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Fahrenheit 451

Fahrenheit 451

Titel: Fahrenheit 451 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
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hin und zog Montag hinein und veranlaßte ihn, Platz zu nehmen, während er zur Tür zurückging und horchte. Das Sirenengeheul entfernte sich draußen. Er kam herein und schloß die Tür.
    »Ich war ein Trottel, noch und noch«, sagte Montag. »Ich kann nicht lange bleiben, bin unterwegs weiß Gott wohin.«
    »Wenigstens haben Sie sich auf die richtige Seite geschlagen«, meinte Faber. »Ich dachte, Sie seien tot. Die Hörkapsel, die ich Ihnen gab ...«
    »Verbrannt.«
    »Ich hörte den Hauptmann mit Ihnen sprechen, und dann riß es plötzlich ab. Beinahe wäre ich Sie suchen gegangen.«
    »Der Hauptmann ist tot. Er fand die Hörkapsel, er hörte Ihre Stimme, er wollte Sie aufspüren. Ich habe ihn mit dem Flammenwerfer umgebracht.«
    Faber setzte sich hin und sagte eine Zeitlang nichts.
    »Du mein Gott, wie ist das alles bloß gekommen?« fragte Montag. »Noch vor kurzem war alles in schönster Ordnung, und ehe man sich's versieht, steht einem das Wasser bis zum Hals. Wie oft kann man untertauchen und doch noch am Leben sein? Ich kriege keine Luft mehr. Beatty ist tot, der früher mein Freund war, und Millie ist weg, die ich für meine Frau hielt, aber jetzt bin ich dessen nicht mehr sicher. Und das Haus abgebrannt, und die Stelle verloren, und ich selber auf der Flucht, und einem Feuerwehrmann habe ich unterwegs Bücher ins Haus geschmuggelt. Allmächtiger, was habe ich in einer einzigen Woche alles getan!«
    »Sie taten, was Sie tun mußten. Es war schon lange fällig.«
    »Ja, das glaube ich auch, davon bin ich überzeugt. Es hat sich in mir aufgestaut. Ich spürte es schon seit langem, daß sich etwas in mir aufstaute; was ich tat, stimmte nicht mehr zu meinem Gefühl. Ich habe es längst mit mir herumgetragen. Ein Wunder, daß man es mir nicht anmerkte, wie einen Schmerbauch. Und jetzt bringe ich auch noch Ihr Leben durcheinander. Vielleicht ist man mir auf den Fersen.«
    »Zum erstenmal seit Jahren fühle ich mich wieder quicklebendig«, bemerkte Faber. »Ich habe das Gefühl, daß ich tue, was ich schon längst hätte tun sollen. Vorläufig ist alle Angst von mir gewichen, vielleicht weil ich endlich auf dem richtigen Weg bin, vielleicht auch, weil ich unbesonnen gehandelt habe und vor Ihnen nicht als Feigling dastehen möchte. Ich muß wohl noch gewalttätiger werden, damit ich nicht mehr zurück kann, Duckmäuser, der ich bin. Was gedenken Sie zu tun?«
    »Fliehen, immer weiter fliehen.«
    »Sie wissen, daß der Krieg ausgebrochen ist?«
    »Ich hab's gehört.«
    »Herrgott, ist es nicht komisch?« sagte der alte Mann. »Der Krieg scheint so fern, weil wir unsere eigenen Sorgen haben.«
    »Ich bin noch gar nicht zum Nachdenken gekommen.« Montag zog hundert Dollar hervor. »Das bleibt bei Ihnen. Verwenden Sie es nach Gutdünken, wenn ich fort bin.«
    »Aber ...«
    »Bis Mittag bin ich vielleicht schon tot; wenden Sie es gut an.«
    Faber nickte. »Am besten, Sie schlagen die Richtung zum Fluß ein, folgen ihm, und wenn Sie auf die früheren Bahngleise stoßen, folgen Sie diesen. Der Verkehr wickelt sich zwar heute so gut wie ganz in der Luft ab, und die meisten Bahnlinien sind unbenützt, aber die Gleise sind jedenfalls noch da und verrosten. Ich habe mir sagen lassen, es gebe da und dort noch Landstreicherlager, sogenannte Wanderlager, und wenn Sie weit genug gehen und die Augen offen halten ... Zwischen hier und Los Angeles sollen auf den Gleisen eine Menge ehemaliger Akademiker zu treffen sein. Die meisten von ihnen werden in der Stadt polizeilich gesucht, sind aber noch am Leben. Zahlenmäßig sind sie zu unbedeutend, als daß es sich für die Behörden lohnte, sie aufzuspüren. Mit diesen Leuten könnten Sie sich eine Zeitlang zusammentun und dann in St. Louis wieder Verbindung mit mir aufnehmen. Ich reise heute früh mit dem Fünf-Uhr-Bus dorthin, um einen ehemaligen Buchdrucker aufzusuchen, ich wage mich endlich selber ins Freie. Dieses Geld da wird gut angewendet werden. Vielen Dank und Gott mit Ihnen. Wollen Sie ein paar Minuten schlafen?«
    »Ich mache mich lieber auf den Weg.«
    »Wir wollen mal sehen, wie's steht.«
    Er führte Montag rasch in die Schlafkammer und schob ein Bild zur Seite, worauf ein Fernsehschirm von der Größe einer Postkarte zum Vorschein kam. »Ich wollte etwas Kleines, etwas, womit ich mich unterhalten konnte, etwas, das sich mit einer Handfläche wieder zudecken läßt, nichts, was mich niederschreien kann, nichts Überlebensgroßes. Das wär's also.« Er knipste es

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