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Fado Alexandrino

Fado Alexandrino

Titel: Fado Alexandrino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: António Lobo Antunes
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gedämpftere Stimmen, respektvoller Husten, er schnaufte schwer, spürte ein Kitzeln in der Nase, Gänsehaut und ein merkwürdiges Gefühl wie Fieber im Körper, Ich habe mich erkältet, das nasse Hemd klebte ihm wie Kiemen auf der Haut, die feuchten Beine waren wie unangenehme Seebarschschuppen,
seine Füße plätscherten, in die fauligen Lumpen der Socken gehüllt, in den Schuhen, zehn Uhr fünfundzwanzig, zehn Uhr dreißig, zehn Uhr fünfunddreißig, zehn Uhr siebenunddreißig, zehn Uhr vierzig, durch ein Fenster, dem eine Scheibe fehlte, sah er die vom Wasser unscharfen gegenüberliegenden Gebäude, blinde Fensterreihen, Wolkenrollen, die mühselige, fettleibige, melancholische Olivenölhelligkeit der Wintermorgen, noch mehr Bürodiener, ein Beamter in Hemdsärmeln mit einem großen Buch in der Hand und einem verächtlichen Gesicht schubste die Menschen mit den Ellenbogen, wirre, amöbenhafte Umrisse auf der anderen Seite der Schalter, das Wesen in Trauer seufzte, und das Emaillemedaillon mit dem Bild des Ehemannes (ein schnurrbärtiger Kerl mit dem schicksalhaft tragischen Aussehen eines, dem schon von der Wiege an ein makabrer Tod versprochen war), ploppte ihr ungestüm zwischen den Brüsten hervor wie ein Korken aus einer Flasche, man hörte das matte Knallen der Stempel, Schubladenächzen, Register, die durchgeblättert wurden, Räuspern, die von der Menge, die sich auf den Stufen drängte, erstickten rotznäsigen Kinder piepsten immer leiser, Wenn ich jetzt zurückwollte, könnte ich es nicht, dachte der Soldat und schaute auf den Bienenkorb von Köpfen und Augen und Mündern, der die Treppenabsätze hinuntersummte, die verwirrten alten Leute brauchten Ewigkeiten an den Schaltern, fragten, irrten sich, zögerten, Noch sechs vor mir, zählte der Soldat, fünf, vier, drei, gelangweilte Angestellte hielten die Zigarette zwischen Daumen und Zeigefinger, brachten Dossiers mit endloser Langsamkeit durcheinander, prüften Akten, schnitten sich die Nägel mit kleinen Metallwerkzeugen, kritzelten mit Bleistift Kreuze auf Kanzleipapier, ein Nieser kletterte ihm den Rachen hinauf und verlor sich lautlos in der Nase: Eine ganze Woche Zitronentee, sagte er sich, eine ganze Woche die Rippen mit einer Mentholpomade einreiben, die Witwe vor ihm erreichte den Schalter, seufzte erneut, das Bild des Ehemannes machte einen Satz, und sie zog eine unglaubliche Menge zerknüllter Dokumente von unterschiedlicher
Größe und Farbe aus der Handtasche, strich sie eilig vor einer Urkundenbeamtin mit den Fingern glatt, die eine Brille und im Ausschnitt ihres Kleides eine komplizierte Brosche trug und sich darauf beschränkte, sie mit dem Handrücken wegzufegen, indem sie von der Höhe der Lippen herabsäuselte, Ohne den Eintrag des Besitzes läuft hier gar nichts. Die schielende Freundin, die belesen zu sein schien, überschlug sich in erstaunlich ausgeschmückten Erklärungen, die Registrierung des Eigentums müßte sich in Lagos befinden, gnädige Frau, nur sind in Lagos im letzten August alle Archive ausgebrannt, da konnte die Stadtverwaltung, das verstehen Sie doch, gnädige Frau, keine Kopien anfertigen, von etwas, was es nicht mehr gab, niemand übernimmt die Verantwortung für Prägesiegel auf leere Bescheinigungen, nicht wahr, ab dem nächsten Jahr könnte man vielleicht mit vier Zeugen, die einen Wohnsitz von dreißig Jahren und acht Monaten im Ort nachweisen können, etwas machen, aber leider sah es so aus, als würden die alten Leute fast alle im städtischen Altenheim in Tavira vergammeln und als wären die, die noch übrig waren, von Grundstücksspekulanten gekauft worden, die überall, wo es Meer in der Nähe gab, Apartments und Villen bauten, die Witwe nickte mit dem Kopf, und die mit der Brille lauschte ihnen, ohne sie zu hören, tastete die monströse Brosche ab, der Regen hörte plötzlich auf, und eine Raute blassen blauen Himmels tauchte unerwartet, noch zwischen Wolken eingeklemmt, in einem Fenstereckchen auf, Ohne die Eintragung läuft hier nichts, der nächste, befahl die Beamtin, die ihre Brosche losließ, als würde sie aus einer merkwürdigen Lethargie erwachen, die, die hinter mir warteten, schienen einen einzigen abstoßenden, geweiteten, weichen, pulsierenden Körper zu bilden, der Geruch nach Tabak und der Geruch nach Feuchtigkeit drehten ihm krümelig und dick den Magen und die Eingeweide um, die Witwe begann zu weinen, die Schielende nahm mutig wieder ihre Rede vom Anfang auf (die Registrierung des

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