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Fahr zur Hölle Mister B.

Fahr zur Hölle Mister B.

Titel: Fahr zur Hölle Mister B. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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Stück vom Feuer weg, legte sie ab und löschte die Überreste ihrer brennenden Schürze. Das dauerte nur einen Moment; dann schob er die Arme unter sie und zog sie hoch. Da fiel das graue, verkochte Fleisch von Stirn, Wangen, Nase und Lippen von ihr ab und entblößte die jugendlichen weißen Knochen darunter; nur die Augen blieben blind und gekocht in ihren lidlosen Höhlen.
    »Das reicht«, sagte ich mir. Ich hatte meine Rache für den Schmerz, den sie mir zugefügt hatte. Es wäre zwar höchst unterhaltsam gewesen, die Qualen des Pockengesichts mit anzusehen, aber ich durfte mir keinen weiteren voyeuristischen Augenblick mehr gönnen. Ich musste weiter.
    - - -
    So, jetzt wissen Sie von meinem Liebesabenteuer. Es war kurz und bitter und darum nur umso schöner.
    Liebe ist eine Lüge; Liebe jeder Form und Größe, ausgenommen vielleicht die Liebe eines Kindes zu seiner Mutter. Die ist echt. Jedenfalls so lange, bis die Muttermilch versiegt.
    So wurde ich von der Liebe einer wunderschönen Frau erlöst und das beflügelte meine Schritte offenbar. Mühelos entkam ich Hacker und Shamit, als sie mich durch den tiefen Wald verfolgten. Ich war leichten Herzens, und wenn man es genau nimmt, sogar zweier Herzen, ihres und meines; ich lief so beschwingt durch Dickichte, die Stämme uralter Bäume hinauf, sprang von Ast zu Ast, von Baum zu Baum und schaffte es, meine orientierungslosen Verfolger alsbald abzuschütteln.
    Am vernünftigsten wäre es natürlich gewesen, wenn ich mich nun im Schutz der Dunkelheit aus der Gegend entfernt hätte. Aber das konnte ich nicht. Ich hatte zu viele verlockende Hinweise darauf bekommen, was sich nach Einbruch der Dämmerung unten auf Joshua’s Field abspielen sollte. Cawley hatte davon gesprochen, einen Erzbischof zu verbrennen, zusammen mit, wenn ich ihn richtig verstanden hatte, einigen sodomitischen Tieren, die man offenbar nach Heiligem Recht für schuldig befunden hatte, dass sie perverse Untaten mit sich geschehen ließen. So ein Schauspiel würde sicher eine stattliche Menschenmenge anlocken, in deren Mitte ich hoffte, mich verstecken zu können, während ich ihre Gewohnheiten studierte.
    Den Rest der Nacht verbrachte ich in einem Baum ein Stück von dem Wäldchen entfernt, wo ich die arme Caroline kennengelernt hatte, Ich legte mich der Länge nach auf einen Ast und ließ mich vom Ächzen der Zweige und dem leisen Murmeln des Windes im Laub in den Schlaf lullen.
    Trommelwirbel und Paukenschläge weckten mich. Ich sprang von meinem Bett herunter, nahm mir einen Moment Zeit und dankte dem alten Baum für seine Gastfreundschaft, indem ich heftig auf die kleinen Schösslinge in seiner Umgebung pisste, die dem älteren Baum die Erde streitig machen wollten, und sie damit vergiftete. Dann folgte ich den Paukenschlägen zum Waldrand. Als der Wuchs der Bäume spärlicher wurde, stellte ich fest, dass ich mich in der Nähe eines Hangs mit zahlreichen Felsbrocken befand, an dessen Fuß ein breites, schlammiges Feld in lila-grauem Licht lag, das kontinuierlich heller wurde, als hätte der Lärm der Trommeln den Tag herbeigerufen. Wenig später ging die Sonne auf und ich sah, dass sich eine große Anzahl Menschen auf dem Feld unter mir versammelt hatten; viele erhoben sich von dem nebelverhangenen Boden, wo sie die Nacht verbracht hatten, wie Lazarus’ Geschwister. Sie streckten ihre Glieder, gähnten, kratzten sich und wandten die Gesichter dem leuchtenden Himmel zu.
    Natürlich durfte ich mich noch nicht unter sie wagen. Nicht in meiner Nacktheit. Sie hätten meine seltsamen Füße gesehen, und noch schlimmer, meine beiden Schwänze. Das hätte Ärger gegeben. Aber mit etwas Schlamm, um meine Füße zu bedecken, und unauffälliger Kleidung könnte ich vermutlich, dachte ich mir jedenfalls, als Mensch durchgehen, der schlimme Verbrennungen erlitten hatte. Ergo brauchte ich nur eines, damit ich mich auf das Feld hinunterwagen und meinen ersten Kontakt mit der Menschheit haben konnte, nämlich simple Kleidung.
    Ich nutzte das Halbdunkel der bewölkten Dämmerung und schlich vorsichtig weiter den Hang hinab, und als ich mich der Talsohle näherte, von einem Felsbrocken zum nächsten. Hinter einem Stein, der doppelt so hoch und dreimal so lang war wie ich, versteckte ich mich, musste jedoch feststellen, dass das Plätzchen in seinem Schatten bereits nicht von einem, sondern von zwei Menschen beansprucht wurde. Sie legten sich gerade nieder, aber sie waren nicht daran interessiert, die Länge

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