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Fado Alexandrino

Fado Alexandrino

Titel: Fado Alexandrino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: António Lobo Antunes
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wie Hummer über die wie Eidechsen zwischen den Bettüchern und den dreckigen Kissen kriechenden Schluchzer hinwegkletterten, so daß wir, Esmeralda und ich, meine Patentante, als sie auf dem Weg zur Messe die Treppe hinunterfiel, die Perlen des Rosenkranzes überallhin verschwanden und sie auf dem Treppenabsatz auf dem Bauch liegenblieb wie eine Kröte, in eine Klinik in der Rua Conde de Valmor brachten (die, die immer mit der Rua Visconde de Valbom verwechselt wird und bei der man nie genau weiß, wo sie ist), ein Geschöpf in blauem Kittel bat mich um Namen, Anschrift und die Hinterlegung von fünfhundert Escudos (Wir sind schon so häufig betrogen worden, daß wir jetzt unsere Vorsichtsmaßnahmen treffen, nicht wahr?), übergab uns eine Pappscheibe mit einer Nummer drauf und hieß uns in einem Saal warten, der gerammelt voll war mit Gerstenkörnern und Furunkeln, dessen Wände mit Plakaten dekoriert waren, die mit roten Kreuzen durchgestrichen waren und unten den herrischen Befehl NICHT RAUCHEN trugen. Eine schlechtgelaunte Dame mit Schwesternhaube steckte den unsympathischen Kopf zwischen Schwelle und Tür und rief die Leute mit schrillem Bellen, Sieben, Acht, Neun, Zwölf, die Tante jammerte leise, in eine dicke Wolldecke gehüllt, und der Arzt nahm, kaum hatten wir ihren Rock gehoben, den Telefonhörer auf, Ist noch ein Zimmer frei?, Esmeralda
wühlte in der Handtasche nach dem Taschentuch, Wenn die mit dem Brustkrebs gestern gestorben ist, hat sie das Bett doch schon seit Ewigkeiten frei gemacht, und zu uns, Kommen Sie um Punkt zwei wieder, der Facharzt kommt für gewöhnlich um diese Zeit.
    – Das ist mein Austrittsgesuch, sagte der Funker, der auf einem der Rohrstühle in Olavos Wohnung saß, etwas verloren, ohne jemanden anzusehen, ich habe die Politik satt, Scheiße, das ist nun mal so.
    Lopes hob den Arm, Ich bitte um das Wort, wir haben eilig in der Küche gegessen, Esmeralda drehte mir hin und wieder den Rücken zu, um die Augenlider zu trocknen (Ich wette, sie hat Tränen auf das Spiegelei fallen lassen, dachte er, Tränen auf die Rübenschößlinge, auf die Bratkartoffeln, auf das Fleisch fallen lassen), um zehn vor zwei drückten sie wieder auf den unhörbaren Klingelknopf der Klinik, die Angestellte im blauen Kittel verlangte noch einmal eintausendsechshundert Escudos im voraus und reichte mir eine Quittung, die ich ungelesen in die Brieftasche packte (Weil sie hier eingewiesen wird, erklärte die Frau, weil es sich um mehr als nur einen externen Arzttermin handelt), sie wies uns an, über eine Treppe, die unter den Schuhen vor Schmerzen protestierte, in den ersten Stock hinaufzugehen, sie begegneten einer Krankenschwester, die beinahe so alt war wie die Tante, und einer Angestellten in Gummischuhen und mit einer karierten Schürze, die eine Schale mit Urin oder Menstruationsflüssigkeit durch den Korridor trug, der Funker trat einen Schritt vor, debattierte leise mit ihr, sie hießen uns in einer Art Nische warten, die mit dem unerträglichen Geruch nach Desinfektionsmitteln und Arzneien durchtränkt war, ein spindeldürres Mädchen in Morgenmantel und Pantoffeln schwebte wie eine Erscheinung über die Dielen, und kurz darauf erschien derselbe Arzt wie am Morgen mit offenem Kittel und Stethoskop um den Hals, jetzt erwachsener und voller Verantwortung, schickte kurz angebunden das Mädchen ins Bett und zu ihnen, Der Facharzt erwartet Sie, kommen Sie.

    – Will noch jemand auf die Rednerliste? fragte Olavo und machte mit einem Kugelschreiber Notizen auf einen Block. Erst Lopes, dann Dália und dann ich selber und du als letzter, in der Hoffnung, daß du deinen Antrag zurücknimmst. Man gibt nicht einfach mir nichts, dir nichts zehn Jahre politische Arbeit auf, auch ein erfahrener Kommunist hat ein Recht auf ein bißchen vorübergehende Niedergeschlagenheit und verlorenengegangenen Glauben.
    Lopes stand auf, drückte die von Spucke dunkle Zigarette aus, erhob die didaktische Hand, und wir trafen den Facharzt, der gerade Röntgenaufnahmen von Knochen gegen das Licht im Fenster betrachtete, in einem kanzerösen Büro, den Hintern an die Ecke eines Tisches gelehnt, auf dem ein Ringbuchkalender lag, ein Stapel Patientenkarteikarten, ein Glas mit einer Plastikuntertasse als Deckel, Medikamentenpackungen, ein Bund Wegwerfspritzen in ihren Zellophanverpackungen, die mit Gummibändern mehrfach zusammengehalten wurden. Die Verwandten der Kranken von Nummer achtzehn, verkündete der Arzt vom Morgen, und der

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