Falco Die Biografie
Platin, auch das erreichte FALCO. Seine Plattenkäufer, das weiß er inzwischen, sind junge Leute, vielleicht 15, 16 Jahre alt. »Inzwischen ist es vonseiten der Industrie auch in Mode gekommen, verschiedene Nummern in unterschiedlichen Plattenversionen anzubieten. Wir haben beispielsweise von ›Amadeus‹ eine 7 Inch, eine 12 Inch und einen Salieri-Mix gemacht, das heißt, vom Start weg hatten wir drei verschiedene ›Amadeus‹-Versionen.«
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FALCO hat sich schon oft Gedanken darüber gemacht, ob er jemals spürte, dass ein Lied, das er gerade aufnahm, ein Hit werden würde. Er zweifelte oft daran. Anders bei »Jeanny«.
»Da war«, bestätigt auch Hans Mahr, »von vornherein klar, dass das Lied ein Hit werden würde. Und zwar abgesehen von all dem Streit, den Diskussionen und der Zensur bei manchen Rundfunkanstalten, die Hand in Hand mit der Auskoppelung von ›Jeanny‹ gingen.« Nun, ganz so war es nicht. In der Ursprungsversion handelte der Song von einem Mädchen, das wegen seinem Freund daheim Stress bekommt und durchbrennt. Als FALCO die erste Demoversion hört, kommt er schnell zu einem Schluss: »Die Musik ist toll, aber der Text ist so lauwarm, das sing ich nicht.« Er wollte das Band schon zurückschicken, doch Horst Bork widersprach: »Hör mal, der Refrain ist mörderisch, überleg es dir doch noch mal.«
Da ging Hans Hölzel daran, sich mit Musik und Text detailliert auseinanderzusetzen. Bork: »Die Verse wurden anders … und auch irgendwie ohne rechten Zusammenhang. Und dann kam seine Idee mit der Schlusszeile: ›Sie kommen mich zu holen, sie werden dich nicht finden.‹« Die Verse allein hätten nicht so viel bewirkt, im Kontext mit den Videobildern jedoch, die bald darauf gedreht wurden, besonders mit dem Schlussbild FALCOS in einer weißen Zwangsjacke, wurde aus Musik, Lyrics und Bildern ein sehr erschreckendes, bedrohliches Gesamtwerk, das die Menschen dann automatisch mit einer Straftat in Zusammenhang brachten. Horst Bork: »Wenn man es genau analysiert, wird man erkennen, dass ›Jeanny‹ an und für sich ein sehr harmloser Song ist. ›Sie kommen dich zu holen, niemand wird dich finden. Du bist bei mir.‹ Heißt das, dass sie tot ist? Nein. Sie ist durchgebrannt.« Mit den dazugehörigen Videobildern erhielt der Song das, was FALCO »Schärfe« nannte. Und jetzt war auch er von dem Song überzeugt.
FALCO: »An ›Jeanny‹ glaubte ich ganz fest. Ich war so vom Erfolg überzeugt, dass ich auch meine Taktik mit den Auskoppelungen durchbrachte. Für gewöhnlich ist es üblich, dass man ein Lied als Single auskoppelt, von dem man ahnt, es könnte ein Hit werden. Und dann trumpft man als Nächstes entweder mit einem noch größeren Hit auf oder die Auskoppelung ist schwächer, und damit hat sich’s, das Album gerät langsam in Vergessenheit.«
Bei »FALCO 3« beschritt Hans Hölzel einen neuen Weg. »Ich ließ nach ›Amadeus‹ auch ›Vienna Calling‹ auskoppeln, ein Song, der nicht schlecht, aber eher eine flache Nummer ist.« Immerhin – 350.000 Singles wurden wieder verkauft, sowohl in der Hitparade Luxemburgs als auch Österreichs und der Bundesrepublik Deutschland lag »Vienna Calling« vorn. (Das hervorragende Video dazu wurde übrigens nicht in einem Wiener Café, sondern im Café Reitschule in München gemacht.)
FALCO: »Aber der Verkauf der neuen Single reichte nicht mehr für eine Goldene Schallplatte, und viele sagten bereits, aha, dem Kerl ist nach ›Amadeus‹ wieder die Luft ausgegangen, jetzt wird es passieren wie nach dem ›Kommissar‹, jetzt braucht er wieder ein paar Jahre, ehe er sich erholt.«
Als »Jeanny« auf den Markt kommt, gibt es einen Skandal. Der Wirbel fängt – genau genommen – mit einer Nachrichtensendung im ZDF an, dem »heute journal«, das von vielen Millionen Deutschen gesehen wird. Dieter Kronzucker, der damals die Sendung moderierte, sagte am Anfang der Nachrichtensendung: »Ich hörte ›Jeanny‹ zufällig im Autoradio auf dem Weg ins Studio und war entsetzt. Denn in diesem sogenannten Hit geht es ganz augenscheinlich um die Entführung, Vergewaltigung und Ermordung einer 19-Jährigen.«
Eine deutsche Illustrierte schrieb darüber: »Dieter Kronzucker wirkte, während er dies sagte, so tief betroffen und persönlich engagiert, wie man den sonst so souveränen ehemaligen ZDF-Korrespondenten aus Washington gar nicht kennt.«
Die Gründe für die Betroffenheit des Moderators lagen auf der Hand. Sechs Jahre zuvor waren seine beiden
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