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Falkengrund Nr. 34

Falkengrund Nr. 34

Titel: Falkengrund Nr. 34 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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Durcheinander entstanden war, doch bei einigen Büchern war er ziemlich sicher, dass sie noch von Carnacki stammen mussten.
    „Sie mögen Bücher“, konstatierte die Maklerin. „Ich lese auch gerne, am liebsten dicke historische Liebesromane. Aber die Männer dürfen nicht bärtig sein. Wenn sie einen Bart haben, schmeiße ich die Schmöker weg, ganz gleich, wie sie geschrieben sind.“
    Er hörte ihr nicht zu. Fasziniert ließ er seine Blicke über die Regale schweifen. Und dann blieb er an einem Buch hängen, das hier nicht stehen durfte.
    „Sigsand MS“, stand auf dem ausgebleichten Rücken des dicken Bandes. Vorsichtig nahm er es heraus. Das Sigsand Manuskript war jenes ungeheuer seltene Buch, das für Carnacki eine Art Bibel darstellte. Sir Darren war ganz sicher, dass der Geisterdetektiv es niemals offen im Regal hätte stehen lassen. Laut Noreena hatte Carnacki das Manuskript mitgenommen, als er spurlos verschwand, und selbst wenn es sich hier um eine Abschrift handelte, hätte Carnacki niemals zugelassen, dass sie hier einfach so herumstand, wo jeder Zugriff darauf hatte. Gewiss hätte er es unter Verschluss gehalten. Es war nicht nur selten und wertvoll, es war vor allem gefährlich.
    Sir Darren blätterte es durch. Schon nach ein paar Zeilen Lektüre merkte er, dass es nicht das war, als was es der Umschlag ausgab. Es handelte sich um ein philosophisches Werk, in dem es um alles ging, nur nicht um Magie und Okkultes. Ihm kam ein Gedanke, ein Gedanke, der ihm den Schweiß ausbrechen ließ, doch er wagte es nicht, seine Vermutung zu verifizieren, solange die Maklerin ihm dabei zusah.
    Das Glück war ihm hold. Nach wenigen Minuten meldete sich ihr Handy mit der Melodie von „Hotel California“, sie entschuldigte sich und verschwand im Nebenraum.
    Nun kramte Sir Darren in der Lücke, aus der er das falsche Sigsand gezogen hatte. Seine Hand ertastete eine kleine Ausbuchtung in der Ecke von Regalbrett und Rückwand. Diese Ausbuchtung versuchte er zu verschieben. Sie ließ sich nicht nach hinten und nicht zur Seite drücken. Aber wenn man es geschickt anstellte, konnte man sie ein paar Inch weit nach oben schieben.
    Sir Darren hatte in seinem zweihundertfünfzig Jahre währenden Leben so manches erlebt. Doch dass ein Bücherregal plötzlich nach hinten wegschwang und den Zugang zu einer schmalen Treppe freigab, die nach unten führte, war ihm bisher nur in Filmen begegnet! Das ganze ging nicht ohne Knarren und Quietschen vonstatten, und er beeilte sich, die geheime Treppe zu erreichen, ehe die Maklerin, von dem Lärm angelockt, nach dem Rechten sah. Kaum hatte er die zweite Stufe betreten, schloss sich die Konstruktion hinter ihm. Die Frau würde Augen machen …
    In regelmäßigen Abständen brannten rötliche Lichter an der rechten Wand, die Treppe mündete in einen kurzen Gang, an den sich wiederum ein größerer Raum anschloss. Aus diesem Raum klang ein krächzender Alarmton, und ein Mann eilte ihm von dort entgegen.
    Sir Darren erstarrte, als er ihn sah. Seinem Gegenüber erging es nicht anders.
    „Carnacki!“, rief der Dozent.
    „Sir Darren Edgar!“, kam die Antwort aus dem Mund des anderen. „Aber … Sie müssten längst tot sein. Sie sehen aus, als wären Sie seither keinen Tag gealtert!“
    „Das gilt auch für Sie, Carnacki“, brachte Sir Darren hervor.

8
    Thomas Carnacki sah tatsächlich aus wie damals, als sie sich begegnet waren. Seine Kleidung hatte er der Mode des 21. Jahrhunderts angepasst, aber die lockigen Haare verliehen ihm nach wie vor etwas Engelhaftes, und sein Gesicht war noch jugendlich und frisch. Die hellen Augen schienen zu glühen und drückten eine Vitalität aus, die übermenschlich wirkte.
    Und übermenschlich sein musste . Denn im Verlauf von 95 Jahren alterte auch der Gesündeste.
    „Sie haben auch eines der Geräte“, stellte Carnacki atemlos fest. „Sie müssen mir unbedingt verraten, wo und wie sie dazu gekommen sind. Ein Jahrhundert lang dachte ich, ich sei der einzige Mensch, der eines besitzt, und jetzt … plötzlich … stehen Sie vor mir und …“
    Sir Darren wusste nicht, wovon der Mann redete. Das Geheimnis seines langen Lebens lag in einem komplizierten Fluch begründet, an dem er selbst getüftelt hatte, und seit einigen Monaten alterte er wieder. Der Geisterdetektiv dagegen sprach von einem Gerät. Hatte Carnacki bei seinen Forschungen nicht bei Elektrischen Pentakeln Halt gemacht, sondern eine Apparatur entwickelt, die das ewige Leben

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