Fado Alexandrino
Selbständiger war, einen älteren Emigranten, der ein Haus in der Provinz und ein Auto mit Metallackierung vor der Tür stehen hatte, einen Märchenprinzen, der ihnen das Mittagessen für den nächsten Tag und eine Kinderfrau bezahlte, aber sie? Sie hatte wahrscheinlich die letzten Monate damit verbracht, den Kühlschrank, das Mobiliar, den Fernseher, die Lampen, das Goldkettchen, das seit der Zeit des Vaters erschöpfte Sofa, das kleine Transistorradio, die Heizsonne zum Pfandleiher zu tragen, während der Mulatte, undurchdringlich hinter seinen Brillengläsern, vollkommen gleichgültig in Sportzeitschriften blätterte:
– Zeca hat seine Arbeit verloren, Abílio, sagte die Schwester und wischte sich die Nase am Jackenärmel ab. Ich bin gekommen, um dich um Hilfe zu bitten. Dich um ein Almosen zu bitten.
Einfach so, und keinen Stolz, dachte ich, keinen Mut, kein Gedächtnis, du hast mich in Buraca auf die Straße gesetzt, als ich
noch schwindlig vom Krieg aus Mosambik zurückkam, geh zum Teufel: er sah wieder das enge kleine Haus, die im Wohnzimmer an einem Seil aufgehängte Wäsche, Fotos von Verstorbenen auf den Borden, die mit der abwesenden Süße von Toten flüchtig lächelten, der Klang des Schlüssels im Schloß, Zeca, der hereinkommt, sich eine Zigarette ansteckt, sich an die Wand lehnt, ihn mit ruhigem, leerem Gesichtsausdruck ansieht, und der Soldat sogleich insgeheim, Wenn ich noch beim Militär wäre und wir in Afrika, würde ich die Waffe entsichern und dich töten, und der Soldat sogleich insgeheim, Seit wann hat ein Neger in meinem Haus das Sagen?
– Ich begreife deine Eile immer noch nicht, wunderte sich Odete. Die Welt geht doch nicht morgen in die Luft, oder?
– Wir brauchen hier noch Leute, bot ich an, die, die wir haben, reichen längst nicht für die Fuhren. Ich rede mit Onkel Ilídio, und die stellen ihn an.
Wie viele Kinder eigentlich genau? Fünf? Sechs? Er zählte sie: acht krausköpfige, gelbliche Kinder mit Hungergesichtern, eines davon mit geklammerter Augenbraue und den Ellenbogen in einem grauen, sich bereits auflösenden Gips (Er ist gestern die Treppe runtergefallen, erklärte Otília eiskalt), ein anderes schielte so sehr, daß die Pupille in einem Augenwinkel verschwand, das heißt, wenn deine Jungen die Schweinepest bekämen, stellte sich der Soldat vor, würdest du vielleicht wieder zu dem werden, was du zuvor warst, vielleicht würde dein Leben zumindest besser werden.
– Ich glaube nicht, daß Zeca an einer Arbeit interessiert ist, sagte die Schwester. Außerdem ist er letzte Woche mit dem ganzen Geld, das da war, von zu Hause weg, und ich habe ihn seither nicht mehr gesehen.
– Ich kenne keinen Neger, der nicht ein ausgemachter Gauner ist, warnte der Leutnant. Ich kann mir genau vorstellen, wie sie sich mit einem räudigen Nichts in einem dieser Slums am Rande Lissabons zusammengetan hat.
Holzhütten und Wellblech mit Steinen und alten Autoreifen auf dem Dach, Schlamm, ein dicker Gestank nach Dreck, sauergewordenem Essen und Exkrementen, alte schwarze Frauen mit Pfeife zwischen den Kiefern, die kleine Holzkohleöfen aus Ton anfachten, kleine Plastikgardinen, Lampen inmitten von Kisten und Töpfen: Ich bin fast eine Woche lang mit dem Stummen und dem Neffen der Buchhalterin unterwegs gewesen, um den Kerl in Alcântara, in Benfica, in Amadora, in Casal Ventoso, in Algés zu suchen, wir haben Kötel unter den Sohlen zerquetscht, sind über Steine gestolpert, haben uns immer weiter in ein konzentrisches Labyrinth aus Müll und wackligen Konstruktionen begeben, die von Geschrei, Gebell, Geplärr, von einem unsagbaren Schweigen bewohnt waren, eine Woche lang haben wir, vom vagen, lautlosen Lichtschein der Tavernen geleitet, in denen der Wein so langsam aus den Fässern rann wie das Blut aus aufgeschnittenen Hälsen, undechiffrierbare Banden von in endlosen Beratungen hockenden Zigeunern befragt, die uns, bevor sie antworteten, mit den enggerafften Rüschen ihrer Augenlider abschätzten, eine Woche, Herr Hauptmann, auf undurchdringliche Gesichter mit Sonnenbrille und Hawaiihemd treffen, die uns stumm mit absolutem, dichtem Desinteresse anstarren, auf uralte, ernste Kinder treffen, deren Münder so steinig sind wie die Flüsse im Winter, auf Gerüche und Schweiß und Fischgestank und feuchte Nachtluft, herb wie Schläge, und nichts, Otília, eben gar nichts, überhaupt nichts, vielleicht im Vale do Jamor, vielleicht in Cabo Ruivo, vielleicht in der Provinz, vielleicht auf
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