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Fado Alexandrino

Fado Alexandrino

Titel: Fado Alexandrino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: António Lobo Antunes
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wurde gleich mit weich, das Geschäft dümpelte vor sich hin, und am Ende haben wir es beide zu nichts gebracht. Und irgendwann erwischt mich die Thrombose, fange ich an, ins Bett zu pinkeln, Blödsinn zu brummeln, und sie stecken mich in ein Krankenhaus, damit ich abnehme, mich mit Schorf und Erbrochenem bedecke, um zu sterben. Würde es Ihnen etwas ausmachen, mir den Champagner zu reichen?
    Und dennoch besuchte er hin und wieder die Rua da Mãe-d’ Água, wenn der alte Maler ihn, wie eine Pappel wispernd, bei der Arbeit anrief, ganz Schüchternheit, ganz Feingefühl, ganz Getue, ganz der sanfte Vulkan verhaltener Zärtlichkeit, weil er sich nie gemeldet hatte, von seinem Desinteresse, seiner Abwesenheit zutiefst getroffen. Die Buchhalterin steckte ihren sauren
Kopf aus dem Käfig, brüllte kreischend, Ein Herr für Sie, ich legte hinten im Lagerhaus die Sueca-Karten mit den nackten Frauen mit langen, blonden Haaren und hochhackigen Schuhen auf der Rückseite weg, die Deckenlampe, die an einem unsicheren Dachsparren dicht am Oberlichtfenster mit den zerbrochenen Scheiben und dem schiefen Eisenrahmen angebracht war, tanzte wie ein Pendel, legte dabei Gesicht, Hände, Bretterstapel, Matratzen, silbrige Spinnweben von unglaublich zarter Häkelarbeit frei und löste sie auf, er klopfte sanft mit dem Handrücken an die offene Bürotür, Dona Emília addierte Posten auf einer kleinen Maschine, Senhor Ilídio spielte, mit geschlossenen Augen, die Hände auf dem Bauch, mit den Daumen wie ein Baby. So habe ich ihn noch nie gesehen, dachte der Soldat, noch nie habe ich ihn so fern, so allem überdrüssig gesehen wie jetzt, die Frau wies mit dem Finger auf den Apparat, Sie sollten eigentlich wissen, daß es verboten ist, während der Dienstzeit zu telefonieren, und ich, Herr Hauptmann, Ja, bitte?, und die Stimme in meinem Ohr, Ja, bitte?, ich würde mich freuen, wenn du heute abend vorbeikommen könntest, ich sterbe vor Sehnsucht nach dir, Schätzchen.
    – Da waren wir ja beinahe Nachbarn, sagte der Leutnant, da hast du also in der Wohnung gegenüber beim Schwuli rumgemacht. Du mußt meinen Wagen zigmal gesehen haben, zigmal meine Wäsche trocknen gesehen haben, ich verstehe gar nicht, wieso wir uns da nie getroffen haben.
    – Wenn ihr deren Gesichter sehen, wenn ihr den Wahnsinn hören würdet, den sie versprechen, ihr würdet vor Angst ohnmächtig werden, beharrte die Schwiegermutter, die sich angewidert mit dem Fächer einer Modezeitschrift Kühlung zuwedelte. Salazar, der wirklich nicht blöd war und zur Messe ging, wird schon seine Gründe gehabt haben, sie im Gefängnis zu halten. Oder wollt ihr mir weismachen, daß die von der Regierung alle Nazis waren, daß es Konzentrationslager in Portugal gegeben hat? Jaime, wenn noch einmal eine Zeitung in den Salon kommt, gehe ich. Sie haben die Wahl.

    – Ich bin weder Ihnen noch irgend jemand anderem begegnet, Herr Leutnant, weil ich Vorsichtsmaßnahmen getroffen habe, erklärte der Soldat mit einem entschuldigenden Lächeln. Ich machte im Eingang das Licht nicht an, brachte eine Sonnenbrille in der Jacke mit, und sobald ich mich auf freiem Feld befand, bin ich bis zur Praça da Alegria gerannt. Ich mußte ja auch höllisch aufpassen, hätte Odete was geahnt, wäre ich geliefert gewesen.
    – Pater Manuel, empörte sich die Dame mit dem lila Haar, hat mir aus sicherer Quelle berichtet, daß die Sozialisten alle Frauen zwingen wollen, die Pille zu nehmen, nur damit sie alle eine Todsünde begehen, nur damit sie mit dem Papst nicht übereinstimmen. Von da bis zu einem Verbot der Seminare und der Conferencia de S. Vicente de Paula ist es doch nur noch ein kleiner Schritt.
    Das Klingeln der Türglocke breitete sich flüssig, schmachtend in der Wohnung aus, der übliche Geruch nach Terpentin, nach Ölfarbentuben, Parfüm, in Äpfel gepiekten Räucherstäbchen, die auf den Kommoden verglühten, Bastmatten auf dem Boden, afrikanische Skulpturen, überall unfertige, nur aus Farbklecksen bestehende Bilder, der Maler in Sandalen und nacktem Oberkörper strich sich das blonde Haar mit der mit riesigen Talmiringen geschmückten Hand aus der Stirn, Du hast ’ne Menge Moneten, bemerkte Odete, wo hast du das Geld für das Abendessen, das Kino her?, der Maler zog ihn am Gürtel in die Diele, ließ die Tür zuschnappen und hängte sich ihm mit den von Altersflecken übersäten Armen an den Hals, Mach dir keine Sorgen, ich habe es nicht geklaut, meinte der Soldat ärgerlich, der Geruch, die

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