfalls zu finden wäre, dann wandte er sich an den Hausmeister und fragte diesen, ob er zufällig zwei Matratzen auftreiben könne. Zwanzig Minuten später lagen Bronstein und Cerny auf einem Bündel Decken auf dem Boden des Zimmers, in dem sie einander kennen gelernt hatten.
„Jetzt wissen S’ aber immer noch nicht, was S’ in Ihren Bericht schreiben sollen“, meldete sich Cerny aus der Dunkelheit.
„Aber immerhin weiß ich, was ich auf die Frage sagen werde, warum der Bericht nicht fertig ist“, antwortete Bronstein glucksend, um nach einer kleinen Weile ein „So ein Blödsinn“ hinterherzuschicken. Er war sich sicher, unter diesen Umständen kein Auge zutun zu können. Cernys nächste Bemerkung hörte er schon nicht mehr.
„Herr Oberstleutnant, es ist 6 Uhr 20, ich denke, Sie sollten aufstehen.“
„Was? Was ist?“ Verwirrt rappelte sich Bronstein hoch. Wieso war es hell? Er
Weitere Kostenlose Bücher