Falco Die Biografie
Zeit so gut, dass die Moderatorin, Stefanie Tücking, Hans in die Sendung einladen musste.
Sein Lied lag an der Spitze und für die Rundfunkleute war die Situation recht prekär: Sollten sie darauf verzichten, in der 100. Sendung den Spitzentitel der Charts spielen und sich damit vorwerfen zu lassen, puritanisch zu sein, oder sollten sie das Lied senden und sich damit in Opposition zum Hörfunk zu stellen, der den Song auf die schwarze Liste gesetzt hatte?
Der Moderatorin war klar, dass sie den Song auf keinen Fall unkommentiert lassen konnte, deshalb produzierte sie mit FALCO vorab ein Interview.
Beide, Stefanie Tücking und FALCO, erschienen mit dunk-len Hüten und in dunklen Mänteln vor der Kamera, und Stefanie fragte FALCO: »Du warst in Urlaub, als deine Single Nummer eins wurde und das ganze Theater hier in Deutschland losging.«
FALCO: »Ich war in den Ferien, hab aber ein gerüttelt Maß von dem Zirkus, der da abging, mitgekriegt. Ich muss das jetzt erst noch ein bisschen nachlesen in den verschiedenen Gazetten. Zu dem, was da alles passiert ist, kann ich nur sagen: Ich halte dieses ganze Spiel für äußerst überzogen und übertrieben. Ich meine, über Geschmack lässt sich ja bekanntlich nicht streiten. Es gibt Leute, die haben welchen, und es gibt Leute, die haben keinen.«
Er sagte noch: »Das Lied ist ein Liebeslied, das so konzipiert und durchgeführt wurde, dass es sicherlich interpretierbar ist. Die wenigen Leute, diese Minderheit, die meint, hier ein eindeutiges Gewaltverbrechen oder sonst irgendetwas drin erkennen zu müssen, haben einen wesentlich schaurigeren Geschmack, als es im Sinne des Erfinders war.«
Eineinhalb Stunden vor Beginn der Livesendung kommt es zu dem Eklat, als sich der Fernsehdirektor Helmut Oeller einmischt und nicht nur die Ausstrahlung des Songs verbietet, sondern auch verlangt, dass das Interview mit FALCO nicht gesendet wird.
Die Moderatorin Stefanie Tücking war wie vor den Kopf gestoßen. Sie sagte: »Wenn man ein Lied nicht bringt, mag das ja okay sein. Aber ich finde es nicht richtig, einem Künstler zu verwehren, seine Meinung zu sagen. Die Statements rauszuschneiden ist ein starkes Stück.«
Stefanie Tücking entschloss sich dann, in der Livesendung den Text ihres Interviews mit FALCO einfach vom Blatt vorzulesen. Sie sagte dazu: »Selbst wenn ich Schwierigkeiten bekommen würde, ich würde es immer wieder so machen.« Doch merkwürdigerweise hielt in dem Fall der Fernsehdirektor still, es gab nicht einmal einen Verweis für die »Formel-Eins«-Macherin. »Wir geben einem Moderator bei einer Livesendung Spielraum«, erklärte man dann beim Bayerischen Rundfunk, »der Alleingang von Frau Tücking wird bei uns nicht mehr diskutiert.«
Ganz anders reagierte der Hessische Rundfunk, der ebenfalls »Formel Eins« in seinem dritten Programm bringt. Dort wurde die Sendung ohne Schnitte mit »Jeanny« gebracht und ein Redaktionssprecher sprach sogar von »einem Trara in Bayern, das wir blöd finden«. Doch nicht genug mit diesen Auseinandersetzungen; – einige Leute bei der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften stellten sogar den Antrag, »Jeanny« auf den Index zu setzen und damit zu indizieren. »Ein doppelbödiger Gedanke«, sagte FALCO dazu, »denn die Platte darf weiter verkauft werden, sie darf nur nicht öffentlich ver-kauft werden. Das ist, wie wenn einer sagt, er bezahlt Steuern, nur bezahlt er die schwarz. Das ist doch Unsinn.«
Unter anderem hatte das Jugendamt in Freising, dem Bischofssitz vor München, einen Indizierungsantrag gestellt. FALCO war verblüfft: »Da wird die Diskussion von den Leuten dauernd am Kochen gehalten und mir wirft man dann vor, ich würde an der Nachfrage, die damit geweckt wird, verdienen.«
Er sagte auch: »Die erste und letzte Schallplatte, die bis heute in der Bundesrepublik indiziert wurde, war im Jahr 1958 eine Platte mit Reden von Adolf Hitler, die deutlich neonazistische Tendenzen hatte.
Ich wehre mich dagegen, den Leuten ›99 Luftballons‹ und Ähnliches vorzusetzen, so etwas liegt mir nicht, und ich halte es für absolut moralisch, auch einmal Texte zu singen, die zwiespältig sind, über die man diskutieren muss. Es ist, finde ich, mein gutes Recht, so etwas zu machen.«
Es dauert bis zum 13. März, ehe sich die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften zu den Anträgen äußert. Von vornherein wird ein Verkaufsverbot der Platte abgelehnt. Die Bundesprüfstelle kommt zu dem Schluss: »Die
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