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Facetten der Lust

Facetten der Lust

Titel: Facetten der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Marcuse
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die Zeit spurlos vorbeigegangen zu sein. Als sie gesagt hatte, sie wüsste nicht, ob sie ihn noch liebte, hatte sie ihn schlicht und einfach verletzen wollen. Sie konnte sich genau an das Flattern in ihrem Bauch erinnern, als sie ihn betrachtet hatte. Alles in ihr hatte sich nach ihm gesehnt.
    »Gib mir etwas Zeit, Tina«, sagte sie, um sich von ihrem Gefühlschaos abzulenken. »Ich möchte noch nicht unter Menschen. Lass mich erst mal zur Ruhe kommen.«
    »Dann besuche ich dich heute Abend und wir köpfen eine Flasche Wein und quatschen.«
    Auch darauf hatte Christin keine Lust. Sie wollte nachdenken und überlegen, wie sie Daniel zurückgewinnen konnte.
    Und sie hatte einen Termin in einem Fitnessclub. Wäre doch gelacht, wenn sie den kleinen Bauch und den dicken Hintern nicht in den Griff bekommen würde. Dann müsste sie sich auch nicht mehr schämen, wenn Daniel sie nackt sah.
    Das Probetraining im Fitnessclub hatte ihr großen Spaß gemacht. Wahrscheinlich würde sie sich morgen nicht mehr bewegen können, doch das war es wert. Sie hatte es geschafft, zwei Stunden lang nicht an Daniel zu denken. Außerdem fühlte sie sich zum ersten Mal seit einer Ewigkeit in ihrem Körper wohl. Laut Körperfettanalyse hatte sie nicht einmal Übergewicht, sie war voll im grünen Bereich.
    Beschwingt kaufte sie sich bei Da’Daniele eine Pizza. Früher war dieses italienische Restaurant ihr Stammlokal gewesen. Jeden Freitag hatten sie sich hier getroffen. Damals führten sie noch lange Gespräche, ohne sich anzuschreien und zu beleidigen.
    Christin wollte die Erinnerung zurückdrängen, um ihre gute Laune nicht zu gefährden, aber es war bereits zu spät.
    Zuhause angekommen war sie auf dem Tiefpunkt.
    Lustlos stopfte sie zwei Stück Pizza in sich hinein und das auch nur, weil sie bis zum Abend nur drei Äpfel gegessen hatte. Sie saß allein an der Küchentheke und erstickte fast an der bleiernen Einsamkeit.
    Trotzig öffnete sie eine Flasche von Daniels Lieblingsrotwein und stürzte das erste Glas ohne abzusetzen hinunter. Augenblicklich wurde ihr schwindlig.
    Du hast früher so gern getanzt, hörte sie ihn sagen.
    »Ich tanze auch heute noch gerne«, plapperte sie vor sich hin, ging zur Anlage und legte eine CD ein.
    »Komm, tanz mit mir!«, sagte sie. Statt Daniels Arm um ihre Taille hielt sie nur das Rotweinglas in der Hand.
    Es musste idiotisch aussehen, wie sie allein in der Küche rumzappelte und sich an einen imaginären Partner schmiegte. Tränen stiegen in ihr hoch und diesmal ließ sie ihnen freien Lauf. Sie versiegten erst, als sie den letzten Rest Rotwein ins Glas schüttete. Die Flasche glitt ihr beim Abstellen aus den Fingern und hinterließ einen unansehnlichen Fleck auf der Arbeitsplatte.
    »Scheiß drauf! Sieht ja keiner.«
    Die Übelkeit kam blitzartig.
    Christin wusste, dass sie nicht viel vertrug. Eine ganze Flasche Rotwein hatte sie noch nie allein ausgetrunken. Sie schaffte es geradeso ins Badezimmer. Wieder brach sie in Tränen aus.
    Was für ein Scheißleben!
    Ihr brummte der Schädel, als die ersten Sonnenstrahlen sie weckten. Um eine gleichmäßige Atmung bemüht lag sie auf dem Rücken und starrte zur Decke. Tina würde sich totlachen, aber so konnte sie unmöglich zur Arbeit.
    Sie brauchte noch eine halbe Stunde, bevor sie in der Lage war aufzustehen, ohne dass sich alles um sie herum drehte. Nachdem sie sich bei ihrer Chefin abgemeldet und einen Tag freigenommen hatte, stapfte sie lustlos ins Schlafzimmer und sah gedankenversunken die leere Seite des Bettes an. Unter Daniels Kopfkissen lugte ein Stück seines Schlafshirts hervor.
    Christin zog es über, hüllte sich in seinen Geruch und weinte lautlos. Irgendwann schlief sie wieder ein.
    Es war Mittag, als sie sich aufraffte, doch etwas mit dem Tag anzufangen. Sie würde sich anziehen und ins Studio gehen. Aufräumen musste sie auch noch.
    Im Badezimmerspiegel sah sie ein Geist an.
    »Mann, siehst du beschissen aus«, flüsterte sie ihrem Spiegelbild entgegen.
    Selbst die Dusche und das Zähneputzen linderten die geschwollen roten Augen und das graublass ihrer Haut nicht.
    »Also doch nicht ins Studio. Aber einen Kaffee brauche ich jetzt.«
    Diese Selbstgespräche wurden auch langsam peinlich. Christin zog Daniels Shirt wieder über und verließ das Bad.
    Wie angewurzelt blieb sie im Flur stehen, als er plötzlich vor ihr stand.
    Mist! Das war nicht gut, gar nicht gut. Sie sah ja noch schlimmer aus, als im letzten halben Jahr, als sie sich vor ihm

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