Facetten der Lust
sind.«
Shirley grinste. »Aber ich weiß es. Ich habe vom ersten Tag an deinen Blödsinn gedeckt und dich beschützt. Ohne mich wärst du in der Nachbarschaft sang- und klanglos untergegangen.«
Shirley sah förmlich, wie Chloe ihr grinsend die Zunge rausstreckte.
»Sieh dieses Wochenende als Wiedergutmachung an. Wenn du mich noch einmal anrufst, um zu jammern, kündige ich dir die Freundschaft.«
»Ich habe dich lieb.«
»Ich dich auch, du Pessimist«, sagte Chloe und legte einfach auf.
Shirley musste schmunzeln, als die Erinnerungen an ihre gemeinsame Kindheit hochkamen. Chloe war nach dem Tod ihrer Eltern zur Oma gekommen. Nicht nur den Verlust der Familie hatte sie zu verkraften. Ihre Großmutter war eine strenge, unnahbare Frau, die keine Liebe zu geben hatte. Für ein traumatisiertest Mädchen von fünf Jahren eine harte Zeit.
Dazu kam der kulturelle Schock. Chloes Eltern waren Unternehmer gewesen. Nach ihrem Tod hatte sie in einer Vorstadtsiedlung leben müssen und eine staatliche Schule besucht. Vom ersten Tag an hatte sie sich geprügelt und ihre Wut an den anderen Kindern ausgelassen.
Nur Shirley war an sie herangekommen. Nach wenigen Tagen hatte man sie die Unzertrennlichen genannt.
Mit ihrer Volljährigkeit erbte Chloe das Vermögen ihrer Eltern und zog postwendend nach Los Angeles, um das High-Society-Leben zu führen, das ihr zustand.
Ihre Freundschaft hatten sie durch die Jahre retten können, so unterschiedlich ihre Lebensstile auch waren.
Shirley verdrängte die Vergangenheit und versuchte, sich mit der Situation zu arrangieren. Gut! Also würde sie sich aufbrezeln und in Chloes Rolle schlüpfen. So schwer konnte es nicht sein, schließlich kannten sie sich in und auswendig.
Sie entschied sich für ein schlichtes graues Kleid. Nun hatte sie die Wahl zwischen zwölf Zentimeter hohen schwarzen Schuhen oder zehn Zentimeter hohen roten. Die Roten waren zwar auffälliger, aber auf ihnen konnte sie sicherer gehen.
Ausgiebig bürstete sie ihr schulterlanges blondes Haar, bis es glänzte, und grinste ihr Spiegelbild an.
»Dann los, Ms. Chloe Westwood! Hab deinen Spaß und genieße es.«
Beim Verlassen der Suite begegnete ihr tatsächlich ein Mann. Und was für einer!
Shirley schlotterten augenblicklich die Knie. Er grüßte freundlich und ging an ihr vorbei, während sie dümmlich starrend den Türgriff festhielt.
Er war in einen grauen Anzug gekleidet, hatte eine strenge, gerade Körperhaltung und dunkles Haar, das er im Nacken zu einem Knoten gebunden trug. Obwohl sein Gesicht unter einem akkurat gepflegten, schwarzen Vollbart verborgen lag, konnte man ein ausdrucksstarkes Kinn erkennen.
Der Grund, weshalb Shirley sich nicht regte, waren jedoch seine Augen. Als er sich nach ihr umdrehte, funkelten sie belustigt in einem so intensiven Grün, wie sie es noch nie gesehen hatte. Ihr wurde heiß und kalt, als sein Blick über ihren Körper wanderte, bevor er um die Ecke bog und aus ihrem Blickfeld verschwand.
Sie wartete, bis sie das Ping des Aufzuges hörte. Auf keinen Fall wollte sie mit diesem Adonis auf einem Quadratmeter eingesperrt sein. Ihre Beine fühlten sich wie Gummi an, als sie den Flur entlang ging. Erleichtert atmete sie aus, als er nicht vor dem Lift stand. Mannomann, so hatte sie noch nie auf einen Mann reagiert. Wie auch? Einem solchen Mann war sie bis eben nie begegnet.
»Was für Augen«, flüsterte sie vor sich hin.
»Ms. Westwood, kann ich Ihnen helfen?«
Shirley brauchte eine Weile, bis sie begriff, dass sie gemeint war. Albert Bellami stand neben ihr und ließ ein wohlwollendes Schmunzeln über sie gleiten.
»Sie sehen fantastisch aus, Ms. Westwood.«
»Danke, Mr. Bellami.«
Röte überzog ihre Wangen.
»Bitte nennen Sie mich Albert.«
»Nur, wenn Sie Chloe zu mir sagen.«
Um ein Haar wäre ihr Shirley über die Lippen gekommen.
Albert lächelte milde. »Sehr gern, Ms. Chloe. Was kann ich für Sie tun?«
»Wie komme ich zum Spa? Ich habe einige Anwendungen gebucht.«
»Ich bringe Sie hin.«
»Das ist nicht nötig.«
»Oh doch, Ms. Chloe. Das ist der Standard unseres Hauses.«
Mist! Verunsichert ging Shirley neben Albert durch die Lobby. Ständig bedient und hofiert zu werden, damit konnte Shirley nicht umgehen. Sie hatte ihren Weg im Leben immer allein gefunden. Jetzt wurde sie geführt und das war befremdlich.
»Sind Sie mit dem Zimmer zufrieden?«, fragte Albert und riss sie aus ihren Gedanken.
»Ja! Es ist wunderbar.«
Shirley ließ den Blick über
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