Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 6 Tod in Kupfer

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 6 Tod in Kupfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß

Vom Netzwerk:

ist wie unserer!“
    Hans sank auf seinem Drehstuhl zusammen. „Das hast du vor drei Jahren schon gesagt. In drei Jahren wird es wieder etwas Neues geben, und du wirst wieder versuchen, mich dazu zu überreden. Auf diese Weise kommen wir nicht in die schwarzen Zahlen.“
    „Im Gegenteil – wir kommen nicht in die verdammten schwarzen Zahlen, wenn wir an steinzeitlicher Technologie festhalten.“
    „Charlie, hör zu ... wir ...“
    Der ältere der Colm-Brüder schlug mit dem Fuß gegen den Schreibtisch des jüngeren, bückte sich dann, hob den Katalog auf, warf ihn in hohem Bogen in den Papierkorb, verließ den Raum und schlug dröhnend die Tür hinter sich zu.
    In der Fabrikhalle brannte nur die Notbeleuchtung, und der Schatten von Charlie Colm verschwand wie ein Schemen zwischen den matt schimmernden kupfernen Kesseln, in denen bis vor kurzem noch „Exquisit“ gebrodelt hatte.

4
    Der Weg veränderte sich alle fünf Minuten.
    Mal war er breit und eben, die Bäume weit zurückgedrängt, als machten sie Platz für eine Panzerkolonne. Dann zogen sich tiefe Furchen hindurch, oder umgestürzte Bäume legten sich darüber wie müde gewordene Giganten. Ein anderes Mal wieder schrumpfte der Weg zu einem lächerlichen Fädchen zusammen, ein schmaler Trampelpfad durch Unterholz und Gestrüpp. Manchmal verlief er kerzengerade, als hätte jemand mit dem Lineal eine Schneise in den Wald gezogen, dann wieder wand er sich in engen, nutzlosen Kurven einen Abhang hinauf oder hinunter. Auf Lichtungen brannte die Augustsonne erbarmungslos herab, doch sobald sich die Schatten der Bäume wieder über ihnen schlossen, kehrte die Kühle zurück. Eine Weile folgten sie dem Lauf eines Baches, der in der ausgetrockneten Erde wie eine Ader des Lebens erschien.
    Artur sah sich um und machte unablässig kleine Entdeckungen, Formen, Muster, Gerüche, die er nicht kannte.
    „Hey, das macht Spaß“, flüsterte er und schüttelte den Kopf über sich selbst.
    „Du bist nicht gerade ein Veteran, was Waldwanderungen angeht“, stellte Melanie fest. Sie hatte sich in ein helles Sommerkleid gehüllt, und ihre Füße steckten in leichten Sandalen mit flacher Sohle. Die Haut ihrer Beine war sehr weiß.
    „Stadtmensch“, gab Artur zurück. „Zugeparkte Straßen – Einkaufszentren – Döner Kebap.“
    „Welche Stadt?“
    „Geboren bin ich in Leipzig – nach der Wende habe ich lange in München gewohnt. Stammst du aus der Gegend hier?“
    „Freudenstadt. Keine zehn Kilometer von hier. Aber wir haben das alles auch: Von den zugeparkten Straßen bis zum Döner Kebap.“ Sie grinste und leckte sich über die Lippen. „Lecker. Meistens, meine ich.“
    „Aber ihr habt auch das hier.“ Er machte eine ausladende Geste, die die gesamte Natur einschloss.
    „Tja, und das andere“, sagte Melanie.
    „Was meinst du?“
    „Das von eben, die Geschichte auf dem Parkplatz.“
    Vor einer Dreiviertelstunde waren sie losgegangen. Melanie hatte den Honda auf einem kleinen Waldparkplatz abgestellt – nach einer zwanzigminütigen Fahrt durch eine romantische Landschaft, bei der Melanie einen heißen Reifen und Mut zum Risiko bewiesen hatte. Wäre ihr Grinsen nicht ebenso entwaffnend wie unwiderstehlich gewesen, Artur hätte darum gebeten, abgesetzt zu werden. Irgendwo. Egal. Nur schnell, ehe es zu spät war.
    Kaum waren sie ausgestiegen, war ein Polizeiwagen in den Parkplatz eingebogen. Zwei jüngere Beamte stiegen aus, durchsuchten die Ränder des Schotterplatzes und baten die beiden, das nächste Polizeirevier zu verständigen, falls sie unterwegs verdächtige Gegenstände finden sollten. Kinderkleidung zum Beispiel – man gab ihnen einen Fahndungszettel mit einer Fotografie und einigen Beschreibungen.
    Nicht Melanies Fahrstil war es gewesen, der die Hüter des Gesetzes in ihre Nähe gebracht hatte. Die Polizei suchte in der Gegend ein Kind. Ein zwölfjähriges Mädchen.
    „Ist die Kleine ... tot?“, hatte sich Artur erkundigt.
    „Verschwunden“, hatte der Beamte erklärt und ihn taxierend angesehen. Als Artur völlig unnötigerweise sagte, woher er und seine Begleiterin kamen, wurden sie noch skeptischer. Die Polizisten kamen näher und näher an sie heran, bis man sie besser riechen als sehen konnte. Falkengrund? Eine private Universität? Man würde das prüfen lassen.
    Artur fluchte innerlich. Er hoffte, dass er durch seine Worte der Schule keine Schwierigkeiten bereiten würde. Er hatte sich nichts dabei gedacht, den Namen zu erwähnen, als