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Fado Alexandrino

Fado Alexandrino

Titel: Fado Alexandrino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: António Lobo Antunes
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auch schon erzählt, daß da alles beim alten ist, die Häuser häßlich, die Gebäude eingerüstet, das Baumaterial liegengelassen, Berge von Bauschutt auf grauem Ödland, die Kirche von Amadora sehr weit weg, ich habe sie natürlich nicht zu meiner Hochzeit eingeladen, habe sie nicht zur Taufe meines Sohnes eingeladen, habe ihr nichts davon gesagt, als er anderthalb Jahre später an einer Hirnhautentzündung gestorben ist, der Kassenarzt hatte das Kind abgehört, das Ezequiel hieß, hatte ein paar Sirups auf einen Block geschrieben, mit neutraler Stimme geknurrt, Das ist der Anfang einer Lungenentzündung, keine offenen Fenster im Schlafzimmer, keine Zugluft, keine Kälte, und als sie den Fehler bemerkten, Herr Hauptmann, war der Kleine bereits wegen seinem Hirn verreckt, und was heißt hier eigentlich Anfang einer Lungenentzündung, erklären Sie mir das mal, drei Tage im Koma im Krankenhaus, Injektionen, Infusionsflaschen, Pillen, eilige Krankenschwestern, die niemals eine Antwort auf seine und auf Odetes Fragen gaben, ausweichende Ärzte, unsympathische Krankenbahrenträger, und am Ende, an einem Samstagnachmittag während der Besuchszeit, breitete ein glatzköpfiger Herr in weißem Kittel die Arme in fatalistischer Resignation aus, Sie beide sind noch jung und haben das ganze Leben vor sich, Sie brauchen jetzt Mut, Teufel auch, am Montag haben sie ihn obduziert, und am Dienstag erscheinen alle Angestellten von Umzüge Ilídio in Blumen ertränkt bei der Beerdigung, mein Onkel hatte während der Gebete des Priesters wegen der Chrysanthemen einen Asthmaanfall, die Buchhalterin trocknete die gerührten Brillengläser mit dem Taschentuch, einige alte Freunde erschienen, nach Wein stinkend, ich habe sein Grab noch ein paarmal besucht, und dann kam die Scheidung, und ich habe es vergessen, es ist schon etwas her, da bekam ich vom Rathaus einen Brief, in dem mir mitgeteilt wurde, daß nun fünf Jahre vorbei
seien und sie die Knochen umbetten würden, daß sie ihn, wenn ich keine Schublade im Friedhof zahlen würde, ins Massengrab zwischen Hunderte sarkastischer, erdiger Skelette kippen würden, die zähnestrotzend die Schaufeln der Totengräber anlachen, und daher wird er sich mit an den Schädel geklebten Haarsträhnen inmitten von Hunderten und Aberhunderten Schienbeinen, Rippen, Wirbeln und zusammengewürfelten Kinnladen auflösen, Herr Hauptmann. Ezequiel? fragte der Leutnant, und er, Ja, Ezequiel, nicht weil ich den Namen besonders gemocht hätte, mir gefiel Amândio oder Teotónio besser, aber wegen des Patenonkels von Odete, der Notar in Lamego war und ihnen Ostern eine Postüberweisung und einen Pappkarton mit Schweinswürsten schickte.
    – Dreistöckige Kuchen, schlag dir das aus dem Kopf, erklärte Odete. Hör doch um Gottes willen mit diesem bourgeoisen Blödsinn auf.
    Der Soldat verstand das nie recht, Herr Hauptmann, die Frau ging mittwochs und samstags zu nächtlichen Versammlungen bei der Arbeit, und er wagte nicht, sie zu fragen, sie kam wahnsinnig spät nach Haus, zog sich tastend, ohne Licht zu machen, aus, und wenn ich ihren Körper zwischen den Bettüchern suchte, wenn ich ihre Hinterbacken oder ihre Brüste streichelte, zog sie sich sofort an die Bettkante zurück und atmete flacher und wurde noch regloser, tat so, als schliefe sie: Arbeit oder ein anderer Mann, letztlich ist es gleichgültig, wo sie sich doch vor ewig vielen Monaten getrennt haben, möglich, daß es ernsthafte Treffen waren, möglich, daß es Treffen mit einem Liebhaber waren, sicher ist, daß es fast unmittelbar nach der Hochzeitsfeier, kaum daß sie mit Ezequiel schwanger wurde, so war, als gäbe es mich nicht, Sie wissen schon, als wäre ich ein lästiger Gast im Haus. Wahrscheinlich wünschte sie sich heimlich, daß auch ich sterben würde, wahrscheinlich wünschte sie sich heimlich, ein Schrank würde bei irgendeinem Umzug auf mich drauffallen, oder ich war ihr einfach piepegal, es war ihr Jacke wie Hose, wenn du nun schon mal da
bist, bleib da, solange du mich nicht nervst, ist es mir wurscht. Dennoch war es merkwürdig, daß es Bücher mit Hammer und Sichel auf dem Umschlag und einen Kalender aus Stoff mit dem Bild eines Chinesen gab und dazu noch, in der Wäscheschublade eingeschlossen, Papiere und Flugblätter und Broschüren. Damals hatte sie unvermittelt, ohne daß ich den Grund dafür wußte, den Krankenschwesterberuf aufgegeben (soviel Streit zwischen uns, soviel Berufung, soviel Lernen für nichts und wieder

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