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Ezzes

Ezzes

Titel: Ezzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Pittler
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nichts anderes übrig. Aber das gibt wenigstens saftige Überstunden, und das ist doch immerhin auch etwas. Und noch was: Der Zug kommt um 19 Uhr 40 in Wels an. Bis dahin hast frei, weil vom Zug aus kann ich dich eh nicht erreichen. Also geh was Essen, ich meld’ mich frühestens um acht wieder.“
    Diese Perspektive schien Pokorny wieder zu versöhnen und er sagte zu, ab 20 Uhr am Telefon zu kleben. Bronstein hängte ein und sah zu, dass er in den Zug kam. Dort suchte er den Kontakt zum Schaffner, beschrieb diesem das Problem und die beiden Frauen und trug dem Mann auf, ihm zu berichten, wo sich die Frauen befanden. Zwischen den Stationen Maria Anzbach und Neulengbach kam der Schaffner in Bronsteins Abteil: „Sie sitzen im nächsten Waggon. Kein Zweifel. Eine neckische Schwarzhaarige, sportlich und schlank, und eine sinnliche Braunhaarige mit einer ebenfalls überaus aparten Figur.“ Wiewohl Bronstein zugeben musste, dass diese Beschreibung alles andere denn unzutreffend war, hielt er sie doch für unpassend. Man beschriebschließlich verdächtige Männer auch nicht durch einen Verweis auf einen allfälligen Waschbrettbauch oder ebenmäßige Gesichtszüge. Doch es schien wenig sinnvoll zu sein, dem Bahnbeamten diesen Gedankengang auseinanderzusetzen, und so dankte er nur und meinte, er solle die beiden im Auge behalten. Dies musste dem Schaffner umso leichter fallen, als er in jeder Station zu kontrollieren hatte, wer aus- und wer einstieg. „Ka Sorge“, sagte der Schaffner nur, „des hamma im Griff. Wir san a Beschleunigter. Der bleibt nur in St. Pölten, Amstetten und St. Valentin stehen. Die kumman uns ned aus.“
    Bronstein rechnete nicht damit, dass die beiden etwas dergleichen vorhatten. Er war sich vielmehr sicher, dass sie sich vollkommen unbeobachtet wähnten. Sie würden ihn völlig ahnungslos direkt zu Kati Hildebrand führen. So weit konnte Bronstein zufrieden sein. Er zündete sich eine Zigarette an und lehnte sich zurück.
    Was aber, wenn er sie gefunden hatte? Was würde er dann machen? Formal lag gegen die Hildebrand ebenso wenig vor wie gegen die Seiler und die Breuer. Und allein der Umstand, dass sie sich nun in Wels befand, war um diese Jahreszeit alles andere als verdächtig. Er war ja schließlich auch eben auf Sommerfrische gewesen. Und dass man seine liebe alte Mutter besuchte, das war ja weit eher vorbildlich als verdächtig. Ihm würde nichts anderes übrig bleiben, als die Sache mit viel Fingerspitzengefühl anzugehen. Aber immerhin blieb ihm noch etwas Zeit, sich eine Strategie zurechtzulegen.
    Bronstein atmete durch. Die nächsten zwei Stunden würde sich wohl nichts ereignen, und er selbst konnte die Situation auch nicht ändern. Es blieb ihm nur, die kommenden Dinge abzuwarten. Er sah die Bäume am Fenster vorüberziehen, und so sehr er sich auch vorgenommen hatte, sich nur auf den Fall zu konzentrieren, so wenig konnte er verhindern, dass seine Gedanken zu dem eben Erlebten zurückkehrten.
    War das Schicksal nicht eigenartig? Noch vor ein paar Nächten hatte er ganz intensiv an Jelka gedacht und sich zu ihr zurückgesehnt. Und dann stand sie plötzlich leibhaftig vor ihm! Dass sie dann nicht mit ihm schlafen wollte, dünkte ihm in der Nachbetrachtung sekundär. Wichtig war jetzt vor allem, dass sie möglicherweise eine zweite Chance erhalten hatten. Jetzt kam es freilich darauf an, diese auch zu nutzen. Jelka war ein kostbares Pflänzchen, und eine ernste Beziehung war gleichfalls ein solches. Mit derlei hieß es behutsam umgehen, man musste alles stets richtig dosieren. Weder durfte er Jelka vernachlässigen, noch sie bedrängen. Hier hieß es, bedachtsam Schritt auf Schritt zu setzen. Sie hatten acht lange Jahre aufzuarbeiten, erst dann konnte man daran denken, tiefer zu gehen. So gesehen war es wahrscheinlich sogar gut, dass die Intimitäten nicht bis zum Finale gegangen waren, denn sonst hätte Jelka jetzt möglicherweise ein schlechtes Gewissen, und ein solches war kaum je eine solide Grundlage für eine Partnerschaft. Am besten, man ging die Dinge ruhig an, überstürzte nichts. Er wäre gut beraten, ein paar Tage zu warten, um ihr dann wieder seine Aufwartung zu machen. Und bei dieser Gelegenheit konnte er dann einen kultivierten Vorschlag vorbringen, wie man gemeinsam Zeit verbringen könnte. In ein Museum zu gehen etwa. Er war davon überzeugt, dass Jelka das beeindrucken würde. Oder, mein Gott, wie lange war er schon nicht mehr in einem Theater gewesen, egal, wie

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