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Fado Alexandrino

Fado Alexandrino

Titel: Fado Alexandrino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: António Lobo Antunes
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Lebensläufen vor und zurück, der Generalstab ist ärgerlich, und es ist deine Schuld, Artur, warf ihm Oberst Ricardo vor, indem er ein Bündel mit der Maschine geschriebene Blätter mit dem sommersprossigen Handrücken wegschob. Wenn wir keine ordentliche Säuberung machen, sind wir es am Ende, die für unsere Gutmütigkeit zahlen.
    – Jeder von uns hier wird gut mit zweien fertig, von wegen, protestierte der Leutnant. Sie unterschätzen die Kampfeskraft Ihres Bataillons, Herr Kommandeur.
    – Peng, rief der Soldat und drückte den Zeigefinger in Richtung Geschäftsführer ab, der mitten auf der Tanzfläche sitzend zusammensackte und mit zitternden Handgelenken die blutenden Eingeweide hielt.
    – Ich habe noch nie jemanden erlebt, der so nervig ist, sagte die Tochter, während sie in ihrer Handtasche nach den Zigaretten suchte. Nervig wie nervige Dinge eben: ich habe ihn so lange wie möglich ertragen, aber seine Macken hingen mir schon zum Hals heraus, verstehen Sie, sogar sein Geruch, sogar sein Atmen machten mich nervös.

    – Diese anderthalb Jahre im Ministerium, Typen das Leben versauen, die ich nicht einmal kannte, erklärte mir der Oberstleutnant, haben mich fertiggemacht. Ich habe manchmal abends drei Tabletten genommen, und selbst dann hatte ich Schwierigkeiten mit dem Einschlafen.
    Wirre, sinnlose Träume, bei denen die Beine wahllos zwischen den Bettüchern strampelten, eine trübe, unendliche, schmerzvolle Todesmüdigkeit beim Aufwachen, die Concierge, die sich vage mit dem Arm zum Abschied winkend auf dem Teppich verlor, farblose Tage, die zu grauen Wochen wurden, Wochen, die sich in einem Gelee aus Monaten verlängerten, die Sirene der Feuerwehrkaserne und der Motor der Wasserwagen, die peinigende Risse in meinen Schlaf gruben, in den Schlaf der alten Hure, meiner Mutter, an meiner Stelle im Bett, an meiner Stelle im Spiegel im Badezimmer, an meiner Stelle in der Badewanne, an meiner Stelle im Auto, an meiner Stelle in meinem Körper, und daher wickelte ich mich jeden Morgen in meine komplizierten Kleider, meinen Tüll, meinen Samt, meine Gaze, erfand mit dem Stift eine Augenbraue zwischen zwei weichen Falten, netzte die schuppigen, hundertjährigen Krokodilsfalten der Achseln mit dem spanischen Parfüm aus der Drogerie (große blaue Flaschen, die nach welken Veilchen und faulem Schellfisch rochen), pinselte einen riesigen roten Mund auf die eingefallenen Wangen, schmückte mich mit dem absurden Pomp fürchterlicher Glasringe und aggressiver Ketten aus dem Kurzwarenladen, die extravagante komplizierte russische Juwelen nachahmten, trat mit hochfahrender kaiserlicher Majestät auf den Terreiro do Paço, stieg, ohne die Grüße der Wachen und der unteren Chargen zu beachten, die Stufen dieses riesigen melancholischen Hauses hinauf, das Gespenster ehemaliger schnurrbärtiger Artilleriesoldaten, blasser Kavallerieoffiziere und Leutnants der Gebirgsjäger bevölkerten, die auf vergilbten Fotos vor einer enthusiastischen, versteinerten Menge mit hohem Kragen und Hut am Marquês de Pombal die Republik ausriefen, setzte mich in das enge, nach hinten gelegene Büro, bewedelte
die Doppelkinne mit dem Fächer und unterstrich Sätze und Abschnitte geziert mit dicken, zittrigen Lippenstiftstrichen, Ich bin die räudige alte Hure, meine Mutter, und ihre pappige Eitelkeit, ich trete mittags wie üblich in den luxuriösen Saal von Oberst Ricardo (und da ist ganz hinten der besorgte kleine Glatzkopf hinter der riesigen, lackierten Tischplatte) zum gewohnten Rapport (Wie viele setzen wir heute auf die Straße, Dona Elisa?), und da sind die kleinen gefleckten Hände, die plötzlich bang, willkürlich, ohne etwas zu berühren, über dem Klammergerät, dem stummen Telefon, dem grünen Rechteck der Schreibunterlage, dem sich bäumenden Bronzepferd mit den wild geweiteten Nüstern, über der Fransenlampe flattern, die dicken Hände von Oberst Ricardo, die sich erhoben, zögerten, sich kindlich zu mir ausstreckten, Hier ist eine Revolte im Gange, Artur, eine ganz beschissene Lage, die Fallschirmspringer haben das Fernsehen besetzt.
    – Er geht mit dem Arsch auf Grundeis, und ich dachte, der Typ sei ein echter Kommunist, meinte der Soldat, ich dachte, der Typ würde Befehle von Moskau ausführen.
    – Carlos will unbedingt mit Ihnen reden, sagte die Tochter, er will sich an Ihrer Schulter ausweinen, will sich bei Ihnen beklagen. Werden Sie den Kerl los, so wie Sie es für richtig halten, was mich betrifft, ist jedenfalls

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