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Fado Alexandrino

Fado Alexandrino

Titel: Fado Alexandrino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: António Lobo Antunes
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nichts), sie arbeitete als Sekretärin im Heeresministerium, sah besser aus, lackierte sich die Nägel und färbte sich das Haar, wurde dünner, trug hohe Absätze, zog sich anders an, ihre Taille bekam einen anderen Rhythmus, auf der Straße folgten ihr die Männer mit glühenden Blicken, um das Meereswogen ihrer Hüften näher zu betrachten. Es ist durchaus möglich, daß die Russen sie bezahlten, Herr Hauptmann, der Soldat war nie besonders gut in Politik, aber so viele Hämmer und Sicheln ließen einen doch schon auf Gedanken kommen, ich schleppte weiterhin Möbel hierhin und dorthin, transportierte Anrichten, trug Schränke endlose Treppenabsätze hinauf, kam zu müde nach Haus, um noch auf dieses oder jenes zu achten, kaum hatte ich den Hintern auf einem Stuhl, schlief ich ein, und Odete verächtlich, Du bist eine Dumpfbacke, ein ungebildeter Kerl, du interessierst dich nur fürs Essen und fürs Schlafen, und die größte Dumpfbacke bin ich, weil ich dich ertrage, und der Haß in ihren Augen und die Wut in ihren Gesten und die Ungeduld ihrer Schultern, bis er eines Abends, als er von der Arbeit kam, sie wohnten damals in Olivais in einer windigen Wohnung mit drei winzigen Zimmern im vierten Stock, den Schlüssel in die Tür steckte, alles war dunkel, ein banges Gefühl von Leere, kein Essensgeruch, er machte das Licht an, die Bücher auf den Borden fehlten, es fehlte das Bild von Dona Isaura auf dem Tischchen vom Tonbandgerät, es fehlte der Topf mit dem Mittagessen auf dem Herd, ein Strumpf baumelte von einem Stuhl wie das Bein eines Gehenkten, ein Blatt Papier auf der Bettüberdecke, Man kann sich schon denken, was
darauf steht, dachte ich, man kann sich die Nachricht genau vorstellen, Odetes schräge, schnelle Schrift, er öffnete sie, Ich bin gegangen.
    – Hast du sie nie wiedergesehen? fragte der Leutnant. Hast du nie wieder was von dieser Nutte gehört?
    – Du willst also heiraten, lachte der Onkel unter Wellensittichgekicher bitter und hielt dabei die Asthmapumpe auf seine fauligen Zähne gerichtet. Wenn du glaubst, daß du eine Woche Urlaub bekommst, bist du schief gewickelt, mein Junge.
    Ich bin noch ins Ministerium gegangen, um mit ihr zu reden, Herr Leutnant, um bei Feierabend unter den Bogengängen auf sie zu warten, wenn ein grauer, formloser, ununterbrochener, beinahe mechanischer Strom von Menschen die Schiffe auf dem Ufer an der anderen Seite des Platzes enterte, die tausend Zungen des Tejowassers rieben weich die Stufen, entlang der parallelen Straßen gingen die Laternen an und offenbarten die unvorstellbare Tiefe der Fassaden. Nicht wütend, verstehen Sie, nicht ärgerlich, nicht außer mir, nicht um sie zu schlagen, nur traurig, durcheinander, verwirrt, nur um mit ihr zu reden, nur aus dem bitteren, melancholischen, dringenden Wunsch heraus, zu verstehen, doch wenn ich sie sah, war sie immer sehr angeregt, stürmisch, fröhlich, gestikulierte sie heftig, war in Begleitung von Ihnen, Herr Oberleutnant, oder von einem mageren, scheuen Typen, dessen Mantelsaum den Bürgersteig streifte, und daher wagte ich es nicht, mich ihr zu nähern, sie anzusprechen, sie zu bitten, mit mir zu reden, daher gab ich am Ende, Scheiße, immer auf, ging ich am Ende immer mit den unverheirateten Kollegen in die miese Kneipe (Hot dogs, Brötchen mit Beefsteak, Oktopussalat, verschiedene Sandwiches) am Cais do Sodre oder im Bairro Alto, wo sie immer zu Abend aßen, begleitete ich sie am Ende unsicher und verwirrt in die Grundschule der Brünetten mit ihren von den Fliegen verschmutzten Vorhängen oder Gardinchen, und währenddessen häufte sich in Olivais der Staub, vergaß ich, die Wasserrechnung zu bezahlen, und irgendwann, zack, stellten sie
es ab, man drehte den Wasserhahn auf, zwei geizige Tropfen liefen heraus, die Nachbarn begrüßten ihn, als würden sie an seinem Sarg die Totenwache halten, der Mann der Concierge bezahlte die ausstehenden Rechnungen, die Dame vom Erdgeschoß, die Witwe eines Bootsmanns, wollte ihm unbedingt eine räudige Hündin schenken, die Bettwäsche roch monatelang nach deinem Körper, ein paar im Schrank vergessene Schuhe machten mich verrückt, ich bin nie wieder um sechs Uhr nachmittags zum Terreiro do Paço gegangen, habe ihr nie wieder hinter einer Säule neben der reglos steinernen Unruhe der blinden Bettler nachspioniert, die Schiffe legten in einem Rhythmus von Eingeweiden an und ab, Wenn du dich wirklich fertigmachen willst, ist das dein Problem, gurgelte der Onkel, aber

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