Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fahr zur Hölle Mister B.

Fahr zur Hölle Mister B.

Titel: Fahr zur Hölle Mister B. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
Vom Netzwerk:
Ich hatte jahrelang mit den Huren geübt, die unweit unseres Hauses auf der Straße herumstanden. Ich habe sie überredet, mir alle ihre Tricks beim Küssen beizubringen.
    Zuerst schien mein Zungenspiel wie ein Zauber zu wirken. Caroline erforschte meinen Körper mit den Händen und erlaubte mir, dasselbe mit ihr zu tun.
    Natürlich fragen Sie sich jetzt, was aus Cawley, Pockengesicht, Nycross, O’Brien, Shamit und Hacker geworden ist, richtig? Wäre ich nicht so besessen von Caroline gewesen, hätte ich mich das auch gefragt. Aber ich konzentrierte mich ganz auf die Kunst des Küssens.
    Jetzt strich sie mir mit den Händen über den Rücken und glitt mit den Fingern langsam, sanft an meiner Wirbelsäule hinauf bis in den Nacken. Ein wonniger Schauer durchfuhr mich. Ich küsste sie leidenschaftlicher denn je, obwohl mir die Augen tränten, weil ich den Mund so weit aufsperrte. Sie hielt mich fester und kniff mir in den Nacken. Ich drückte mich fester an sie; sie reagierte darauf, indem sie mir Finger und Daumen ins Genick grub.
    Als Reaktion auf diese Berührung versuchte ich, sie noch intensiver zu küssen, doch sie hatte offenbar genug davon. Sie packte mich noch fester am Hals und zog meinen Kopf zurück, wodurch ich gezwungen war, die Zunge aus ihrem Mund zu nehmen.
    Als ich ihr Gesicht vor mir erblickte, sah ich nicht den verträumten Ausdruck von anderen, die ich geküsst hatte. Das Lächeln, wegen dem ich mich Hals über Kopf in sie verliebt hatte, war verschwunden. Sie besaß immer noch eine große Schönheit, doch jetzt war es eine kalte Schönheit.
    »Du bist ein toller kleiner Liebhaber, was?«
    »Gefällt es dir? Ich habe gerade erst angefangen. Ich kann –«
    »Nein, ich habe genug.«
    »Aber es gibt noch so viel –«
    Sie drehte mich zu dem Topf um, in dem sie die Schwänze auskochte.
    »Warte!«, sagte ich. »Ich bin hier, um dich zu befreien.«
    »Sei nicht so ein Schwachkopf, Liebster«, erwiderte sie. »Ich bin frei.«
    »Tu es, Caroline«, hörte ich jemanden sagen, drehte mich um und sah den Vater meiner Liebsten, das Pockengesicht, der unter dem Schatten der Bäume hervortrat. »Koch ihm das hässliche Gesicht weg.«
    »Will Cawley ihn nicht für das Monsterkabinett?«
    »Na ja, ohne Fleisch auf dem Gesicht dürfte er noch monströser aussehen, oder nicht? Tu es!«
    Hätte sie ihrem Vater gehorcht, hätte sie mein Gesicht in den kochenden Bottich getaucht. Aber sie zögerte. Ich weiß nicht, warum. Ich wiege mich gern in dem Glauben, dass es an der Erinnerung an einen meiner Küsse lag. Wichtig ist auch nur, dass sie der Anweisung von Pockengesicht nicht sofort nachkam. Und in diesem Augenblick der Unentschlossenheit lockerte sie den Griff um meinen Hals ein klein wenig. Mehr brauchte ich nicht. Ich bewegte mich unerwartet und blitzschnell, befreite mich aus ihrem Griff und machte anderthalb Schritte, bis ich hinter ihr stand. Dann gab ich ihr einen Stoß und überließ es dem Schicksal, wohin sie fallen würde.
    Das Schicksal war so grausam zu ihr, wie es immerfort zu mir gewesen war, was mich ein wenig tröstete. Ich sah, wie ihre Beine einknickten, und hörte sie meinen Namen rufen.
    »Jakabok!«
    Und dann:
    »Hilf mir!«
    Doch das kam ein wenig zu spät. Ich machte einen Schritt rückwärts und ließ sie Gesicht voran in den Bottich fallen, in dem die Knochen köchelten. Der war so riesig und durch seinen Inhalt so schwer, dass ihn nichts umstürzen konnte. Auch sie nicht, als sie hineinfiel und wild zappelte, während ihre lange, blutige Schürze die Flammen streifte und sofort Feuer fing.
    Ich blieb natürlich stehen und genoss den Anblick, obwohl meine Häscher näher rückten. Nicht ein Zucken oder Erschauern dieser Lilith wollte ich versäumen: das Feuer zwischen ihren Beinen, das zu Dampf wurde, als sie die Kontrolle über ihre Blase verlor; das Gebräu voller Gebeine, das um sie herumschwappte, während sie – natürlich vergeblich – versuchte, aus dem Bottich herauszukommen; der verlockende Geruch ihrer verbrennenden Hände, mit denen sie sich am Topfrand festklammerte; das feuchte, reißende Geräusch, als Pockengesicht, ihr Vater, endlich bei ihr war und sie aus dem Topf zog und dabei ihre Handflächen abrissen.
    Oh, dieser Anblick! Meine Caroline, meine einst so bildschöne Caroline! So, wie sich meine Liebe im Handumdrehen in Hass verwandelt hatte, so hatte sie sich von einer Schönheit in eine abstoßende Kreatur verwandelt, wie ich eine war. Pockengesicht trug sie ein

Weitere Kostenlose Bücher