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Facetten der Lust

Facetten der Lust

Titel: Facetten der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Marcuse
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Müdigkeit sah er sexy aus.
    Christin riss sich von seinem Anblick los und starrte in den Fernseher, ohne wirklich zu begreifen, was sie sah. Die Wanduhr zeigte 23:36 an. Er war bestimmt wieder mit seinem Freund Frank beim Tennis gewesen. Wo nahm er nur all die Energie her? Nach zehn Stunden im Büro hatte sie keine Lust mehr, noch Sport zu treiben.
    »Was läuft denn?«, fragte sie, um die Stille zu durchbrechen.
    Er antwortete nicht. Sie spürte nur seinen prüfenden Blick auf sich. Was dachte er, wenn er sie sah? Ekelte er sich vor ihr? Wäre er lieber wo anders?
    Sein Schweigen und das Starren gingen ihr langsam auf den Geist.
    »Was guckst du denn so?«
    »Darf ich dich nicht mehr ansehen?«
    Was gab es denn zu sehen? Er sah ja sowieso nichts. Einen Dreck hatte es ihn interessiert, als sie sich vor einem halben Jahr umgestylt hatte. Weder die teuren Kostüme noch die zweihundert Euro-Frisur hatte er bemerkt.
    »Wie war dein Tag?«, versuchte sie das Gespräch in weniger aggressive Bahnen zu lenken. Die Unzufriedenheit in ihrem Bauch war keine gute Grundlage für einen Smalltalk. Außerdem war sie todmüde. Sie hätte ins Bett gehen sollen, statt auf ihn zu warten.
    »Ging so«, sagte er.
    Na toll! Das war ja eine klasse Antwort. Damit konnte sie verdammt viel anfangen.
    Sie rang sich ein Nicken ab und starrte weiter auf das Fernsehbild. Noch zwei Minuten und sie würde aufstehen können, ohne dass es unhöflich wirkte, und ins Bett verschwinden.
    »Was ist mit uns geschehen?«
    Er hatte so leise gesprochen, dass sie nicht wusste, ob er eine Antwort erwartete. Und er klang traurig.
    »Wie meinst du das?«
    »Wann waren wir das letzte Mal zusammen Essen oder Tanzen? Du hast früher so gern getanzt.«
    Christin schlug das Herz bis zum Hals. Was hatte er vor?
    »Gefällt dir unser Leben nicht?«
    »Würdest du einmal, nur ein einziges Mal, eine Frage nicht mit einer Gegenfrage beantworten?«
    Jetzt war sie wieder die Dumme. Typisch!
    »Ich weiß nicht, was du willst«, fuhr sie ihn an. »Du bist nie vor neun Uhr abends zu Hause. Wenn du mal früher aus der Firma kommst, gehst du mit Frank zum Tennis. Wann, frage ich dich, wann haben wir Zeit für uns?«
    »Wirfst du mir vor, dass ich mich um mein Aussehen und meine Fitness kümmere?«
    Na bitte! Hatte sie es doch gewusst. Wann sollte sie sich die Zeit nehmen, Sport zu treiben? Wenn sie um achtzehn Uhr aus dem Büro kam, durch den Supermarkt gehastet war, das Haus geputzt und ein Essen für ihn gekocht hatte, dass er sowieso nicht aß, weil er erst in der Nacht nach Hause kam?
    »Und ich tue das nicht? Ist es das, was du mir damit sagen willst? Bin ich hässlich für dich?«
    »Du weißt, dass das nicht stimmt. Aber man sieht ja kaum was von dir.«
    Wenn der abfällige Blick auf ihren Körper nicht gewesen wäre, hätte sie ihm vielleicht geglaubt.
    »Wozu auch? Du bist eh nie zu Hause.«
    Sie bereute den Vorwurf, noch bevor sie ihn ausgesprochen hatte. Er sah sie nicht mehr an, starrte jetzt seinerseits in den bekloppten Fernseher.
    Wie war es nur zu dieser aufgestauten Wut zwischen ihnen gekommen? Es hatte mal eine Zeit gegeben, da hatten sie sachlich über alles reden können. Sie hatten keine Geheimnisse gehabt. Wo war dieses Vertrauen geblieben?
    »Liebst du mich noch?«, fragte sie, und hatte Angst vor seiner Antwort. Ihr wurde schlecht, als er überlegen musste.
    »Ich weiß es nicht«, sagte er dann tonlos.
    In ihr fühlte sich alles taub an. Hatte er wirklich gesagt, dass er es nicht wusste? Mein Gott! Wo führte diese unsägliche Unterhaltung hin? Hatte er vor, sich von ihr zu trennen? War es das, was er ihr sagen wollte?
    »Rede mit mir«, bat er.
    »Was soll ich dazu sagen, Daniel? Wenn du das nicht weißt, ist jedes Wort zu viel.«
    »Aber nicht zu reden, bringt uns nicht weiter. Du verweigerst jegliches Gespräch. Es kann doch nicht sein, dass dich unsere momentane Situation zufriedenstellt?«
    »Such keinen Grund, um zu gehen, wenn du keinen hast, um zu bleiben.«
    Scheiße! Jetzt zitierte sie auch noch Musikstücke. Sie konnte kaum einen klaren Gedanken fassen. In ihrem Kopf herrschte ein einziges Chaos.
    »Dann war es das also?«
    Christin zuckte die Schultern. Zu mehr war sie nicht fähig. Sie hätte definitiv vorhin ins Bett gehen sollen, vielleicht wäre es nie zu diesem Ende gekommen.
    Ende
!
    Wieso saß sie hier und tat nichts? Sie wollte nicht, dass er ging, und doch konnte sie kein Argument finden, das ihn zum Bleiben bewegte.
    »Liebst du

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