Fado Alexandrino
aus dem Schlafzimmer, der Konsole und der Nähmaschine. Die Mutter nähte dann mit der Hand, bis Senhor Gonçalves sich auch in Luft auflöste und einem uralten Herrn Platz machte, dem gegenüber meine Mutter sich weinend beklagte und der ihr mit einer Hand voller Altersflecken kleine Klapse auf die Schulter gab, und darauf brachten zwei stumme Männer, die Kippe überm Ohr, die Nähmaschine wieder zurück, ein paar einfache, aber prächtigere, lackglänzende Möbel ersetzten die anderen, Bilder aus Pralinenschachteldeckeln mit Styroporrahmen wurden an die Wände gehängt, und der Herr, der Unteroffizier des Instandhaltungsbataillons im Ruhestand war, überschwemmte den Nachtisch mit Eierküchlein, wobei sich seine Finger in den Paketschnüren verhedderten, schenkte ihm Bleisoldaten und hölzerne Kriegsflugzeuge und riet ihm zum Heer, Da bringst du es schnell zum General, mein Junge, doch ihm hatte es nur den Busch und Malaria und Regen gebracht, das Elend isolierter Offiziersmessen, des täglichen Todes, der Schlaflosigkeit, der Angst. Für die Nachbarinnen war der Herr Vetter und Brigadier, doch niemand glaubte an den Zauber, sagte er, während er Zahnstocher auf der Tischdecke zerbrach, alle im Viertel wußten genau, daß er ihr Liebhaber war, verstehen Sie, meine Mutter färbte sich eifrig das Haar blond, um ihr Alter zu verbergen, trug ständig aufdringlichere, billigere Kleider, auffälligere Plunderketten, Ringe mit riesigen Glassteinen, sie machte die Filmschauspielerinnen nach und tuschte die Wimpern, und eines Sonntagnachmittags las der Brigadiersvetter auf dem Sofa die Zeitung, und plötzlich sah er sie an, ohne etwas zu sagen, öffnete den Mund, etwas Schaum rann ihm am Kinn herunter, und dann saß er, bei der Seite der Unfälle angelangt, mit demselben weichen, gelangweilten Gesichtsausdruck still da, mit dem er zwei Tage später nach einer Totenwache begraben wurde, die vom Erscheinen seiner legalen
Familie unterbrochen wurde, Kinder, Enkel, Nichten und Neffen, ein Mädchen, das uns angesichts der Blumen und der Leiche anschrie, die wir aneinandergelehnt, in diskreter Trauer dastanden.
Die Hände flatterten wie Vögel, als sie die Rede beklatschten, ein puterroter Offizier brüllte begeistert, der Redner trank verwirrt ein Glas Weißwein, um die Rührung zu vertreiben, eine Art zahngespickter Angriffspanzer biß hartnäckig in die Wände des Gebäudes, das abgerissen werden sollte und sich mit einem Zebramuster aus Rissen und Spalten bedeckte, der Oberstleutnant streckte sich auf dem Sofa aus, streckte Gespenster wegdrückend die Arme aus.
– Das typische Verhalten von Kleinbürgern, flüsterte mir der Funker zu. Die Wahnsinnsangst davor, die Privilegien zu verlieren, hindert sie am Handeln.
– Noch eine Viertelstunde, versprach der Oberstleutnant dem Leutnant, und wir hauen hier ab. Ins Kino, in eine Kirche, zu den Nutten, wohin Sie wollen.
Die Fahrstuhlmechaniker mußten ihre Arbeit beendet haben, denn man hörte ein leichtes Kabelpfeifen auf dem Treppenabsatz, Stimmen, das Geräusch der Metallparavents der Türen, die sich in der Stille öffneten und wieder zusammenzogen wie Kiemen: Warum kommst du heute nicht, warum kommst du nicht in Schürze und mit dem Federwisch in der Hand zur Wohnung rein, wirfst nicht den flinken Angelhaken der Hand zum Geld auf dem Kühlschrank in der Küche aus?
– Selbstverständlich hätte ich mich der Revolte anschließen sollen, meinte der alte Herr, der die Zeitung auf den Knien hatte und dessen hartgewordener Schneckenschleim an der Wand des Kinns auskristallisierte. Die wichtigsten Eigenschaften eines Soldaten, der etwas auf sich hält, sind gründliche Bewertung der Mittel, über die er verfügt, und schnelle Entscheidung.
Die Mutter, funkelnd vor Federn und Armreifen, das Gesicht halb hinter einem riesigen Fächer verborgen, berührte mit der Handschuhspitze keck die Brust von Hauptmann Mendes.
– Wir würden es wunderbar finden, wenn Sie uns heute abend besuchen würden, lud sie ihn mit einem sanften Wispern ein und zeigte den Ansatz ihrer Knie. Es würde meinem Jungen, dem Armen, so sehr in dem Dilemma helfen, in dem er augenblicklich steckt.
– Dilemma, Herr Hauptmann, spottete der Soldat, der wie ein Känguruh zu den Branntweinflaschen hüpfte. Das Problem unseres Oberstleutnants war, entschuldigen Sie meine Respektlosigkeit, daß er die Hosen gestrichen voll hatte.
– Ich habe durch Ihre Schuld einen Posten als Generaldirektor verloren,
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