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Fado Alexandrino

Fado Alexandrino

Titel: Fado Alexandrino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: António Lobo Antunes
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allen zusammen gelang es, Onkel Ilídio, der sich ununterbrochen der Asthmapumpe bediente, als wollte er die Luftkammer seines Unglücks füllen, davon zu überzeugen, die Verstorbene nach Haus zu transportieren, der Krankenpfleger begleitete uns sogar in einen Imbiß auf halbem Weg, um den Witwer mit ein paar energischen, kraftspendenden Tresterschnäpsen aufzumuntern, gab ihm ungewöhnliche Ratschläge und tat ihm Meinungen voll delirierendem Optimismus kund, während die Verstorbene, ordentlich in eine Karodecke gewickelt, auf uns wartete,
als wir in der Gasse ankamen, erklärte uns Onkel Ilídio gerade wortreich zwischen Gesinge und Gerülpse, Ich will blind sein, verdammt, wenn man nicht mit dreiundsechzig erst richtig zu leben anfängt, er küßte uns, brachte unsere Namen durcheinander, wollte sein Testament diktieren, die Regierung stürzen, die Geschirrspülmaschine erfinden, Karneval feiern, schlief schließlich bäuchlings wie ein Nashorn schnarchend auf dem Sofa im Wohnzimmer ein, Odete und ich (oder muß ich Dália und ich sagen, Herr Oberleutnant) zogen ihre Mutter an, kämpften dabei mit der Steifheit der Beine und des Leibes (und ein kleiner Busch grauer übelriechender Haare dort unten und die Haut am Bauch widerlich schlaff und grau und die Knie sogar hinten geschwollen), wir zogen ihr ein Paar Lackschuhe mit Schnalle an, die mir plötzlich riesig vorkamen und uns widerspiegelten und uns wie konvexe Aluminiumflächen verzerrten und beharrlich wie Verkehrsampeln zur Decke zeigten, wir legten sie auf das Bett, steckten am Haupt des Bettes Kerzen an, empfingen die ersten Nachbarinnen, die Onkel Ilídio im wirren Dunst seiner Träume mit Verdammichs beschimpfte, boten Portwein und Schokoladenkekse aus dem Lebensmittelladen an, und als es dunkel wurde, begannen die Kohlpflanzen im Garten zu glitzern, gerüscht wie Mädchen mit vielen Röcken, die einen Handstand machen, die Häuser ringsum häuften um uns riesige, farblose, bedrohliche geometrische Schatten, im Hühnerstall regten sich Gewisper, Atmen, Gegacker, kurze automatische Schluckbewegungen, Ich möchte so gern, daß du mich anfaßt, ich möchte so gern, daß du mich küßt, ich möchte so gern, daß deine Finger hingebungsvoll, langsam, zart die Pleuelstange der Haut hinauf- und hinunterwandern, Bei rechtem Licht betrachtet, sind acht zu viel, beschloß der Leutnant, wir nehmen einstweilen vier, und Whisky und Musik habe ich zu Hause, Erklären Sie mir mal, Herr Oberleutnant, fragte der Soldat den Funker, warum zum Teufel mochte Ihre Geliebte mich nicht?, die Nachbarinnen mampften die Schokoladenkekse, nuckelten den Portwein weg, als Begleitung dazu die monumentalen
Furze Onkel Ilídios, und flüchteten im unhörbaren Katzentrab zur Tür hinaus, es blieb nur die fast glatzköpfige Taubstumme vom Haus nebenan, die auf dem Küchenschemel saß, das Gebiß klappern ließ und dabei die Perlen eines Rosenkranzes mit ungeheurer Überraschung abtastete, ich zog mich aus, Herr Hauptmann, inmitten der Bücher, der Hefte, der Bleistifte, der Plakate und der Gedichte, des ganzen geduldig gehorteten Wissens, du hast das Licht ausgemacht, und dein nackter, magerer Körper, der undeutlich im blauen Nebel der Dunkelheit wogte, kam auf mich zu, hob die Bettücher an, legte sich ohne ein Geräusch, ohne ein Wort neben mich, wie eine Zunge in den Mund gleitet, Ich mag dich, Odete (oder jetzt Dália), ich mag deine Nase, deine Augenbrauen, die harten Stoppeln deiner Achseln, ich hob die Hand, um deine Schultern zu halten, um mich auf dich zu legen, um in deine gleichgültigen Beine einzudringen, und in diesem Augenblick spürte ich, wie sie mich anstarrten, ich weiß nicht, wie ich es erklären soll, spürte ich, wie sie mich anstarrten, ich schaute zum Fenster hinaus, die Kohlpflanzen, glasperlenfarben glitzerten sie im Garten, und genau neben mir auf der Kommode, beinahe auf der Büste eines grimmig blickenden Glatzkopfes mit Spitzbart, Lenin, sagte der Funker leise, Lenin, der Hurensohn, korrigierte der Soldat, Lenin, der Saftsack, Lenin, der Oberhurensohn, beobachtete mich ein Huhn mit großen roten Füßen und einem Hals ohne Federn, wissen Sie, mit seinen harten, festen runden Glaspupillen, peinlich genau und vernichtend grausam wie ein Henker.

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    – Vier von diesen Freundinnen, dazu wir vier, das macht acht heiße Huren, sagte der Oberstleutnant zum Leutnant, während er sich noch wegen des Champagners mißtrauisch den Magen rieb. Was werden Ihre Nachbarn

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