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Falkengrund Nr. 34

Falkengrund Nr. 34

Titel: Falkengrund Nr. 34 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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verlieh?
    „Ich glaube, wir haben uns gegenseitig viel zu erklären“, begann Sir Darren vorsichtig.
    Carnacki nickte. Wie benommen gingen sie gemeinsam in den Raum, der sich an den Geheimgang anschloss. Dort erwartete den Besucher ein Gewirr aus elektrischen Apparaturen – nach wie vor dominierten Vakuumröhren die Arbeit Carnackis, doch sie waren kleiner geworden, und es gab sie in Dutzenden von Formen. Einige davon muteten wie Waffen an, andere wie Accessoires, die man sich an die Kleidung steckte. Der Geisterfinder hatte sich unter dem Haus, das er einst bewohnt hatte, ein Domizil eingerichtet, ein Labor und eine Werkstatt. Unter diesen Umständen war es leicht zu erraten, warum es hieß, im Haus spuke es. Die seltsamen Geräusche, Lichtreflexe und Gerüche mussten von den Arbeiten und Experimenten herrühren, die Carnacki in seinem geheimen Untergeschoss durchführte. Nicht einmal die Maklerin, die das Haus vermietete, wusste davon.
    Sir Darren war nicht schwer von Begriff, aber er brauchte einige Zeit, um sich auf die Situation einzustellen. Damit, Carnacki lebend anzutreffen, hätte er im Traum nicht gerechnet. „Ich bin ebenso überrascht wie Sie“, gestand der Geisterfinder.
    Sie waren so aufgeregt, dass sie nicht daran dachten, sich zu setzen oder etwas zu trinken. In kaum zusammenhängenden Satzfetzen versuchte Carnacki etwas zu übermitteln, worüber er fast ein Jahrhundert lang mit niemandem gesprochen hatte, und Sir Darren ging es nicht anders. Was er von Carnacki erfuhr, war unglaublich:
    Als er in den Lake Easton stürzte, um sich vor dem Feuer zu retten, das auf seinem Boot ausgebrochen war, versank er trotz Schwimmweste in dem veränderten Wasser. Einige Yards unter der Oberfläche traf er mit dem Schattenwesen zusammen. Es schien in dem übernatürlichen Lichtkegel gefangen zu sein, den das Elektrische Pentakel erzeugte. In der Nähe des Schattens wurden Carnackis Körperfunktionen beeinträchtigt. Als der Geisterfinder im Kampf auf Leben und Tod nach dem Schatten griff, war es, als tauchten seine Hände in ein Energiefeld. Und dann ertastete er etwas Massives, ein kleines Kästchen. Ohne Absicht entriss er es seinem Gegner, und einen Augenblick später erlosch das Licht – Trent Holburn hatte das Pentakel abgeschaltet. Der Auftrieb zerrte Carnacki an die Oberfläche. Er verlor das Bewusstsein, hatte das Kästchen jedoch vorher noch in seiner Hosentasche verstaut. Was mit dem Schatten geschah, wusste er nicht. Vielleicht löste er sich auf oder sank auf den Grund hinab. Vielleicht gelang ihm auch die Flucht.
    „Der Schatten hatte einen übergroßen Kopf mit einer Art Geweih“, bemerkte Sir Darren. „Und seine Bewegungen sahen aus, als würde er von einem Stroboskop beleuchtet.“
    „Das hat Ihnen Holburn geschildert!“, meinte Carnacki überrascht.
    „Nein. Ich bin diesen Wesen auch begegnet. Nicht damals, erst vor wenigen Monaten, zu Halloween letztes Jahr.“ Strenggenommen hatte er die Schatten nicht mit eigenen Augen gesehen. Dazu war er ihnen nicht nahe genug gekommen. Aber er hatte etwas von der Apparatur erblickt, und das Netz aus Energie, mit dem sie die Seelen aus dem Totenreich fingen. Einige der Neukelten hatten später ihre Augenzeugenberichte abgegeben, und sie hatten die schattenhaften Wesen gesehen, die vor der riesigen Maschinerie umherhuschten.
    „Dieses Kästchen hat Sie unsterblich gemacht?“, erkundigte sich Sir Darren.
    „Unglaublich, nicht wahr? Zuerst dachte ich, es würde mich umbringen. Es ging mir sehr schlecht, wenn ich es bei mir trug, aber ich ahnte, dass es eine besondere Bewandtnis damit hatte. Also experimentierte ich. Monatelang fühlte ich mich wie an der Schwelle des Todes, wenn ich mich ihm näherte, aber schließlich fand ich einen Weg, die Strahlung, die es abgibt, so zu filtern, dass mein Organismus sie verträgt.“ Er lächelte. „Das Ergebnis sehen Sie vor sich.“
    „Eine Unsterblichkeitsmaschine …“ Sir Darren nickte nachdenklich. „Was sind diese Schatten?“
    „Das ist die schwierigste aller Fragen.“
    „Kommen Sie, Carnacki, Sie haben sich doch gewiss im letzten Jahrhundert täglich mit dieser Frage auseinandergesetzt! Was haben Sie herausgefunden?“
    „Nicht viel, um ehrlich zu sein. Es sind Energiewesen. Das Sigsand Manuskript bemerkt an einer Stelle: ‚Es gybt da Geschöpfe, die ausser Halb des äußern Kreyses synd, obschon man nycht sagen kann, dass sie leben wie wyr. Ihre Cörper synd Nychts und doch Etwas, und sie synd

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