Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fabula

Fabula

Titel: Fabula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
Vom Netzwerk:
seinem Bruder gegangen war.
    Als Kinder hatten sie den Booten beim Auslaufen zugeschaut und manchmal, an den Abenden, ihre Heimkehr erwartet. Er konnte sich an die Lichtkegel des Leuchtturms draußen an der Mole erinnern. Wie lange hatte er diese Bilder auch im Geiste schon nicht mehr vor sich gesehen?
    Er fragte Shila: »Was willst du hören?«
    Die blauen Augen funkelten ihn fordernd an. »Wie wäre es mit einem einfachen .., Ja?«
    Er zuckte mit den Achseln. »Shila«, begann er, »du weißt ...«
    »Ja, natürlich weiß ich, wie du darüber denkst. Es ist noch nicht der rechte Zeitpunkt.« Sic klang ungeduldig. »Aber wenn es nach dir geht, dann ist nie der rechte Zeitpunkt.« Sie lächelte ihn plötzlich an, weil sie glaubte, dass jemand vom Nebentisch zu ihnen herüberschaute. »Es gibt immer einen Grund, der dagegen spricht.«
    Im Grunde seines Herzens wusste Colin Darcy natürlich, dass sie recht hatte.
    Trotzdem wollte er das ihr gegenüber nicht zugeben, es wäre zu unfreundlich gewesen. Außerdem irritierte ihn das Lächeln, das so unecht war wie die Schlagzeilen der Sun.
    »Wir sind jetzt seit zwei Jahren ein Paar.« Sie schaute ihn an, mit diesem Blick, mit dem sie ihn auch damals auf der Party angeschaut hatte. »Ich liebe dich.« Sie beugte sich über den Tisch und ergriff seine Hand. Ihre langen Finger fühlten sich warm an. Wieder einmal fiel Colin auf, wie perfekt Shila doch war. Wie schön, wie gestylt. Selbst aus der Nähe sah sie aus wie die Frau auf der Coverseite eines Modemagazins. Schön, aber irgendwie unecht.
    »Was hast du?«
    »Was soll ich haben?«
    »Du siehst so aus, als würdest du über etwas nachdenken.« »Tu ich auch.« »Und?« »Was, und?«
    Sie zog ein Gesicht. »Hey, ich habe dir eben gesagt, dass ich dich liebe.«
    Er nickte und drückte ihr sanft die Hand.
    Schwieg.
    Sie wirkte verärgert. »Du könntest dir wenigstens Mühe geben zu lügen.« »Nein«, sagte er schnell. »Ich habe dich noch nie belogen.«
    Der harte Ausdruck in ihrem Gesicht wurde weicher. Und da war es wieder, ihr einzigartiges Lächeln. »Ach, Colm.« Colin Darcy schaute auf.
    Mit einem Mal war er hellwach, und die Gedanken waren da, wo Shila sie haben wollte, nämlich bei Shila. Sie hielt noch immer seine Hand, oder besser gesagt: Er hielt ihre Hand - je nachdem, wie man es sah.
    »Colin«, sagte Colin säuerlich. Das Blut schoss ihm in den Kopf.
    »Sagte ich doch.«
    »Du hast mich Colm genannt.«
    »Warum sollte ich das tun?« Sie betonte seinen Namen: »Colin.« »Colm.«
    »Nein, ich sagte Colin. Du hast dich verhört.«
    Colin Darcy ließ ihre Hand los, als habe er sich verbrannt. »Wer ist Colm?« »Niemand.«
    »Du hast mich Colm genannt.«
    »Ich sagte es bereits. Du musst dich verhört haben.« Sie umspielte seine Hand mit ihren Fingern. Sie lächelte wieder, weil sie sich beobachtet fühlte.
    »Ich habe mich aber nicht verhört.«
    »Bist du dir sicher?«
    »Ja, bin ich. Du hast mich Colm genannt. Wer ist Colm?« Er entwand sich ihrem Griff.
    Eine Kellnerin erschien neben dem Tisch, lächelte ihr freundliches Kellnerinnenlächeln und fragte ihn: »Kann ich noch etwas für Sie tun?«
    Colin Darcy sagte: »Ja, weggehen.«
    Das Lächeln im Gesicht der Kellnerin liel in sich zusammen. Ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, entsprach sie seinem Wunsch.
    Gut so!
    »Das war aber nicht nett«, sagte Shila, als die Kellnerin in der Küche verschwunden war. »Sie hat gefragt.«
    »Du hast keinen Grund, sauer zu sein.«
    »Du hast mich Colm genannt. Ist das kein Grund, um sauer zu sein?« Sie seufzte. »Ach, Colin ...« Er seufzte nicht. Sah Shila an.
    Ohne mit der Wimper zu zucken. Was für ein Tag!
    Er hatte geahnt, dass etwas passieren würde. Sie lächelte erneut, flüsterte: »Co-lin\«
    Colin Darcy kramte zwei Scheine aus seiner Geldbörse und legte sie auf den Tisch. Er nahm die Blumenvase mit den Sommerblumen und stellte sie auf die Pfundnoten.
    »Was tust du?«
    »Ich gehe.«
    »Du kannst nicht einfach gehen.«
    »Doch, kann ich.« Er erhob sich.
    »Colin, das ist nicht nett.«
    Archibald Darcy, Colins Vater, hatte all die Jahre mit einer Frau zusammengelebt, die seine ganz persönliche Niederlage gewesen war. Nein, Colin Darcy hatte nicht die Absicht, so wie sein Vater zu enden. »Es ist komisch«, sagte er zu ihr, »aber ich hätte das schon viel früher tun sollen. So schwer ist es gar nicht.«
    »Ich liebe dich«, sagte sie.
    »Tust du nicht.«
    »Tu ich doch.«
    »Shila!«
    »Du

Weitere Kostenlose Bücher