Fahr zur Hölle
Temperance-Brennan-Romanen (und jetzt auch den Jugendromanen über Tempes Nichte) haben Sie ein Drehbuch zu der Serie Bones geschrieben, die auf Ihren Büchern basiert. Wie unterscheidet sich die Arbeit an einem Drehbuch für eine Fernsehserie von der Arbeit an Ihren Romanen? Ist eine Aufgabe schwieriger als die andere?
Ich zähle zu den Produzenten von Bones, bin eine von vielen. Sehen Sie sich nur unseren Nachspann an! Hauptsächlich arbeite ich mit den Drehbuchautoren zusammen, beantworte Fragen, liefere Anhaltspunkte und korrigiere die Fachausdrücke. Im Laufe von sechs Staffeln habe ich mehr als hundertdreißig Drehbücher gelesen. Obwohl sich ein Drehbuch fürs Fernsehen ziemlich von einem Roman unterscheidet, gibt es doch einige Gemeinsamkeiten.
Für mich liegt die Ähnlichkeit zwischen einem Temperance-Brennan-Roman und einer Bones -Folge im Aufbau. Meine Bücher enthalten für gewöhnlich eine Menge Parallelhandlungen – eine A-Story, eine B-Story und mitunter sogar eine C-Story. Das Gleiche gilt für eine Fernsehfolge.
In Fahr zur Hölle wird Tempe gebeten, einen Leichnam in einem Fass zu identifizieren. Das ist die A-Story. Gleichzeitig wird sie in die Suche nach einem vermissten Teenager-Pärchen hineingezogen – die B-Story. Und dann ist da noch ihr kompliziertes Liebesleben – die C-Story.
Für die fünfte Staffel von Bones habe ich ein Drehbuch, »Zwei Hexen im abgebrannten Haus«, geschrieben. In den Trümmern eines niedergebrannten Hauses werden zwei Frauenleichen gefunden. Es stellt sich heraus, dass die Hexe im Kleiderschrank schon seit Ewigkeiten tot ist – A-Story –, während die Hexe unter dem Fundament erst vor Kurzem ermordet wurde – B-Story. Angela und Hodgins wandern ins Gefängnis (und ihre Liebe flammt wieder auf) – C-Story. Wie Sie sehen, ist der Aufbau sehr ähnlich.
Auf der anderen Seite unterscheiden sich ein Roman und ein Drehbuch natürlich auf vielerlei Art und Weise voneinander. Bei einem Kino- oder Fernsehfilm entfällt zum Beispiel die detaillierte Beschreibung eines Schauplatzes oder Geschehens. Diese Dinge hat man ja unmittelbar vor Augen. Bei einem Drehbuch geht es ausschließlich um Dialog, die einzelnen Rollen und die Handlung.
Ein weiterer Unterschied ist bedingt durch die kreative Erfahrung: Wenn ich einen Roman schreibe, entspreche ich voll und ganz dem Stereotyp des einsamen Eigenbrötlers vor seiner Computertastatur. Niemand hilft mir. Niemand lobt oder kritisiert mich für meine Arbeit.
Ganz anders beim Drehbuchautor. Wenn die Idee zu einer Story (ähnlich wie bei meinem »Goldklumpen«) aufgegriffen wird, folgt als nächster Schritt das sogenannte »Story breaking«, die Stoffentwicklung. In einem Zeitraum von ein bis drei Wochen setzt sich die gesamte Schreib-Crew von Bones zusammen und sammelt Vorschläge, anschließend wird Akt für Akt, Szene für Szene auf Tafeln, die ringsum an den Wänden hängen, festgehalten. Das Ganze ist ein Gemeinschaftsprozess, und er ist äußerst anregend.
(Das Drehbuchteam von Bones ist fantastisch. Josh Berman, Pat Charles, Carla Kettner, Janet Lin, Dean Lopata, Michael Peterson, Karine Rosenthal, Karyn Usher. Danke für eure Geduld, Leute.)
Die »Outline« des Drehbuchs wird dann »gepitcht« – in diesem Falle versuchen wir Hart Hanson, unseren genialen Bones- Schöpfer und ausführenden Produzenten, dafür zu begeistern.
Wenn die Outline auf Zustimmung stößt, macht sich der Autor an die Ausarbeitung. Das bedeutet die Rückkehr in den einsamen Schaffensprozess an der Computertastatur, um eine erste Drehbuchfassung – den »Writer’s draft« – anzufertigen, was ungefähr wieder ein bis drei Wochen dauert. Es sei denn, man hinkt dem Zeitplan hinterher. In dem Fall, nun, viel Glück!
Und dann folgt das Umschreiben. Und das nochmalige Umschreiben, zahlreiche Zwischenfassungen – ein »Studio draft«, »Network draft«, »Production draft« –, bis die endgültige Fassung steht.
Und am Ende ist es verblüffend, dabei zuzuschauen, wie eine Folge tatsächlich verfilmt wird, mit all den Schauspielern, dem Regisseur, den Beleuchtern, den Kameraleuten und den ganzen Assistenten. Licht! Kamera! Action!
Fast genauso verblüffend, wie den fertigen Roman – mein ganz persönliches Baby – in Buchform zu sehen.
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