Falaysia - Fremde Welt: Band 1 (German Edition)
zugefügt worden, was unverzeihlich ist und die Vergangenheit ist so unglaublich schmerzhaft, dass du nicht darüber sprechen willst…“ Sie holte kurz Luft.
„Glaub mir, ich… ich habe sehr viel Verständnis dafür, dass du über diese gewiss sehr privaten Dinge ganz bestimmt nicht mit einer Fremden sprechen willst, aber ich… ich bin verzweifelt, Leon. Auch wenn ich das vielleicht nicht nach außen dringen lasse. Mir geht es nicht gut mit… mit dieser Sache hier…“ Sie holte erneut Atem, nun schon etwas stockender und ihre Augen glitzerten verdächtig.
„So etwas habe ich noch nie erlebt. Und ich bin genauso unschuldig an all dem wie du. Ich bin hier ganz allein und im Gegensatz zu dir, habe ich nicht blassen Schimmer, was hier vor sich geht. Dass ich nicht durchdrehe, liegt nur daran, dass ich mir immer wieder sage, dass du mir das alles schon früher oder später erklären wirst, dass es eine logische Erklärung für das alles gibt . Also, bitte – bitte , versuch dich nicht auch noch an mir abzureagieren und versprich mir, dass du irgendwann – es muss nicht heute sein – meine dringendsten Fragen beantworten wirst. Kannst du… kannst du das tun?“
Leon war sprachlos. Sein Mund öffnete und schloss sich wieder, ohne dass auch nur ein Geräusch herausgekommen war. Doch dann nickte er etwas verschämt.
Für ein paar Minuten waren wieder nur die Geräusche des Waldes um sie herum und das gelegentliche Schnauben der Pferde zu hören, dann räusperte sich Leon wieder, sah Jenna vorsichtig von der Seite an.
„Es… es tut mir leid“, sagte er leise und meinte es so. „Ich bin nur nicht mehr daran gewöhnt… an… an Gesellschaft, weißt du…“
Ihre Mundwinkel hoben sich zu einem verzeihenden Lächeln und auf einmal war es gar nicht mehr so schwer, dieses Lächeln zu erwidern.
„Wir werden uns schon irgendwie zusammenraufen“, gab sie leise zurück. „Ich bin eigentlich ganz nett.“
Aus Leons Lächeln wurde, ohne es zu wollen, ein verlegenes Grinsen. „Ich eigentlich auch. Das war ich jedenfalls mal vor ein paar Jahren.“
Sie lachte, ein warmes, offenes Lachen, das tief in seinem Inneren ein ebenso warmes Glühen entfachte, das er eigentlich geglaubt hatte, für immer verloren zu haben.
„Vielleicht sollten wir uns darum bemühen, es auch zu einander zu sein“, schlug sie schmunzelnd vor. „Das könnte vieles leichter machen.“
„Einverstanden“, sagte er und versuchte aus einem ihm nicht verständlichen Impuls ihr über die Pferdehälse hinweg die Hand zu reichen. Es war nicht leicht für Jenna seine Hand zu erwischen, aber als sie sie endlich zu fassen bekam, drückte sie diese sanft und es fühlte sich erstaunlich gut an – Mut machend, Hoffnung erweckend…
„Freunde?“ fragte er leise und sah ihr tief in die Augen. Es waren schöne Augen, groß und klar, dunkelblaue Augen, die so viel Wärme ausstrahlten, dass ihm ein leichter Schauer den Rücken hinunterrieselte.
„Freunde“, bestätigte sie mit einem Nicken und er ließ ihre Hand langsam wieder aus der seinen gleiten. Es war seltsam, aber er tat es nicht gern.
„Ein Problem hätten wir da aber noch“, sagte sie plötzlich.
Leon sah sie überrascht an.
„Ich brauche mehr Pausen.“
Er lachte erleichtert. „Das… ist gar kein Problem.“
N achtblind
„L eon?“
Jenna war durch irgendetwas aus ihrem leichten Schlaf gerissen worden und sah sich irritiert nach ihrem Weggefährten um. Er hatte sich doch am Abend neben sie gelegt. Die Decke lag noch an derselben Stelle, doch von ihm war weit und breit nichts zu sehen, jedenfalls nicht innerhalb des Lichtkegels, der durch das kleine Lagerfeuer vor ihr entstand.
„Leon?!“ rief Jenna noch einmal und sah sich mit klopfendem Herzen noch einmal um. Sie lauschte angestrengt in die Stille der Nacht hinein, doch sie konnte keine Geräusche ausmachen, die von einem Menschen stammen konnten. Keine Stimme, die ihr antwortete, keine knackenden Schritte im Unterholz. Überhaupt war es beängstigend still.
Jenna bekam es langsam mit der Angst zu tun. Wo konnte Leon mitten in der Nacht hingegangen sein? Hatte er sie etwa allein zurückgelassen, hatte die Flucht ergriffen, weil er sie nicht mehr an seiner Seite ertragen konnte? Aber sie hatten sich doch heute so gut verstanden, hatten so viel gelacht und herumgealbert, so viel geredet, sich endlich besser kennengelernt. Sie hatte den Eindruck gehabt, als hätte er sie ein klein wenig ins Herz geschlossen,
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