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Ezzes

Ezzes

Titel: Ezzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Pittler
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strömte in den Palast. Bronstein dachte fieberhaft über eine Antwort auf die eben gestellte Frage nach, als ihm ein wallender, roter Haarschopf nur allzu bekannt vorkam.
    „Jelka!“, schrie er aus Leibeskräften.
    Die Frau im langen Ledermantel drehte sich um und erkannte ihn. „Bronstein, was machst denn du da? Sag bloß, du bist dienstlich …“
    Bronstein schnitt ihr das Wort ab: „Jelka, es ist eilig. Ich brauche deine Hilfe. Ich kann dir im Augenblick nicht die ganzeGeschichte erzählen, aber diese drei Frauen da, denen droht schlimmes Ungemach, wenn wir sie nicht ins Ausland schaffen. Unter der Hand, verstehst du?!“
    Jelka legte den Kopf schief: „Sag’ nur, du wirst deiner Pflicht untreu. Und das auf deine alten Tage! Was haben S’ denn ausg’fress’n, dass du dich ihrer annimmst?“
    „Sie haben einen üblen Reaktionär gekillt. Und ich find’, er hat’s verdient.“
    Jelka sah die drei Frauen an: „Stimmt das?“ Dreifaches Nicken kam zur Antwort. Jelkas Blick wanderte zu Bronstein zurück: „Und wie soll ich dir da helfen?“
    „Nach dem Desaster hier braucht die Staatsmacht ein paar Tage, um wieder Herr der Lage zu sein. Bis dahin sollten die drei jenseits unserer Grenzen sein. Hast du deine alten Kontakte in die ČSR noch?“
    „Na klar, aber sind die auch Genossinnen?“
    „Was nicht ist, kann ja noch werden. Die da ist Lehrerin, die Kindergärtnerin, und die dritte Schneiderin.“
    „Na, da wird sich was finden lassen. Lundenburg, tät ich sagen. Das ist gleich hinter der Grenze. Oder Eisgrub. Vielleicht Nikolsburg. Am besten, wir schicken sie erst einmal mit der Bahn nach Lundenburg, und dort sehen wir dann weiter.“
    Bronstein lächelte dankbar. „Sag, musst du da unbedingt mitmachen? Bei der Remasuri da? Ich meine, können die den Justizpalast nicht auch ohne dich verwüsten?“
    „Wie meinst du das jetzt wieder?“
    „Schau, Jelka, es ist eigentlich schlimm genug, was ich bisher schon gesagt und getan habe, aber es wäre definitiv übertrieben, wenn ich sie auch noch persönlich über die Grenze expedieren würde. Was zu weit geht, geht zu weit, das verstehst du sicher. Außerdem täten sich deine Genossen sicher was denken, wenn ihnen ein Kieberer jemanden übergibt.“
    „Sag bloß, du willst, dass ich das übernehme!“
    „Na ja“, druckste Bronstein herum, „ich meine, du kennst die Leute drüben. Du bist unverdächtig. Und du wohnst im selben Gemeindebau wie die drei da. Für dich wär das ein Kinderspiel. Du packst sie in ein Taxi, holst in Simmering die nötigen Sachen, fährst zum Bahnhof, steigst in den Zug, lieferst sie in Lundenburg ab und bist am Abend wieder in Wien. Und ich erzähl’ dir dann bei einem schönen Essen, was du da verpasst hast.“
    „Bronstein, du hast narrische Schwammerl gessen.“
    „Na was“, antwortete ihr Bronstein in sichtlicher Erregung. „Was kannst du da schon bewirken? Gut, da brennt der Palast deiner Klassenjustiz. Aber glaubst du ernsthaft, damit bringst du den Kapitalismus ins Wanken? Was ist jetzt mit dem schönen Gerede vom neuen Menschen? Brüder zur Sonne, zur Freiheit, das singt ihr doch immer. Bitte, jetzt hast du die konkrete Chance, jemandem zu helfen, der diese Hilfe auch wirklich braucht. Das ist doch eine weitaus bessere Option als eine sinnlose Zerstörungsaktion. Das da ist nicht das Winterpalais, damit wird die Rätemacht nicht errichtet, das ist nur eine kleine Maschinenstürmerei, objektiv sogar kontraproduktiv aus Sicht der Revolution. Also verschwende deine revolutionäre Energie nicht an Stuck und Marmor, sondern leiste konkrete Solidarität mit bedrängten Mitgliedern der Arbeiterklasse.“
    Jelka hatte mit immer größer werdenden Augen zugehört. Sie verbiss sich mit Mühe das Lachen, dann aber prustete sie los: „Mein Gott, Bronstein, du bist ja ein echter kommunistischer Agitator. Wenn s’ dich bei der Polizei rauswerfen – und das werden sie –, dann kannst bei der Roten Fahne anfangen mit die Sprüch’. Aber du hast das ohne Frage sehr lieb g’sagt. Und eigentlich auch überzeugend.“
    Jelka sah sich um. Überall tobte das Chaos. Sie wusste, Bronstein hatte recht. Hier war aus ihrer Sicht nichts zu wollen.Das Einzige, das noch kommen konnte, war eine weitere und wohl noch heftigere Auseinandersetzung mit der Polizei. Sie blickte in die Flammen und sah dann wieder Bronstein an: „Gut. Ich mach’s.“
    „Jelka, du bist ein Goldschatz.“ Bronstein vergaß jede Hemmung und umarmte sie. Ein

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