Falco Die Biografie
Töchter – Susanne, damals 15, und Sabine, damals 13 – und deren Vetter von italienischen Kidnappern entführt und 68 schreckliche Tage lang gefangen gehalten worden, ehe sie nach einer Lösegeldzahlung in Millionenhöhe freigelassen wurden.
Während Kronzucker im ZDF seine Anklage gegen den Song sprach, flimmerte hinter ihm per Blue Box das Video.
Die (längst eingestellte) Illustrierte Quick beschrieb in einer Titelgeschichte über FALCOS »schaurigen Song« das Video so: »Ein blutjunges Mädchen malt sich mit Lippenstift einen knallroten Mund. Signal für einen finsteren Typen, das junge, bildhübsche Ding anzumachen. Das Ende vom Liebeslied: Das Mädchen Jeanny liegt auf dem Waldboden, vom Regen durchnässt, ohne Schuhe; später im weißen Kleid aufgebahrt zwischen brennenden Kerzen. Wurde sie vergewaltigt, ermordet, oder war alles nur ein fantastischer Albtraum?«
»Jeanny« wurde von der 15-jährigen Schülerin Theresa Guggenberger gespielt, die nach einem Casting bei ihrer Modellagentin »völlig überraschend« für den Part ausgewählt worden war. Die Dreharbeiten, teilweise in den riesigen Wiener Kanalisations-Grotten unter der Erde, die schon Orson Welles als Kulissen für seinen Film »Der dritte Mann« gedient hatten, dauerten drei Tage, meist wurde zwölf Stunden oder länger gearbeitet. Theresa Guggenberger sagte nachher: »FALCO war zu mir immer wahnsinnig nett. Ich habe seine Leistung bewundert. Nicht nur von der Stimme her, er hat auch große schauspielerische Fähigkeiten.«
Theresa Guggenbergers Eltern hatten einen Antiquitätenladen in Salzburg, sie selbst studierte in Wien Musical und bekam für die Dreharbeiten 14.000 Schilling.
Aber wenn man nach dem Videoclip auch nicht absehen konnte, ob das Mädchen Jeanny umkommt oder nicht, so schien der Text – zumindest dem Fernsehmann Dieter Kronzucker – eindeutig zu sein.
FALCO singt: »Jeanny, komm, come on, steh auf, bitte, du wirst ganz nass, schon spät, komm, wir müssen weg hier, raus aus dem Wald, verstehst du nicht? Wo ist dein Schuh? Du hast ihn verloren, als ich dir den Weg zeigen musste. Wer hat verloren? Du dich? Ich mich? Oder wir uns? Jeanny quit living on dreams. Life is not what it seems. Such a lonely little girl in a cold, cold world, there’s someone who needs you … You lost in the night, don’t wanna struggle and fight. Es ist kalt, wir müssen weg hier. Komm … dein Lippenstift ist verwischt, du hast ihn gekauft und ich habe es gesehen. Zu viel Rot auf deinen Lippen. Und du hast gesagt: ›Mach mich nicht an!‹ Aber du warst durchschaut. Augen sagen mehr als Worte. Du brauchst mich doch, hmmm? Alle wissen, dass wir zusammen sind ab heute. Jetzt hör ich sie, sie kommen, sie kommen, dich zu holen. Sie werden dich nicht finden. Niemand wird dich finden, du bist bei mir.«
Am Ende erklang noch die Stimme des deutschen Tagesschausprechers Wilhelm Wieben, der kühl sagt: »In den letzten Monaten ist die Zahl der vermissten Personen dramatisch angestiegen. Die jüngste Veröffentlichung der lokalen Polizeibehörden berichten von einem weiteren tragischen Fall. Es handelt sich um ein 19-jähriges Mädchen, das zuletzt vor 14 Tagen gesehen wurde. Die Polizei schließt die Möglichkeit nicht aus, dass es sich hier um ein Verbrechen handelt.«
Kronzucker forderte im »heute journal« noch, dass die Rundfunkanstalten darauf verzichten sollten, dieses Lied zu senden.
Und tatsächlich fing am nächsten Tag quer durch die Bundesrepublik ein Boykott von »Jeanny« an. Am schnellsten reagierte man beim Bayerischen Rundfunk. »Ich finde die Platte geschmacklos, so etwas hat in unserem Programm nichts verloren«, äußerte sich der Programmdirektor und kippte den Hit aus dem Programm. Auch beim Hamburger NDR zog man die Konsequenzen: »Weil sich Hunderte von Hörern bei uns beschwerten«, gab ein Redaktionssprecher bekannt, »wird der Song nicht mehr gespielt werden.« In Hessen löste man den Problemfall »Jeanny« anders: »Es gibt kein generelles Verbot«, sagte man dazu, »aber bevor die Platte gespielt wird, kündigt sie der Diskjockey mit erklärenden Worten an.«
Auch in Berlin verkniff man es sich, »Jeanny« beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu senden.
Am schlimmsten griff jedoch Thomas Gottschalk in einer Kolumne in der »Münchner Abendzeitung« FALCO an. Er schrieb unter anderem: »Ein Wiener Würstchen produziert Schwachsinn. … FALCO hat mit ›Amadeus‹ bewiesen, dass er voll im Trend liegt. Er ist ein
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