Falaysia - Fremde Welt: Band 1 (German Edition)
spähte sie immer wieder in die Dunkelheit um sie herum, um sich dann wieder mit ihren Augen an der Silhouette Leons festzuklammern.
Erneut zuckte Jenna zusammen, aber dieses Mal war es kein Geräusch gewesen, das sie so erschreckt hatte, sondern eine Bewegung, die sie unmittelbar in ihrer Nähe wahrgenommen hatte. Sie blieb ruckartig stehen und sah mit wild schlagendem Herzen genauer hin. Nein, da war nichts. Sie musste sich getäuscht haben. Sie wandte sich um und erstarrte. Leon war nirgendwo mehr zu sehen. Nur in der Ferne vernahm sie die leisen Geräusche seiner Schritte. Sie rannte los. Sie musste ihn unbedingt einholen. Allein hielt sie es hier nicht aus. Sie musste ihn wenigstens sehen können! Doch so schnell sie auch lief, sie konnte ihn nicht wieder entdecken. Dennoch lief sie weiter. Die Verzweiflung trieb sie vorwärts, ließ sie alle Vorsicht vergessen. Sie dachte nicht mehr an die Gefahren, die überall lauern konnten, sondern nur noch daran, nicht den einzigen Menschen, der ihr in dieser Welt helfen konnte, zu verlieren.
Jenna unterdrückte einen Aufschrei, als sie auf einmal stolperte und stürzte.
„Verdammte Sch… ande“, fluchte sie leise und richtete sich halbwegs auf. Trotz des relativ weichen mit Laub bedeckten Bodens war Sturz relativ hart gewesen und ihr taten sämtliche Knochen weh. Sie wischte ihre aufgeschürften, schmutzigen Hände an ihrer Kleidung ab, hob dann panisch den Blick und fuhr zusammen. Da waren zwei Füße vor ihr auf dem Boden, die in zwei kräftige, in dunkles Leinen gekleidete Beine übergingen. Und da war ein Schwert, dessen Spitze direkt auf ihr Gesicht wies.
Jenna wagte es nicht, den Blick weiter zu heben. Sie konnte es auch gar nicht. Eine eisige Klaue hatte nach ihrem Herzen gegriffen und lähmte so ihren ganzen Körper.
„Voi-a, shu had-we ke ta?“ fragte eine grollend tiefe Stimme. Eine Stimme, die sie nicht kannte, die lauernd und bedrohlich klang.
Die Angst füllte nun Jennas ganzen Körper aus. Sie fühlte sich ganz leer und schrumpfte innerlich unglaublich zusammen, während ihr Herz wild bis hinein in ihren Hals schlug, in ihren Schläfen pochte.
„Had-te le?“ vernahm sie eine andere Männerstimme nicht allzu weit von ihr entfernt.
„Ta“, sagte die tiefe Bassstimme vor ihr. „Fero sil ido sar-e jag.“
Jenna bemerkte, dass sich das Schwert vor ihr gesenkt hatte, und sah nun doch vorsichtig auf.
Es war einer dieser schrecklich wild aussehenden Krieger, die sie vor den Toren Xadreds und in der Stadt selbst gesehen hatte. Doch er trug, soweit sie das bei den schwierigen Lichtverhältnissen erkennen konnte, keine Rüstung, wie sie es zuvor oft gesehen hatte, sondern nur ein vergilbtes, weit aufgeknöpftes Hemd, aus dem einige seiner reichlichen Brusthaare hervorquollen. Sein langes, helles Haar hing zottelig über seinen breiten Schultern und machte einen sehr jämmerlichen Eindruck. Der Krieger kratzte sich an seinem wild wuchernden Bart. Er sah sie nicht an, sondern suchte die Umgebung sehr konzentriert mit seinen Augen ab und fragte dann seinen Kameraden etwas mit seiner gewaltigen Stimme.
Die Antwort kam schnell und für Jenna genauso unverständlich wie alles andere, was die beiden Männer bisher gesagt hatten. Dann hörte sie, wie sich auch der andere Mann ihr näherte, seinem Freund dabei etwas in dieser seltsamen Sprache mitteilend.
Der Blonde schüttelte den Kopf und antwortete, während Jennas Angst weiter wuchs. Jetzt konnte sie den anderen Krieger ebenfalls sehen. Er war nicht sehr groß, aber ziemlich kräftig. Auch er trug einfache Kleidung, keine Rüstung, was wohl bedeutete, dass die Krieger heute Nacht nicht damit gerechnet hatten, jemanden in diesem Wald anzutreffen. Umso erfreuter schien dieser merkwürdige Geselle darüber zu sein, sie hier gefunden zu haben. Er zeigte mit einem boshaften Grinsen seine schlechten Zähne und ging so nah an Jenna heran, dass er sie auch in der Dunkelheit gründlich betrachten konnte. Es war ein hässlicher Kerl. Er hatte dunkles, kurzes Haar, buschige Augenbrauen und einen ziemlich schlecht gestutzten Bart. Seine Nase war groß und krumm – Jenna vermutete, dass jemand sie ihm mal gebrochen hatte – und ein goldener Ring war durch das eine Nasenloch gezogen worden. Jenna hatte Angst vor diesem Mann, mehr noch als vor dem großen Krieger, denn er wirkte nicht ganz normal.
Der große Kerl sagte wieder etwas und sein Tonfall hatte etwas Mahnendes, leicht Besorgtes an sich, das
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