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Fado Alexandrino

Fado Alexandrino

Titel: Fado Alexandrino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: António Lobo Antunes
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abgewirtschaftete üppige Brünette verliebt, die wegen des linken Knies humpelte und in einer
umgebauten ehemaligen Schule im Stadtteil Boavista ein heruntergekommenes Stundenhotel leitete, dessen erlesene Kundschaft aus Zeitungsverkäufern, Arbeitern und verstohlenen Jugendlichen und vagen Dieben bestand, die versuchten, den Stammgästen Plattenspieler und Transistorradios anzudrehen, und daher erlebten sie den Morgen mit ein wenig Glück hin und wieder neben Mädchen, die so mager waren wie kranke Maultiere, in mit Stoffbahnen abgeteilten Zimmern, in denen Landkarten von Portugal über den Köpfen hingen und statt der üblichen Spiegel Wandtafeln in den Putz geschraubt waren, in denen unsere müden Gesichter zu in Kreide addierten Summen mit der Neunerprobe neben prekären Zahlentürmen wurden, die der Schwamm der Monate aufgelöst hatte. Die Brünette kassierte in der Eingangshalle, die Flasche Rotwein in Reichweite und mit bis zum Kinn und zur Nase angemalten Lippen, den Eintritt und überwachte eifrig ihre räudige Herde, während der Stumme, steif in einer Türöffnung stehend, dieser wachsamen Kaiserin der Syphilis bewundernde, runde Seitenblicke zurollte.
    – So wie es aussieht, prophezeite bitter die Großmutter, während sie ein endloses Haar aus dem Suppenteller fischte, dann will ich blind sein, wenn meine Enkelin nicht gleich zu einer echten Nutte wird.
    Ich stand vom Bett auf, Herr Hauptmann, das ein buckliger Strohsack auf ein paar losen Brettern war, hörte hinter den Kattunvorhängen vermischte Müdigkeiten, Gewisper, Geschimpfe, Furze, Unterhaltungen, Gelächter, die autoritäre alterslose Stimme der Brünetten, die unweigerlich den Stummen fertigmachte, und erriet den Morgen daran, daß mir in den Knochen kleine Reifkristalle und Tulpen aus Dampf erblühten. Ich wankte zur Schiefertafel, um mich zu kämmen, eine matte, dicke, in Holz gerahmte Nacht aus Stein reflektierte mein Schweigen und meine Augenringe, nahm meinen Körper nicht wahr, als hätte ich, verstehen Sie, ganz plötzlich aufgehört zu existieren, bot meinem Schrecken die sibyllinische Lösung einer komplizierten Multiplikation,
bei der die Zahlen kreuz und quer übereinanderstanden, geheimnisvoll wie Ameisen in einem Kuchen. Das magere Mädchen murmelte einen rätselhaften Satz, der einem zusammenhanglosen Traum entstammte, die Hunde des Slums bellten in den eiskalten, von der Nachtluft der Siele getrübten Sechsuhrmorgensgassen, aus den kaputten Verschlägen der Gärten verletzten ihn dornenspitze Hahnenschreie, der Stumme kam, den Hemdzipfel in die Hosen stopfend, wie eine Karnevalsrothaut mit Lippenstift vollgeschmiert, aus dem Haus, der Neffe der Buchhalterin trat mit gelbem Helm vergebens in die Pedale, um das Mofa zu starten, Ist gut, Odete, nicht im Castelo São Jorge, wir suchen uns eine erschwingliche Konditorei hier in der Nähe, in der Rua da Escola do Exército habe ich eine mit riesigen dreistöckigen Kuchen, Brautpaaren aus Zucker obendrauf und Eierfäden rund um den klebrigen Pappteller herum gesehen, Wieviel Uhr ist es? fragte das hungrige Mädchen, während es das Haar mit den Fingern entwirrte, Erst Mitternacht, schlaf weiter, sagte der Soldat und knöpfte das Hemd zu, Ich habe meine Freundinnen nie zum Castelo São Jorge ausgeführt, Herr Hauptmann, habe nie den Mut gehabt, dort oben, beispielsweise inmitten der alten Steine und des Efeus, der das Sonnenlicht zu einer Art grünem Vorhang aus luftigen Algen macht, einen Sonntag zu verbringen, und wer Castelo sagt, meint auch Sé oder Alfama oder Miradoiro de Santa Luzia, das Mofa sprang schließlich an, sie zwängten sich hinter den gelben Helm auf den Sitz, fuhren unsicher, in Schlangenlinien, über Steine holpernd, in Richtung Baixa los, Ich habe nie Hand in Hand den Tauben und den Turteltauben und den Schwänen und den Enten zugesehen, ich habe nie Hand in Hand auf den Fluß geschaut, Odetes Küsse waren zerstreut und schnell, ihre Umarmungen kraft – und lustlos, ich ging zu Hause vorbei, um das Gesicht zu waschen, und Dona Isauras Schnarchen erschütterte die Diele, beim zehnten Neger mit Sonnenbrille und Hawaiihemd verlor ich das Interesse an dem schmalen Haus in Buraca, ich habe meine Schwester und ihre Sammlung zahlloser Mulatten
nie wieder besucht, ich bin seit fünf Jahren nicht mehr in dem Viertel gewesen, und mir wurde bereits erzählt, daß dort alles verändert wurde, und mir wurde auch erzählt, daß sich da nichts verändert hat, und mir wurde

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