Fächergrün
hinteren Odenwald? Die Ostalb oder gar den Hotzenwald?«
Sternberg machte große Augen: »Aber wir haben doch ein Haus hier und die Familie …«
»Aus dienstlichen Gründen sind Landesbeamte jederzeit versetzbar. Ich war damals zum Glück alleine, aber rein rechtlich gesehen hättest du keine Chance.«
»Wird er das jetzt machen, der große Chef?«
»In deinem Fall? Ich werde ihn nicht darum bitten.«
Sternberg sagte nichts, sondern schaute Lindt lediglich an.
»Mach dir keine Sorgen, Jan, das ist keine Drohung, aber du solltest die Grenzen kennen, vor allem die Grenzen der Eigenmächtigkeit. In dieser Richtung bin ich etwas dünnhäutig, denn auch ich möchte nicht bei ihm oben vorreiten müssen und peinliche Fragen gestellt bekommen.«
»Peinliche Fragen?«
»Wie bitte, Sie haben keine Ahnung, was Ihre Mitarbeiter machen?«
»Okay, Chef, verstanden. Kommt kein zweites Mal vor.«
»Versprochen?«
Sternberg streckte seine Hand aus: »Versprochen!«
Lindt drückte zu. »Einverstanden, erledigt. So, und jetzt komm wieder nach draußen. Ich habe nämlich eine Idee, die nicht ganz harmlos ist.«
11
»Wir brauchen Conradi, den KO-Bauer und unseren Obertechniker«, verkündete Oskar Lindt, setzte sich mit einem großen Milchkaffee neben Paul Wellmann und griff nach dem Telefon.
Er hatte Glück. Alle drei sagten zu, in einer halben Stunde zur Besprechung zu kommen.
Als Letzter stieß der Kurze, der kleine, sympathische Staatsanwalt Tilmann Conradi, zu der Runde. »Wer mich mit dem besten Kaffee des Präsidiums lockt, hat meistens Erfolg.«
Lindt persönlich goss einen frisch Gebrühten in die extra für ihn reservierte Tasse. »Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen, Herr Conradi. Genau darum geht es.«
»Um Kaffee?«
»Nein, ums Locken!«
»Wen wollen Sie locken? Weshalb, wie und wohin?«
»Uuh, das sind aber viele Fragen auf einmal«, stöhnte der Kommissar. »Also eines nach dem anderen. Bisher haben wir im Fall der vergifteten Brüder Maiwald zwar schon manches ans Tageslicht gebracht, allerdings nichts, womit wir einen konkreten Tatverdacht begründen könnten. Die Nichte und der uneheliche Sohn hätten durchaus ein Motiv, genauso wie die zwangsgeräumte Familie, aber es gibt keinerlei Indizien für eine auch nur entfernt gesicherte Beweisführung.« Lindt schaute in die Runde: »Sieht das jemand anders?«
Allgemeines Kopfschütteln.
Daraufhin fuhr er fort: »Aus diesem Grund sollten wir bei den Fakten ansetzen, die unsere emsige Kriminaltechnik …«
»Danke«, unterbrach ihn Ludwig Willms. »Vielen Dank für die Blumen, wir bekommen viel zu selten welche.«
»… die unsere fleißig und akribisch genau arbeitende KTU gesichert hat.«
»Sie meinen die DNA aus dem Abfluss«, stellte der Kurze fest.
»Exakt. Eine Spur, die in eine recht bedenkliche Richtung weist. Die Hinterlassenschaften von zwei Berufskriminellen, zwei Schwerverbrechern, in diesem Keller – was soll das bedeuten? Gibt es dunkle Flecke in der Vergangenheit der beiden alten Brüder? Worin waren sie verwickelt? Die sparsame, ja, geizige Spießigkeit – alles nur Fassade für einen Abgrund, in den wir noch gar nicht blicken können?«
»Was genau haben Sie vor?«, wollte Conradi wissen.
»Wir brauchen die Mithilfe der Abteilung für Organisierte Kriminalität.« Lindt schaute zu Frank Bauer, der wieder ein zum Platzen gespanntes Muskelshirt trug.
»Schieß los, Oskar, wir tun, was wir können.«
»Ihr müsst alle eure V-Männer anspitzen. Sobald in der OK-Szene Unruhe eintritt, brauchen wir blitzschnelle Meldung. Vor allem, falls einer im Begriff ist zu türmen.«
»Du meinst die Italos?«
»Genau, und dann brauchen wir noch euch, Ludwig. Auftritt Kriminaltechnik. Mindestens zwei Mann, Einsatzwagen, volle Montur, Tyvek-Anzüge, Untersuchungskoffer und so weiter.«
Willms antwortete: »Lass erst mal die Katze aus dem Sack. Was hast du vor? Das hört sich wieder ziemlich schräg an.«
Lindt ließ sich nicht beeindrucken und blickte jetzt zu Conradi. »Sie, Herr Staatsanwalt, haben den wichtigsten Part.«
Der Kurze riss erschrocken die Augen auf. »Action ist aber nicht so mein Metier.«
Lindt beruhigte ihn: »Keine Sorge, völlig ungefährlich. Sie werden …«
Gegen vier Uhr nachmittags gab es in der Karlsruher Oststadt einen gewaltigen Auflauf. Mehrere TV- und Hörfunk-Teams verstopften die Lachnerstraße, Zeitungsfotografen brachten ihre Apparate in Position und Kameraleute von RTL und SWR filmten
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