Fado Alexandrino
ließ über das Telefon des Büros den Wagen rufen, damit er mich nach Hause fuhr. Die Ordonnanz in Habtachtstellung, Fähnriche, unfreundliche Unteroffiziere, der helle Klang der Schreibmaschinen des Sekretariats, der dumpfe Schweißgeruch, das breite Treppenhaus ohne Schönheit mit der starren Majestät einer Kirche, das Tor der Kaserne, der bekannte Weg, das übliche Stadtviertel, die Feuerwehrwache, das Haus. Hauptmann Mendes erschien alle Sekunde, kletterte ruckend wie ein Krustentier über den Teppich, wandte
sich mit zurückgehaltener Heftigkeit an ihn: das Regime verfault, Herr Kommandeur, wir haben alle Voraussetzungen, um die Macht zu übernehmen: und nach einem schnellen, meteorhaften Aufstieg die Beförderung zum General, die Leitung des Generalstabs oder der Guarda Republicana oder der Polizei, ohne Mühe vier Sterne an der Schulter, kein Risiko, kein Ärger, ohne Arbeit, Orden, Frauen, Abendessen, eine Botschaft, ausländische Pfründe, die scheinheilige, diensteifrige Bewunderung der Politiker, ein Typ in Uniform vor der Tür, das Ansehen bei den Nachbarn.
– Aber das Regime hätte ja auch nicht stürzen können, nicht wahr? sagte der Soldat. Das Manöver hätte nicht synchron verlaufen, die Einheiten nicht rechtzeitig benachrichtigt werden können, die Regierung hätte durch die Pide und die getreuen Kasernen Widerstand leisten, die Zauderer zur Gegenseite umfallen können, und das hätte Zwangsreserve, Pensionierung bedeutet, einen Abschiedskuß ohne Vergünstigungen, ohne Vorteile, seine Tochter würde ihn wegen seiner unheilbaren Naivität, seiner Blödheit schelten, gegen die kein Kraut gewachsen war. Was für eine Wahl, Herr Oberstleutnant, was für eine beschissene Entscheidungsfreiheit.
Ein Angestellter reparierte in der Eingangshalle die Fahrstühle mit einem Engländer (nur Reklame für Reader’s Digest im Briefkasten), rief irgendeinem Komparsen hoch oben Anweisungen zu, der bestimmt in einen komplexen Mechanismus von Flaschenzügen verwickelt war, und er stieg die Stockwerke bis zu seinem im Dunkeln hoch (Teilen Sie den Kameraden bitte meine Müdigkeit mit, teilen Sie ihnen mit, daß ich unter der wahnsinnigen Angst davor leide, das wenige zu verlieren, was ich errungen habe), er öffnete die Tür, zog die Rolläden im Wohnzimmer hoch, sank ins Sofa, und die verstorbene Frau kam nicht, und die Putzfrau kam nicht, kein Glas Wasser auf einem Tablett, kein Beruhigungsmittel, keine Hand auf der Schulter, nur die lastende Feindseligkeit der vertrauten Gegenstände (Mich hat nie jemand gemocht) und die ungeheure Stille der Bilder im Halbdunkel. Er
nahm das Telefonbakelittierchen, und um sich in Begleitung zu fühlen, wählte er die unermüdliche Nummer, die die Uhrzeit aufsagt, die Frauenstimme, die erschrocken die Zeit verschluckt, und dann noch irgendeine andere, die in der Leere einer unbekannten Wohnung klingelte, ohne daß eine Stimme ihm antwortete. Wessen Nummer das wohl war? dachte der Oberstleutnant, der die Zahlen inzwischen vergessen hatte. Er stellte sich eine gelähmte Alte mit wirrem Haar auf einem gepunkteten Sessel vor, die ein Stück Wachstuch auf den Knien hatte. Er legte den Hörer auf die kleine metallische Sitzstange, drehte im Badezimmer den Wasserhahn auf, knüpfte die Krawatte auf, zog den Blouson aus, knetete das Plastilin der Wangen, des Kinns, der Stirn, des Halses unter dem heißen Wasserstrahl: etwas mit den Händen machen, die Arme bewegen, nicht aufhören, sich beschäftigen. Und außerdem bin ich unpolitisch, verdammte Scheiße, ich habe nicht das geringste Interesse daran, ein paar Monate im Fort zu verbringen, mein Foto in der Zeitung zu sehen, daran, daß sie, nur um mich zu ärgern, meiner Tochter helfen, mir auf den Geist zu gehen, daß sie zu den Besuchszeiten mit ihrem bescheuerten, feierlich bedrückten, gehorsam vorwurfsvollen Ehemann auftaucht.
– Als der Staatsstreich von Caldas mißglückte, sagte der Funker, während er einen weiteren Tresterschnaps in Angriff nahm, ich will blind sein, wenn ich nicht Stein und Bein geschworen habe, daß das das Ende von allem war: die Pide paßte auf das auf, was geschrieben wurde, die Regierung verdoppelte ihre Vorsichtsmaßnahmen. Zudem war Dália verschwunden, und sie waren ein paar Tage später morgens zu mir nach Hause gekommen, um mich abzuholen.
– Also ehrlich, Vater, Sie schämen sich wohl überhaupt nicht? schrie ihn die Tochter, die Hände in die Taille gestützt, vom Eingang der Zelle her an,
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