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Fado Alexandrino

Fado Alexandrino

Titel: Fado Alexandrino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: António Lobo Antunes
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Zäune in die Nachbargärten, zerstörte das Gitter des Hühnerstalls mit seinen wurmstichigen Sitzstangen, zertrat die Kohlpflanzen, die Kartoffeln, die Tomaten, die unter den Absätzen aufplatzten wie knorpelige Babyschädel, meine Fußknöchel waren schwer vom Schlamm, meine Nieren schmerzten jetzt, meine Hirnmasse verdampfte immer mehr, ich kippte den Waschtrog um, zertrümmerte den Wasserhahn für den Schlauch mit dem Hammer, und eine silbrige Fontäne breitete sich im Bogen in der Dunkelheit aus, überzog hier und dort die umgewälzte Erde mit Lack und machte sie glänzend, ich zerschlug die beinahe faulen Fensterrahmen, und eine Glasscherbe drang in meine Hand ein, das gerundete Porzellan des Toilettenbeckens, das Terrazzo der Spüle, uralte Kackestückchen breiteten sich auf den Fliesen aus, das Wasser rann schluchzend über die Dielen, ich warf Stühle und Hausrat um, brach Schubladen auf, warf einen Stein in den Sicherungskasten, der sich in einem Feuerwerk aus Funken und Knallern auflöste, ich kehrte das Bett meines Onkels um und weidete die
Matratze mit den Fingernägeln aus, draußen näherten sich Stimmen, ängstliche Ausrufe einer Frau, Schreie, Rufe, Zwischenrufe, Hunde bellten, ein Mann fragte, Wer ist da?, eine Taschenlampe schien blind am Ende des Flurs, tastete die Dunkelheit ab, ich riß noch ein Bord, zwei Borde aus der Wand, hörte, wie jemand auf der Straße rief, Holt die Polizei, da zerstört einer das Haus von Senhor Ilídio, ich wollte ihnen sagen, sie sollten es lassen, wollte ihnen sagen, daß ich es war, warf noch einen kleinen, niedrigen Tisch um, zertrümmerte noch eine Vase, doch meine Füße rutschten weg, doch mein Körper verriet mich, doch eine Schnur rollte sich um meine Fersen, doch ich fiel hilflos rücklings auf den Boden mitten in den Matsch und das Wasser und die Scherben und die Nägel und die losen Bretter der Möbel, doch ein Hund packte mich am Hemd, doch eine Lampe beschien mein Gesicht, doch mehrere riesig hohe Silhouetten umringten mich, und ich blieb dort unten auf dem Boden liegen, blutete aus dem Handgelenk und aus dem Gesicht und den Knien und sah sie an, Herr Hauptmann, mit den Augen, in denen plötzlich kein Haß mehr ist, mit den ruhigen, friedlichen Augen, die Tiere haben, wenn sie sterben.

10
    – Reserve, sagte der Oberstleutnant, indem er die leere Korbflasche mit der flachen Hand wegstieß, das ist genauso wie tot sein.
    Er wachte um fünf oder sechs Uhr morgens auf, plötzlich, ohne müde zu sein, als wäre es zwei oder drei Uhr nachmittags und als wäre er nie zu Bett gegangen, er bemerkte die undeutlichen Umrisse des Zimmers, die Gestalt der Parfümwolke, die neben ihm schnarchte, die Nachttische, die Kommode, die Schweißesstille der Nacht, die parallelen Linien der Rolläden trübten sich mit fettiger Helligkeit, im großen ovalen Spiegel, in dessen Rahmen Fotos gesteckt waren, schwammen die überdeutlichen Schiffe der Schlaflosigkeit, schiffbrüchige Träume wogten an den Wänden, er tastete nach den Zigaretten, den Streichhölzern, dem konkaven, kalten Glas des Aschenbechers, lehnte das Kopfkissen an den Holzrahmen des Bettes, setzte sich im Pyjama auf der Matratze auf, rauchte, durchbohrte das Halbdunkel mit leeren Pupillen, und dann zu sich, Was mache ich heute?, und dann zu sich, Womit fülle ich den Tag?, Stunden über Stunden, hohl, nimmer endend, sich beim Barbier rasieren lassen, die Zeitung lesen, irgendwo einen trübsinnigen Fisch essen, die Schaufenster der Avenida de Roma oder der Baixa anschauen, ins Kino gehen, nach Hause kommen, Edite erhitzt, mit Verspätung, mit verwuschelter Frisur, aufgeregt eine Brosche, einen Ohrring, eine Falte, einen Knopf richtend, vor ihr sitzend in einer Besteck- und Gläserstille zu Abend essen, in der zurückgehaltener Tadel, Desinteresse, Müdigkeit, gegenseitige Beschuldigungen lasteten, und mich dann um elf Uhr oder Mitternacht am Fuß des Bettes ausziehen, die Kleidung auf einem Lehnstuhl falten, zusehen, wie sie
sich abschminkt, sich in eine andere, sehr viel ältere, sehr viel häßlichere Frau, in eine abstoßende, hinfällige alte Frau verwandelte, die sich mit Cremes, Pomaden, Pasten einschmierte, mit einem lilafarbenen für Schülerinnen oder Pudel gedachten Band mit lächerlicher Schleife oben auf dem Kopf das Haar zusammenband, ein absurdes, von Spitzen brodelndes Hemd anzog, ohne ihn anzusehen, eine Skandal- und Scheidungszeitschrift in den Fingern, unter die Decke schlüpfte, DER

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