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Fahrtenbuch - Roman Eines Autos

Fahrtenbuch - Roman Eines Autos

Titel: Fahrtenbuch - Roman Eines Autos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklas Maak
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ihrem Kopf wankten die Silhouetten zweier Kiefern.
    Er hob den Kopf und sah Tomikos Fußspuren, die eine Zickzackkurve in den nassen Sand gezeichnet hatten und irgendwo den Fußspuren von Jana begegnet waren, die weiter unten am Strand saß. Am Horizont zogen neue Wolken auf, und der Wind wurde kühler.
     
    Draußen im Hof hatten Möwen eine weiße Spur auf der Büste des Großvaters hinterlassen; ein weißes Rinnsal tropfte aus seinem Mund und gab ihm ein gespenstisch lebendiges Aussehen; Yutaka holte einen Lappen und entfernte die Spur.
     
    Percy schraubte an seinem Range Rover herum, und Jana und Tomiko fuhren mit dem Mercedes ins Dorf, um einzukaufen. Jana betrachtete Tomiko; sie hatte dünne, aber muskulöse Oberarme, an ihremUnterschenkel leuchtete die Narbe, die sie sich angeblich bei dem Motorradunfall zugezogen hatte. Am Fenster hetzten Heidekrautbüschel und Strandhafer vorbei.
     
    Auch am nächsten Tag blieb das Wetter schlecht. Das Tief trieb den Regen über die Küsten des Baskenlandes nach Norden. Christian stand vor dem Haus und versuchte, den feuchten Grill anzubekommen, aber der qualmte nur, deshalb warf er die Merguez drinnen in die Bratpfanne. Yutaka und Tomiko aßen frische Austern, die die beiden Frauen auf dem Markt gekauft hatten, und danach gingen sie duschen. Als Christian später den Tisch abdecken wollte, rasten sie wie zwei verrückte Kinder durch die Bibliothek; sie hatten die afrikanischen Masken aufgesetzt und schrien, als seien sie wahnsinnig; bis auf die Masken waren sie nackt. Als sie ihn sahen, warfen sie die Masken von sich und rannten die Treppe hinauf.
     
    Christian Minderberg war nervös. Obwohl er nicht abergläubisch war, beunruhigte ihn die Verkettung von Seltsamkeiten und Missgeschicken. Die verbrühte Hand, der verlorene Autoschlüssel, der sich am Ende in einer Schublade wiedergefunden hatte, in die ihn aber keiner getan haben wollte, dann die seltsame weiße Frau, die alle gesehen hatten, obwohl sie im nächsten Augenblick verschwunden war, dazu die verdammten Masken, die ihn von den Wänden anstarrten, wenn er nachts zur Toilette musste: Jedes Vorkommnis für sich war erklärbar; und trotzdem … dass er nachts von der weißen Frau träumte und mehrfach schweißgebadet aufgewacht war, erzählte er keinem außer seiner Frau, die es dann nach einigen Armagnacs am Kamin allen erzählte. Es sei doch rührend: Der arme Christian träume, seit die Maske im Haus sei, immer so schlimme Sachen, er habe ja so eine blühende Phantasie, das sehe man ihm gar nicht an – und vorhin habe sie ihn sogar mit Büchern über Schadenszauber erwischt!
     
    Es wurde wieder wärmer, aber diesmal war es eine schwüle Hitze; die Sonne schien durch einen dunstigen Filter, und über dem Meer zogeine Gewitterfront auf. Tomiko nahm den Mercedes und fuhr in den Pinienwald, um noch vor dem Wolkenbruch trockenes Feuerholz zu holen. Jana begleitete sie. Hinter den Dünen, wo die Waldarbeiter ein paar frische Pinien geschlagen hatten, roch es nach Harz und warmem Holz und Ginster und Heide. Der Waldboden war mit Farnkraut und trockenen, braunen Nadeln bedeckt, die knisterten, wenn man auf sie trat. Tomiko sammelte die großen Späne und Nadeln ein und warf sie zusammen mit ein paar Pinienzapfen in den Kofferraum. Danach fuhren sie bis zum Ende der Sandpiste und holten das ausgeblichene Treibholz, das die Winterstürme an den Dünensaum gespült hatten. Sie nahmen auch lackierte Planken und bedruckte Holzkisten mit, die im Kamin bunte Flammen auflodern ließen. In den Dünen wuchsen wilde Lupinen und Brombeeren; Tomiko pflückte ein paar und bot sie Jana im Auto an. Sie erzählte, dass Yutaka und sie damals, als sie noch zur Schule gingen, in den Ferien immer die gleichen Sachen angezogen und dann die Jungs im Discozelt verwirrt hatten; erst tanzte Tomiko mit einem von ihnen, dann holte sie sich eine Orangina an der Bar und erzählte Yutaka, was sie erfahren hatte; dann ging er auf die Tanzfläche und tanzte mit demselben Jungen und behauptete, das könne ja wohl nicht sein, eben habe er ihm doch schon erzählt, dass er soundso heiße und dies und das mache.
     
    Als sie zurückkamen, stand Christian Minderberg in einer Ecke des Hofes, wo er Empfang hatte, und telefonierte hektisch; er hatte einen roten Kopf und war sichtlich durcheinander. Sie gingen ins Wohnzimmer, um das Holz abzuladen. Yutaka lag auf dem Sofa und grinste. Mit einem erstaunlich energischen Sprung kam er hoch und machte den Kamin

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