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Falkengrund Nr. 34

Falkengrund Nr. 34

Titel: Falkengrund Nr. 34 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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Werner die Dozentin Traude Gunkel, die vorher in Sir Darrens heiligen Hallen residiert hatte. Glücklich war sie über den Umzug nicht gewesen, aber Werner hatte ihr gegenüber eine härtere Gangart eingeschlagen, seit klar war, dass sie sie alle nach Strich und Faden belogen hatte. Lange hatte sie behauptet, Michael nicht zu kennen, dabei kannte sie ihn nicht nur, sie hatte ihn eigenhändig geschaffen, einen Golem, ein Gefäß für ihre Seele.
    Durch Traudes Umzug wurde Sir Darrens Zimmer frei, etwa doppelt so groß wie das von Michael. Und das ließ sich schon eher vermieten. Zumal es nicht Tür an Tür mit dem eingesperrten Baron Lorenz von Adlerbrunn lag, sondern auf der rechten Seite des Gebäudes, im Dozenten-Flügel, nicht im Studenten- und, Verzeihung, Gespenster-Flügel.
    Die beiden image consultants for social media , wie sie sich nannten, blickten sich in dem Raum um, in dem einst Sir Darren gewohnt und gearbeitet hatte. Bett, Schreibtisch und Bücherregal standen noch drin, das Zimmer atmete die Atmosphäre des britischen Gelehrten. Seine verkopfte Lebensweise, seine penible Ordnungsliebe, sein hoher Anspruch an alles und jeden – alles ließ sich aus der Einrichtung dieses Raumes ablesen, an der Traude Gunkel praktisch nichts verändert hatte.
    Die feine kleine Schule für Okkultes steckte seit Monaten tief im Sumpf finanzieller Schwierigkeiten. Um in diesem Sumpf wenigstens den Mund über Wasser zu halten, bot es sich an, ein paar Räume zu vermieten. Sir Darren war seit Monaten verschwunden, und es gab leider keinen Hinweis darauf, dass er je wieder zurückkehren würde.
    Natürlich hatte Werner die Hoffnung, dass der Brite noch am Leben war, noch nicht aufgegeben. Nach den Schicksalsschlägen der letzten Wochen würde er eine Nachricht von Sir Darrens Tod kaum verkraften. In diesem Fall würde er – darüber dachte er jeden Abend in der langen, langen Zeit vor dem Einschlafen nach – die Schule umgehend schließen, den Spuk im hintersten Zimmer Spuk sein lassen und weit, weit weg gehen. Mit Sir Darren zusammen hatte er diese Schule 1978 gegründet, und obwohl der Brite stets arrogant auf den Rektor-Hausmeister-Gärtner ohne Adels- und Doktortitel herabgeblickt hatte, war doch ein Band zwischen ihnen gewesen, fein aber solide. Seit Sir Darren verschwunden war, konnte Werner dieses Band spüren.
    Seine Entschlossenheit und Kompetenz fehlte ihm. Er mochte ein eingebildeter Snob sein, aber er zögerte nicht, sein Leben aufs Spiel zu setzen, wenn es notwendig schien.
    Die beiden jungen Wichtigtuer im Zimmer dieses Mannes umherschlendern zu sehen, als würde es ihnen gehören, war unerträglich.
    „Sehen Sie sich ruhig noch um“, brachte Werner hervor. „Sie finden mich unten.“ Mit diesen Worten wandte er sich ab und ging in Richtung Treppe davon. Die zwei schienen ihn nicht einmal zu hören.
    Ich will sie nicht haben , dachte Werner, nicht im Schloss und nicht in diesem Zimmer. Aber habe ich verflucht nochmal irgendeine Wahl?

2
    „Gott, was für ein Miesepeter!“, stöhnte Clemens. „Schleppt der aber einen Haufen schlechtes Qi mit sich herum!“
    Constanze nickte. Zum tausendsten Mal an diesem Tag klatschte ihr das schiefe Dreieck aus schwarzgefärbten Haaren ins Gesicht, und sie strich es heraus. „Hast du eigentlich gecheckt, was das hier für eine location ist? Eine Privatschule für Okkultes – was meint das überhaupt auf Deutsch?“
    „Keine Ahnung. Ich tippe auf eine Art facility for the retarded , du weißt schon.“
    „Da könntest du recht haben. Der Kerl, der uns vorher im Flur begegnet ist, der Hagere mit dem leeren Blick … den fand ich ganz schön grenzwertig.“
    „Positiv. Zur Sache: Magst du das Zimmer?“
    „Ich hasse es“, kläffte Constanze zickig. Dann wechselte sie direkt zu einer schwärmerisch-verklärten Miene. „Aber ich liebe seinen Preis. Du kennst unser budget .“
    Clemens schloss die Tür. „Das Inventar muss komplett raus, das steht fest. Dieser Schreibtisch war schon heavy-out, als mein Uropa noch in die Windeln machte.“
    „Hoffentlich funktioniert die Heizung wenigstens. Ich finde es echt chilly hier drin.“
    Das stimmte. Clemens hatte sich auch schon über die Kälte gewundert. Komischerweise war es auf dem Flur wärmer gewesen, und jetzt, wo er die Tür geschlossen hatte, kam ein Schwall sibirischer Kaltluft auf sie zu, als würde im tiefsten Winter das Fenster offenstehen. Nur: Das Wetter war mild und das Fenster nicht geöffnet.
    Clemens ging

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