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Fado Alexandrino

Fado Alexandrino

Titel: Fado Alexandrino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: António Lobo Antunes
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nächsten Monats als vollkommen leerstehend betrachten.
    – Du hättest in die Gänge kommen sollen, riet der Leutnant, hättest dich ins Schiff, in den Bus, in ein Taxi, was zum Teufel auch immer setzen und nach Cova da Piedade fahren sollen, hättest im Guten mit Odete und Olavo sprechen, sie überzeugen sollen. Ich will um das Glück meiner Tochter wetten, daß die eine Scheidung wunderbar gefunden hätten.
    – Gibt es hier nicht irgendwas gegen Gerüche? meinte ungeduldig, verzweifelt die Mulattin, die aufzustehen versuchte, um ihren Büstenhalter vom Boden aufzuheben, während die dicken
Fettfalten am Rücken wie ein Rucksack auf und nieder wogten. Also mal ganz ehrlich, ich halte das so nicht aus.
    – Kaum hatte ich ihn berührt, da stürzte er sofort auf den Boden, berichtete der Toilettenwärter, den die Fotoapparate mal dunkel machten, mal aufhellten. Mit der Fresse im Müll und in der Pisse und im Nassen, eine Straßenbahnkarte oder eine Kippe oder ein Stück Toilettenpapier an der Backe.
    – Der Hauswirt ist dagewesen und hat die Nachbarinnen bestochen, sagte der Soldat, und kaum hatte er genug Beweise, da hat er mir diesen Kerl mit der Mappe geschickt, damit er mich fertigmacht.
    Er ging erst in eine Behördenabteilung, um dagegen zu protestieren, dann in eine andere, von der zweiten schickte man ihn in die erste, von der ersten zu einer dritten, in der die Leute bis auf die Straße Schlange standen und in der eine Beamtin mit galligem Aussehen ihm befahl, sich bei der Stadtverwaltung eine von acht seriösen Geschäftsleuten beglaubigte Bescheinigung zu besorgen, ein Führungszeugnis, sechs Paßfotos, den Militärausweis und eine Erklärung der Antituberkuloseliga mit Prägesiegel, die versicherte, daß er kein Lungenleiden habe, daß er dies alles am nächsten Tag vorlegen müsse und dabei das Zeugnis der vierten Grundschulklasse und den Pkw- und Lkw-Führerschein nicht vergessen dürfe, und zwar bis elf Uhr vormittags an einem Schalter in Chelas, damit sein Antrag bei der Generaldirektion für Wohnungs- und Mieterwesen möglicherweise in Betracht gezogen werden könne. Er kam um sieben, und die Schlange war mehr als zweihundert Meter lang, ging um mindestens fünf Ecken und verlor sich im Durcheinander des Marktes, viele alte Leute, viele Frauen mit hungrigem Gesicht, schlechtgekleidete Typen, rotznasige, weinende Kinder, manchmal gab es Protest, Geschrei, Diskussionen, hitzige Prügel, ein Polizist, der, die Hände hinter dem Rücken, eine Bank bewachte, geriet mit einem ausgemergelten Zigeuner in Streit, der Gürtel und Krawatten verkaufte, gegen neun verdunkelte sich der Himmel, senkte sich herab, und es begann
zu regnen, einer der alten Männer stach die Speichen seines Regenschirms bis zum Stoff in das Auge eines andern, die rotznasigen Kinder strampelten und rannten weg, der Polizist packte den Zigeuner an der Jacke, und kurz darauf erschien ein Auto mit vier uniformierten Kerlen und nahm sie rempelnd in einem Tumult aus Beschimpfungen und Fußtritten mit, der Regen verdreifachte seine Stärke und hüpfte auf dem Teer, der Soldat schaute tropfend alle paar Minuten auf die Anträge, die Fotos, die Bescheinigungen, Wenn ich eines dieser Papierchen verliere, bin ich am Arsch, bis zehn schaffte er es in die Vorhalle des Gebäudes, ein schmales, widerwärtiges Haus voll dichtgedrängter Menschen, die nach Hundekacke und kaltem Tabak rochen, ein Wesen in Trauer direkt vor ihm erzählte einer mitleidigen, schielenden Freundin vom ungestümen Tod ihres Mannes, der in der Notaufnahme des Krankenhauses auf einer Krankenliege zwischen gebrochenen Beinen, heraushängenden Gedärmen und Gejammer herumgeschoben worden und dann auf halbem Wege zwischen den Sauerstoffflaschen und dem staubigen Saal zum Eingipsen aus unerfindlichen Gründen gestorben war, der Soldat stieg pro Viertelstunde eine Stufe hinauf, schwankende Bürodiener stolperten die Treppen mit dem Schrei Entschuldigung hinunter, trugen in den ausgestreckten Armen tonnenweise gelbes Papier, er haßte seinen Hauswirt, haßte das Männlein mit der Mappe, haßte die Nachbarn, die ihn bestimmt denunziert hatten, an den Fensterbrüstungen mit gräßlichen Gerichtsvollziehern wisperten, um zwanzig nach zehn begann er hoch oben die Kurve eines Tresens zu erspähen, eine Wand aus undurchsichtigem Glas, ein Schild, RAUCHEN VERBOTEN, ein anderes, NICHT AUF DEN BODEN SPUCKEN, Leute, die dienstbeflissen zu den rechteckigen Schalteröffnungen gebeugt standen,

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