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Fahrenheit 451

Fahrenheit 451

Titel: Fahrenheit 451 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
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hinweg von Fabers Haus, wiederum die Seitengasse hinunter.
    Bei einem Blick zum Himmel empor sah Montag die Hubschrauber schon näher, ein Schwarm von Insekten, alle von denselben Lichtquelle angezogen.
    Gewaltsam mußte Montag sich klarmachen, daß es nicht ein Stück aus einem Roman war, was er da auf seiner Flucht sah, sondern seine höchstpersönliche Schachpartie, die er Zug um Zug verfolgte.
    Er stieß einen lauten Fluch aus, um sich den nötigen Anstoß zu geben und um von diesem letzten Fenster loszukommen, während drinnen die spannende Geschichte weiterging! Dann war er wieder unterwegs, Seitengäßchen, Straße, Seitengäßchen, Straße, und der Geruch des Flusses. Immer einen Fuß vor den andern.
    Zwanzig Millionen Montags würden es bald sein, wenn ihn die Kameras erfaßten. Zwanzig Millionen Montags, die rannten, immerzu rannten, wie in einer uralten flimmernden Filmgroteske mit Schutzleuten und Einbrechern, Verfolgern und Verfolgten, Jägern und Gejagten, er hatte es schon tausendmal gesehen. Hinter ihm hetzten jetzt zwanzig Millionen lautloser Spürhunde über Zimmerwände, Dreiwinkelaufnahme, von der rechten Wand zur Mittelwand, zur linken Wand und weg, rechte Wand, Mittelwand, linke Wand, weg.
    Montag klemmte sich die Funkmuschel ins Ohr:
    »Polizeimeldung. Die gesamte Bevölkerung im Gebiet der Elmstraße möge sich folgendermaßen verhalten: Jedermann in jedem Haus in jeder Straße öffne eine Haus- oder Hintertür oder schaue zum Fenster hinaus. Der Flüchtige kann nicht entkommen, wenn ein jeder in der nächsten Minute Ausschau hält. Bereit!«
    Natürlich! Warum war man nicht schon längst darauf verfallen! Warum hatte man in all den Jahren nie die Zuschauer selber mitspielen lassen? Jedermann auf, jedermann 'raus! Er konnte nicht entkommen! Der einzige Mensch in der nächtlichen Stadt, der rannte, der einzige, der auf den Beinen war.
    »Es wird bis zehn gezählt. Eins! Zwei!«
    Ihm war, er sehe die Stadt aus den Federn kriechen.
    »Drei!«
    Ihm war, er sehe die Stadt an die Türen eilen.
    Schneller. Immer einen Fuß vor den andern!
    »Vier!«
    Leute, die schlaftrunken durch den Flur taumelten.
    »Fünf!«
    Ihm war, er sehe alle die Hände an den Türklinken.
    Der Geruch vom Fluß her war kühl und greifbar wie ein Regen. In der Kehle stak ihm etwas wie verbrannter Rost, seine Augen waren leergeweint vom Laufen. Er schrie auf, als ob ihm das einen Antrieb geben und ihn über die letzten hundert Meter hinwegschleudern könne.
    »Sechs, sieben, acht!«
    Fünftausend Türen wurden aufgeklinkt.
    »Neun!«
    Er lief von der letzten Häuserreihe weg, einen Hang hinunter, der zu einer dichten, in Bewegung befindlichen Finsternis führte.
    »Zehn!«
    Die Türen gingen auf.
    Er stellte sich vor, wie tausend und abertausend Augenpaare in Höfe, Seitengäßchen und zum Himmel hinauf spähten, stellte sich die Gesichter vor, von Vorhängen verdeckt, blasse, nachtverängstigte Gesichter, wie graue Tiere, die aus Höhlen hervorguckten, Gesichter mit farblos-grauen Augen, grauen Zungen, grauen Gedanken, die aus den fühllosen Gesichtern heraushängen.
    Doch er stand am Fluß.
    Er hielt eine Hand ins Wasser, um sicher zu sein, daß er sich nicht täuschte. Dann watete er hinein und zog sich im Dunkeln bis auf die Haut aus, besprengte sich Körper, Arme, Beine und Kopf mit Whisky. Darauf zog er sich Fabers alte Kleider und Schuhe an. Seine eigenen schleuderte er in den Fluß hinaus und sah zu, wie sie weggeschwemmt wurden. Den Koffer in der Hand, schritt er dann ins Wasser hinaus, bis er den Boden unter den Füßen verlor und im Dunkeln ebenfalls weggespült wurde.
    Er war noch keine dreihundert Meter flußabwärts gekommen, als der Hund am Ufer stand, über sich die fächelnden Flügel der Hubschrauber. Ein Übermaß an Licht fiel auf den Fluß, als wäre die Sonne durch die Wolken gebrochen, und Montag tauchte unter dem Beleuchtungszauber weg und ließ sich fortreißen, ins Dunkel hinein. Die Scheinwerfer drehten ab und zurück aufs Ufer, als hätten sie eine neue Spur gefunden. Und schon waren sie weg. Der Hund war weg. Jetzt gab es nur noch das kalte Wasser und mit einemmal einen großen Frieden, in dem sich Montag treiben ließ, weg von der Stadt und den Scheinwerfern und der Hetze, hinweg von alledem.
    Es kam ihm vor, als habe er eine Bühne und viel Schauspieler hinter sich gelassen. Es kam ihm vor, als habe er die große spiritistische Sitzung mit all den raunenden Geistererscheinungen endgültig hinter

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