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Faktotum

Faktotum

Titel: Faktotum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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würde Whisky horten in meinem Schreibtisch. Ich würde eine Frau haben, mit Oberweite 115 und einem Arsch, bei dessen Anblick dem Zeitungsjungen an der Ecke einer in der Hose abgehen würde. Ich würde sie betrügen, und sie würde es wissen und den Mund halten, um weiter in meinem Haus und meinem Wohlstand leben zu können. Ich würde Männer entlassen, nur um ihren betretenen Gesichtsausdruck sehen zu können. Ich würde Frauen rausschmeißen, die es nicht verdienten, rausgeschmissen zu werden.
    Ein Mann mußte auf etwas hoffen können. Mehr brauchte er nicht. Wenn es nichts für ihn zu hoffen gab, wurde er mutlos. Ich erinnerte mich an meine Zeit in New Orleans, als ich mich oft wochenlang von zwei Schokoladenriegeln ernährte, das Stück zu 5 Cents, nur um schreiben zu können und nicht arbeiten zu müssen. Doch Hungern hatte bedauerlicherweise nicht zur Folge, daß man besser schrieb. Eher schlechter. Die Seele eines Mannes bezog ihre Energie aus seinem Bauch. Nach einem Porterhouse-Steak und einer Flasche Whisky konnte ein Mann viel besser schreiben als nach einem Schokoladenriegel für 5 Cents. Der Mythos vom hungerleidenden Künstler war ein Schwindel. Wenn man erst einmal dahintergekommen war, daß alles ein einziger Schwindel war, dann wurde man schlau und begann seine Mitmenschen auszupowern und zu bescheißen. Ich würde ein Empire bauen auf den zerschundenen Körpern und dem zertretenen Leben wehrloser Männer, Frauen und Kinder – ich würde ihnen voll einen reinwürgen. Denen würde ichs zeigen!
    Ich war vor meiner Pension angelangt. Ich ging die Treppe hinauf und zur Tür meines Zimmers. Ich schloß die Tür auf, knipste das Licht an. Mrs. Downing hatte meine Post neben die Tür gelegt. Ein großer brauner Umschlag von Gladmore war dabei. Ich hob ihn auf. Er war schwer. Lauter abgelehnte Manuskripte drin. Ich setzte mich hin und machte den Umschlag auf.
    Sehr geehrter Mr. Chinaski:
    Wir geben Ihnen diese vier Stories zurück, behalten jedoch ›Meine Seele in ihrem Bierrausch macht eine traurigere Figur als alle toten Weihnachtsbäume auf der Welt‹. Wir verfolgen Ihre Bemühungen schon seit langem, und wir freuen uns sehr, diese Story zur Veröffentlichung annehmen zu können.
    Mit freundlichen Grüßen, Clay Gladmore
    Ich stand auf, den positiven Bescheid immer noch in der Hand. MEIN ERSTER. Von der führenden Literaturzeitschrift in Amerika. Nie hatte die Welt so gut ausgesehen, so voller Verheißung. Ich ging hinüber zum Bett, setzte mich darauf und las das Schreiben noch einmal. Ich betrachtete mir jeden einzelnen Schlenker von Gladmore’s Unterschrift. Ich stand auf, ging damit zur Kommode und stellte es dort aufrecht hin. Dann zog ich mich aus, knipste das Licht aus und ging zu Bett. Ich konnte nicht einschlafen. Ich stand wieder auf, machte das Licht an, ging hinüber zur Kommode und las es noch einmal: Sehr geehrter Mr. Chinaski …

30
    Ich begegnete Gertrude oft auf dem Flur. Wir sprachen miteinander, aber ich lud sie nicht wieder ein. Sie stellte sich immer ganz dicht vor mich hin, wiegte sich leicht hin und her, und gelegentlich kam sie auf ihren sehr hohen Absätzen ins Straucheln, als sei sie betrunken. An einem Sonntagmorgen fand ich mich mit Gertrude und Hilda draußen im Vorgarten. Die Girls machten Schneebälle, bewarfen mich damit und kreischten vor Vergnügen. Da ich bisher nie in einer Gegend gelebt hatte, wo es Schnee gab, brauchte ich erst einmal eine Weile, bis ich heraus hatte, wie man einen Schneeball machte und damit warf. Gertrude kreischte und hatte glühend rote Backen. Sie war zum Anbeißen. Sie strahlte und ihre Augen blitzten. Einen Augenblick lang war mir danach, zu ihr hinzugehen und sie zu packen. Aber ich ließ es sein, drehte mich um und ging die Straße hinunter, während die Schneebälle an mir vorbeizischten.
    Junge Männer kämpften in Europa und China, auf den Inseln im Pazifik. Wenn die nach Hause kamen, würde sie einen finden. Für sie würde das gar kein Problem sein. Nicht mit dem Körper. Nicht mit diesen Augen. Sogar Hilda würde keinerlei Schwierigkeiten haben.
    Allmählich bekam ich das Gefühl, daß es an der Zeit war, St. Louis zu verlassen. Ich beschloß, zurück nach Los Angeles zu gehen. Inzwischen schrieb ich weiterhin zu Dutzenden meine Short Stories in Druckbuchstaben, betrank mich, hörte mir Beethovens Fünfte an, die Zweite von Brahms …
An meinem letzten Tag ging ich nach Feierabend in eine
    Kneipe, die am Weg lag. Ich trank fünf

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