Fahr zur Hölle
Mal, wenn ich mit einem neuen Temperance-Brennan-Roman begann, wies mich Barry darauf hin, was für einen ergiebigen Hintergrund jene Rennen für die Story liefern würden. Schließlich wurde mir klar, dass er recht hatte. Barry bot mir an, mich zur Rennstrecke mitzunehmen, Jimmy Johnson und seinem Team vorzustellen und mich mit dem Tross rund um das All-Star- und das Coca-Cola-600-Rennen bekannt zu machen.
Barry hat seine Versprechen eingelöst. Ich habe Rennstreckenbesitzer und Manager kennengelernt, Sportjournalisten, Teamchefs der Boxenmannschaften und Fans, die in ihren Wohnmobilen von Portland, Houston, Teaneck und Nashville angereist waren. Dank Barry und der Familie Smith habe ich eine ausgiebige Tour über den Charlotte Motor Speedway genossen, wobei meine Faszination für die angrenzende Mülldeponie für die anderen ein Anlass zu ziemlicher Bestürzung gewesen sein muss.
Fahr zur Hölle spielt komplett in Tempe Brennans Heimatstadt Charlotte. Blut vergisst nicht dagegen beginnt in Montreal, wo Tempe gelegentlich arbeitet, und verlagert sich dann nach Hawaii. Andere Bücher haben Tempe nach Chicago, Israel und Guatemala geführt. Wie finden Sie zu der Entscheidung, wo Sie Ihren nächsten Roman ansiedeln, und in welcher Stadt verbringen Sie selbst im Augenblick die meiste Zeit?
Der Schauplatz der Handlung ist ein lebendiger, atmender Teil von jeder Geschichte, die ich schreibe. Wenn Tempe reist, ist ihr Ziel immer ein Ort, den ich selbst gut kenne, ein Ort, an dem ich meiner Arbeit nachgegangen bin oder an dem ich einige Zeit zur Recherche verbracht habe.
Ich arbeite und lebe, genau wie Tempe, in Charlotte. Wie sie, bin ich eine Berufspendlerin, die regelmäßig zwischen North Carolina und Quebec hin und her fliegt. Dort, in Quebec, genauer gesagt in Montreal, arbeite ich für das Laboratoire de Sciences Judiciaires et de Médecine Légale – kurz LSJML. In Sachen Vielflieger-Meilen kann mir keiner was!
In Blut vergisst nicht fliegt Tempe nach Hawaii, um einen Fall für das JPAC, die Zentralstelle für Kriegsgefangene und im Einsatz Vermisste, zu bearbeiten. Die Aufgabe des Joint POW/MIA Accounting Command ist es, die Überreste von Amerikanern, die in Kriegskonflikten weit weg von zu Hause ums Leben kamen, zu identifizieren, was nicht unbedingt leicht ist. Ich habe viele Jahre für dieses Labor gearbeitet.
In Knochenlese exhumiert Tempe ein Massengrab in Guatemala. Im Jahr 2000 hatte mich die Fundación de Antropología Forense de Guatemala eingeladen, das Gleiche zu tun.
Knochen zu Asche führt Tempe nach Tracadie in New Brunswick. Dieser Schauplatz geht auf eine Exhumierung und Untersuchung zurück, die ich für eine Arkadier-Familie durchführte.
In Das Grab ist erst der Anfang fliegt Tempe nach Chicago. Wieder eine Sache, die keiner großen Überlegung bedarf: In Chicago wurde ich geboren.
Sie verstehen: Es ist besser, Erlebtes aus erster Hand zu schildern, als halbe Sachen zu erfinden.
Ein weiteres dominantes Thema in Fahr zur Hölle ist der Rechtsextremismus, ein Thema, über das Sie schon einmal geschrieben haben. Mitglieder einer rechtsextremen Gruppierung treten im Buch als Verdächtige auf. Aus welchem Grund interessieren Sie sich für diese Splittergruppen der amerikanischen Gesellschaft?
Extremistische Vorstellungen an sich erzürnen mich nicht. Meiner Ansicht nach steht es den Menschen frei zu glauben, was immer sie möchten. Extremismus dagegen, der anderen Menschen schadet, macht mich wirklich wütend.
In Totgeglaubte leben länger habe ich über religiösen Fanatismus geschrieben – Glaubenssysteme, die sich weigern, anderen Weltbildern Legitimität zuzugestehen. In Totgeglaubte leben länger führen die Ereignisse Tempe nach Israel, wo sie in Kontakt mit Randgruppen gerät, die Gewalt anwenden, um ihre Ideologien durchzusetzen.
Politischer Extremismus kann gefährlich sein, ganz gleich, ob er von links oder von rechts kommt. In den vergangenen Jahren haben Hass und Intoleranz in den Vereinigten Staaten immer wieder zu tödlichen Übergriffen von amerikanischen Terroristen geführt. Ted Kaczynski, der Unabomber; Timothy McVeigh und Terry Nichols, die Oklahoma-City-Bomber; Eric Rudolph, der Olympia-Bomber. Solche Einzelpersonen beschließen, ihre Mitmenschen aufgrund ihrer ganz persönlichen verzerrten Moraldefinitionen umzubringen.
Nach jahrelanger Flucht wurde Rudolph festgenommen. Er hatte im Westen von North Carolina, etwa eine vierstündige Autofahrt von Charlotte
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