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Fächergrün

Fächergrün

Titel: Fächergrün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Leix
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jetzt voller Wehmut, wie der lange Citroën, sein einzigartiger Dienstwagen, emporschwebte und auf der Ladefläche des Abschleppers verzurrt wurde.
    »Komm, Paul, hol die Brötchen.« Der Kommissar drehte sich weg und schnäuzte geräuschvoll in sein Taschentuch, als der Lkw abfuhr. Anschließend deutete er auf den Rest des Baumes. »Nur noch ein kahler Stamm, die obere Hälfte fehlt, kein grüner Zweig mehr dran, der muss auch weg. Falls du am Holz interessiert bist, sprech ich mit der Hausverwaltung.«
    Obwohl die beiden Kriminalbeamten bereits gemeinsam mit Carla im Esszimmer am Frühstückstisch saßen, war Lindt nach wie vor blass. Abwechselnd blickte er auf seinen Milchkaffee, das Körbchen mit den frischen, duftenden Brötchen und zum Fenster hinaus auf den inzwischen leeren Platz vor der Garage.
    »Oskar, es war doch nur ein Auto«, meinte Wellmann. »Zum Glück ja nicht mal dein eigenes.«
    »Der Benz gehört sowieso mir«, antwortete Carla. Vor einigen Jahren hatte sie nach dem plötzlichen Tod ihres Vaters den gepflegten, alten, blauen Diesel geerbt. »Aber für dich wird sich auch wieder ein schöner großer Dienstwagen finden.«
    Paul nickte: »Er hat ja die besten Beziehungen zu unserer Fahrzeugstelle. Die haben sicherlich eine passende Drogenkutsche da rumstehen. Aber jetzt iss erst mal was. Wofür hab ich die Brötchen denn sonst mitgebracht?«
    Zögernd griff Lindt nach einem Laugenweck. »Da stand doch vor der Halle …«, stammelte er, dann versank er wieder in Gedanken.
     
    Bei der Besprechung hatte es Lindt sehr eilig. »Ich hab da so ’ne Idee«, sagte er, »aber ich brauch noch etwas Zeit dafür.«
    »Meine Südstadt-Liste ist fast fertig«, berichtete Jan Sternberg, und versuchte, sich die Nervosität nicht anmerken zu lassen, weil er auf die Auswertung der Fingerabdrücke wartete und über seine Aktion bisher keinen Ton verloren hatte. Deshalb war er sehr erleichtert, als Lindt gleich wieder aufstand – »Paul, fährst du mich?« – und sich nicht weiter für die Aktivitäten seines jungen Mitarbeiters interessierte.
     
    »Oh, oh, Oskar«, sagte Franz Keil, der bei der Karlsruher Polizei für alles zuständig war, was irgendwie nach Fahrzeug aussah. »Er steht ganz hinten auf dem Platz, dein roter Franzose. Sieht wirklich nicht gut aus. Möchtest du von ihm Abschied nehmen? Ob wir in der Mitarbeiterzeitung eine Todesanzeige für ihn aufgeben?«
    »Nach jahrelanger harmonischer Zusammenarbeit …«, begann Paul Wellmann, »unfassbar … plötzlich und unerwartet … mitten aus dem Leben gerissen.«
    »Ja, ja, wer den Schaden hat«, brummte Lindt. »Auf den Spott kann ich gerne verzichten. Und übrigens möchte ich ihn auch nicht mehr sehen. Das kann ich echt nicht aushalten. Sag mir lieber, ob du gerade was Ähnliches im Angebot hast.«
    »Tja, Oskar, eigentlich hatte ich ja erwartet, dass du deinen langjährigen Weggefährten auf seiner letzten Fahrt begleitet hättest, aber so kann man sich täuschen. Kam ganz alleine und verlassen hier an, der gute XM. Das hatte er eigentlich nicht verdient.«
    »Lass die Sticheleien endlich und steck ihn in die Presse. Der Himmel hat ihn mir genommen, vielleicht steht ja hier auf deiner Erde ein passender Nachfolger für ihn rum?«
    »VW, Opel, Ford, was darf’s sein?«
    »Jetzt tu doch nicht so, Franz. Du weißt genau, was ich brauche.«
    »Wolltest du nicht schon immer Porsche fahren? Einen beschlagnahmten 911er hätt ich im Angebot. Knallrot – der geht ab, kann ich dir sagen.«
    »Veräppel mich nicht«, zog Lindt die Stirn in Falten. »Ich brauch keine Raserkarre, sondern … Na, du weißt schon.«
    »Und etwas Besonderes soll’s auch sein«, vervollständigte Keil den Satz und ging voran in einen abgetrennten Teil der polizeilichen Fahrzeughalle. Neonlampen flammten auf und erhellten eine ganze Armada von Autos, die dicht an dicht geparkt waren.
    »Du hast Glück, Oskar. Volles Lager und kein Platz mehr. Demnächst muss ich wieder eine Liste für die Versteigerung zusammenstellen. Deswegen bin ich richtig froh …«
    »Dass sein guter Citroën … Also bitte etwas mehr Mitgefühl«, stichelte Paul Wellmann, dem es schon immer völlig schnurz war, welchen Dienstwagen man ihm zuteilte.
    Lindt hörte gar nicht hin, sondern schlängelte sich, so gut es ging, zwischen den Wagen durch. Vor einem japanischen Geländewagen blieb er stehen.
    »Bequemer Einstieg und beste Übersicht«, kommentierte Keil, doch Lindt schüttelte den Kopf.

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