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Fado Alexandrino

Fado Alexandrino

Titel: Fado Alexandrino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: António Lobo Antunes
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Schluß.
    – Eine Revolte? fragte die Mutter Oberst Ricardo frivol, irgendwie ärgerlich oder unbehaglich oder verwirrt, indem sie den von Pailletten und kleinen Steinchen glitzernden Fächer mit einer verwöhnten Spiralbewegung öffnete. Wenigstens jemand Bekanntes?
    Als ginge es um eine Art Schabernack, wissen Sie, erzählte er mir, ein Zeitvertreib, ein Spiel, den wenig gelungenen Streich eines an diesem Tag etwas phantasielosen Freundes, der aber beim Auswählen von Pralinen sonst immer Klasse bewies. Als handele es sich tatsächlich um etwas Unwichtiges, das nicht mehr als eines zerstreuten Blickes, eines oberflächlichen, leichten, gewichtslosen Interesses wert war, der übliche fröhliche, ironische Blick: Niemand
Bekanntes, Mutter, ein paar dumme Fallschirmspringer, ein paar lächerliche Soldaten, ein paar fast anonyme Offiziere und Zivilisten, die nicht einmal Geld für eine Stunde zwischen deinen Bettüchern haben, nicht einmal Geld haben, um zu klingeln, sich in die Nappasessel im Salon zu setzen, deinen Pfirsichlikör zu trinken, mich väterlich lächelnd in die Wange zu kneifen, Komm her und sag Onkel Ferreira guten Tag, Artur.
    – Warum zum Teufel lächelst du? empörte sich Oberst Ricardo fuchsteufelswild. (Und Major Fontes grün und Oberleutnant Cardoso grün und ein unbekannter Feldwebel mit einem rotweinfarbenen Fleck auf der Wange todgrün.) Merkst du denn nicht, wie ernst das alles ist, siehst du denn nicht, daß das unser Ende bedeuten kann? Das Land unter Eisen und Feuer, unsere Positionen in Gefahr, unsere Beförderungen in Frage gestellt, bald schießen sie in Lissabon alle herum, und du, du dummer Esel, stehst hochvergnügt vor mir und zeigst mir deine Zähne?
    – Ich bin sicher, daß sie den Kopf verloren hat, wissen Sie, daß sie vollkommen verrückt geworden ist, winselte der Schwiegersohn zutiefst verwirrt, während die linke Hälfte seines Gesichtes von der Abendsonne beschienen wurde und er die Gelenke knacken ließ: Glaubst du, daß er weinen wird, Mutter, glaubst du, daß er im nächsten Augenblick das Taschentuch aus der Tasche ziehen und sich schneuzen wird? Ich will von dir weg, will mich trennen, will mich von dir scheiden lassen: alles lief so gut zwischen uns, und sie kommt mir urplötzlich, einfach nur so, mit so einem Schwachsinn im Kopf ins Haus.
    – Eine Nutte für jeden? lachte der Leutnant. Herr Oberstleutnant wird doch nicht etwa Hormone brauchen?
    – Etwas schwierig war’s schon, entgegnete die Concierge (und er spürte plötzlich Sehnsucht nach der Frau und das bittere Bedürfnis zu weinen): aber hin und wieder, nach einer Stunde, da konnte er, der Arme.
    – Eine Stunde, so eine Schande, sagte der Funker. Ihnen ist aber auch verdammt schnell die Lust vergangen, Herr Oberstleutnant.

    – Wenn ihm bei der Verlosung eine Frau wie ich zufallen würde, verteidigte ihn die Mutter (Danke, Alte), würde mein Sohn der Verpflichtung in drei Federstrichen nachkommen, da können Sie Gift drauf nehmen.
    – Ein Heidendurcheinander, Dona Elisa, verzweifelte Oberst Ricardo (und Major Fontes und Oberleutnant Cardoso und der Feldwebel mit dem rotweinfarbenen Fleck nickten zustimmend): das Heer geteilt, widersprüchliche Informationen, die Garnisonen gegeneinander, vollkommene Anarchie. Und kein Befehl von oben, keine Botschaft, kein Telefonat, keine Anweisung, was wir zu tun haben.
    – Das erste Mal haben sie ihn fertiggemacht, freute sich der Soldat. Das erste Mal haben sie ihn ohne Trumpf in der Hand erwischt, auf den er hätte setzen können. Der Kerl muß sich kräftig in die Hosen geschissen haben.
    – Eine Nutte für jeden, das kommt billiger, räumte der Leutnant ein. Wenn die Rechnung für diese Katzenpisse von französischem Champagner kommt, kriegt ihr vor Schreck gleich Gänsehaut.
    – Die Fallschirmspringer haben das Fernsehen besetzt, sagte Major Fontes, haben die Fahne ins Bild gestellt, das Programm unterbrochen, um ein unglaublich radikales Kommuniqué zu verlesen, linksextremer geht es gar nicht. Und jetzt gibt es nur noch Militärmärsche und Aufrufe zum Aufstand der Bevölkerung. Sollen wir uns anschließen, was meinen Sie, Herr Brigadegeneral?
    – Sie hat mich angeschrien, daß sie genug von mir und meinen Geliebten habe, daß sie nach Brasilien und dort arbeiten will, jammerten die Gelenke. Ein Rosenkranz von Verrücktheiten, anfangs habe ich sie noch gefragt, ob sie Drogen genommen habe, die Leute rauchen ja alle weiß ich was für merkwürdiges

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