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Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 13 Tiefer als du denkst

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 13 Tiefer als du denkst

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 13 Tiefer als du denkst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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Breite betrug mindestens das Dreifache. Auch schien das Antiquariat viele Zimmer tief zu sein. Soweit Georg von außen hatte erkennen können, war das schlicht unmöglich. Die Häuser in dieser Gasse waren einfach nicht groß genug, um einen Laden dieser Ausmaße zu beherbergen.
    Das Innere dieses Hauses war größer als das Äußere.
    Ein Paradoxon! Und er stand mitten darin.
    „Ich denke, ich begreife allmählich Ihr Problem“, sagte der Alte, in dessen Ziegenbart ebenfalls Wassertropfen hingen. „Sie müssen einen Mechanismus verletzt haben, als Sie die Tür gewaltsam öffneten.“
    Georg verstand nicht. Nun keimte Angst in ihm auf, er trat von dem Schreibtisch zurück und sah sich gehetzt um. Er hatte schon einige Erfahrungen mit dem Übernatürlichen gemacht, aber was ihm in diesen Minuten widerfuhr, war etwas anderes. Es war, als hätte er einen Schritt in eine Welt getan, die es nicht geben konnte. Nicht geben durfte .
    „Vielleicht hätten Sie die Güte“, riet der Alte, „noch einmal nach draußen zu gehen und die Tür zu schließen? Ich werde Ihnen dann öffnen, Sie treten ein, und mit etwas Glück werden Sie an dem Ort sein, den Sie suchten. Falls nicht, müssten wir sehen, dass wir jemanden herbekommen, der das reparieren kann. Es ist alles eine Frage der Kompression, wissen Sie, junger Mann.“
    „Kompression?“ Ein Teil von Georg hätte nichts lieber getan als diesen unheimlichen Ort zu verlassen. Er sah sich ja schon eine Weile nach einem Fluchtweg um. Ein anderer Teil aber wollte mehr wissen – wollte nicht nach Falkengrund zurückkehren, ohne das Geheimnis gelöst zu haben. Wenn er jetzt den Schwanz einzog, war seine Fahrt nach Freiburg unnütz gewesen. Er würde nie erfahren, was es mit dem Aquarium auf sich hatte ... und mit diesem wunderlichen Laden. Und sein Grauen, wenn er dem Aquarium auf dem Schloss wiederbegegnete, würde nicht geringer sein als das Grauen, das er hier empfand.
    Hinter ihm zwischen den Regalreihen verschob die Frau ihre Leiter. Er konnte es nicht sehen, hörte nur die Geräusche, die das rostige Metall auf dem glitschigen Boden verursachte. Georg lief um eines der Regale herum und suchte die Frau. Sie war im zweiten Gang und stieg eben auf die Leiter.
    Ihre massigen, muskulösen Schenkel glänzten feucht. Ihr Kopf drehte sich ihm entgegen, und sie starrte ihn aus den großen, runden, niemals blinzelnden Augen an ...
    Auf dem Arm hatte sie einen Stapel mit Büchern. Georg erkannte die chinesischen Symbolzeichen auf den Buchrücken. Irgendetwas zog ihn zu ihr hin. Vielleicht hatte er das Gefühl, sie ebenfalls befragen zu müssen. Natürlich ahnte er, dass er von ihr keine sinnvolleren Antworten erhalten würde als von dem Alten. Ja, wahrscheinlich sprach sie noch nicht einmal seine Sprache. Sie wirkte fremd, ausländisch, fremder als irgendein Mensch, den er je gesehen hatte.
    Trotzdem zwängte er sich zwischen die Regale. Er streifte Bücher und riss mit den Schultern einige davon heraus. Sie fielen mit einem feuchten Klatschen auf den Boden, als wären es nasse Lumpen. Unheimlich ... Die Frau fixierte ihn, während die Muskeln in ihren gewaltigen Schenkeln sich erneut spannten und den unproportional schlanken Oberkörper eine Stufe höher trugen.
    Er kam näher, und das schien sie zu irritieren. Ihr rechter Fuß verfehlte die Stufe und trat ins Leere.
    Georg warf sich nach vorne, als er sah, dass sie stürzen würde. Er streckte die Arme vor, streifte ihre Schenkel, berührte ihre Hüften und versuchte zuzupacken.
    Doch er fand keinen Halt! Seine Hände glitten über ihre Haut und über ihr Kleid wie über eine ölige Oberfläche. Sie war so glitschig, dass er sie nicht halten konnte. Sie rutschte durch seinen Griff hindurch zu Boden. Im ersten Moment kam sie auf den Rücken zu liegen und brachte sich mit einer flinken, schnappenden Bewegung des ganzen Körpers in Bauchlage. Diese Bewegung war so schnell gewesen, dass Georgs Augen sie nicht hatten verfolgen können. Die Frau lag nun auf dem nassen Boden und sah mit einem Blick zu ihm auf, den er lange nicht vergessen würde.
    Es war der Blick eines Fisches, der auf den Planken eines Schiffes lag. Stumm. Starr. Ein Blick, der schon etwas vom Tod in sich hatte, solange er noch lebendig war.
    Schluckend und keuchend wich Georg zurück.
    Er wusste nicht, was er denken, nicht, was er tun sollte.
    Diesmal blieb es nicht bei einigen Bänden, die seine breiten Schultern aus den Regalen stießen. Diesmal krallten sich seine

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