Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 6 Tod in Kupfer

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 6 Tod in Kupfer

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 6 Tod in Kupfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
Vom Netzwerk:
in dem Artur und Melanie sich in den einzigen Raum drückten, tanzten ihre verzerrten, schiefen Spiegelbilder rotgolden über die polierte Oberfläche und schienen sie in die Hütte zu locken.
    Es war ein magischer Ort.
    Leere Getränkedosen und Papierabfälle lagerten in einer der Ecken, doch man bemerkte sie kaum. Teile der Decke waren mit einem Baldachin aus schwarzen Spinnweben behangen – viel mehr ein widerwärtiger als ein schauriger Anblick. An zwei rostigen Nägeln in der Wand hingen Lederriemen, und gleich neben der Tür lehnte eine alte Harke. All das nahm man kaum wahr, denn der Gegenstand im Zentrum der Hütte glänzte und flimmerte wie ein merkwürdiges, riesiges Schmuckstück. Die Sonne, die darauf fiel, schien sich auf dem gesamten Körper auszubreiten, als speise sie ihn mit Energie.
    Artur berührte mit der Hand die schimmernde Oberfläche, und es war, als recke sich ihm eine verschwollene, verwachsene Hand aus einem rötlichen See heraus entgegen.
    „Kupfer“, flüsterte er. „Ein Kessel, ein Tank. Wer wirft so etwas weg? An einem solchen Ort?“
    „Leute laden ihren Müll überall ab“, bemerkte Melanie. Auch sie hatte die Stimme gesenkt, doch man hörte ihren Worten an, dass sie noch immer lächelte.
    Artur näherte sein Gesicht dem Metalltank, und ein rotgolden leuchtender, riesengroßer, verzerrter Artur begrüßte ihn von der spiegelnden Oberfläche her. Er wäre kein Mensch gewesen, hätte er nicht eine Grimasse gezogen. Während der echte Artur die Lippen nur ein wenig zurückzog und seine zusammengebissenen Zähne entblößte, verwandelte sich das Gebiss des Spiegel-Arturs in ein bizarres Arsenal spitzer, kupferroter Tötungsinstrumente. Die Augen verschwanden hinter der Krümmung, wurden winzig klein und schließlich unsichtbar. Das Wesen auf der bauchigen Oberfläche schien jetzt nur noch aus zwei Reihen mörderischer Zähne zu bestehen, wie einer dieser grotesk-hässlichen Tiefseefische.
    Nach einer Minute ließ Arturs Interesse an dem kindischen Spiel nach, und er wandte sich wieder seiner Begleiterin zu.
    „Der Kessel kann noch nicht alt sein. Weißt du, wie lange er schon hier ist?“
    Melanie zuckte die Achseln. „Ich hab ihn vor ungefähr einem Jahr entdeckt.“
    „Sieht aus wie neu. Muss schwer gewesen sein, das Teil hierher zu schleppen.“
    „Kannst du mir sagen, was es ist, Artur?“
    „Oh, ich nehme an, eine Art Boiler oder ein Kessel. Ich habe solche Tanks schon in Brauereien gesehen. Aber Braukessel sind normalerweise bauchiger – dieser hier ist zylinderförmig.“ Er untersuchte den Behälter und fand, dass an einem Ende mehrere Kupferrohre aus dem Inneren ragten, die jedoch mit Korken verschlossen waren. Auf der anderen Seite endete der Tank in einem flachen, aufgeschraubten Deckel. Artur probierte eine der großen Schrauben nach der anderen – sie saßen alle fest. Als nächstes lehnte er sich gegen den Tank, und dieser drehte sich mit einem quietschenden Geräusch ein wenig.
    „Leer. Schwer genug, aber leer, schätze ich.“
    Melanie strahlte ihn an. „Siehst du, wie gut du Fragen beantworten kannst? Man muss dir nur eine Chance geben.“
    Artur bewegte die Hand über der gewölbten Oberfläche und betrachtete die Reflektionen. „Hast du schon andere Leute hierher gebracht?“, wollte er wissen.
    Das Mädchen hob wieder die Schultern. „Nicht viele. Es ist kein besonders lauschiges Plätzchen für ein Rendezvous, weißt du.“ Artur zog eine komplizierte Miene, und sie schien es zu genießen. „Ich habe es einmal einer Freundin gezeigt, ach ja, und meiner Halbschwester Natalie.“
    „Bist du schon einmal auf die Idee gekommen, die Stadt zu informieren? Ich meine, das ist ein seltsames Stück Müll.“
    Sie hob tadelnd den Finger, wie eine Lehrerin, und hinter ihren fröhlichen Zügen entstand langsam, sehr langsam etwas Ernstes. „Muss alles gleich Müll sein, was keinen Lärm und keinen Gestank mehr verursacht, sondern einfach stillsteht? Mir gefällt der Kessel hier besser als in einer Fabrik. Er ist ... wie ein Museumsstück, ein Exponat, das man sich in aller Ruhe ansehen kann.“
    „Eine zerfallene Hütte im Wald ist kein Museum. Der Kessel verschandelt die Natur. Ich dachte, du magst die Natur ...“
    „Komm, Artur, ich zeige dir etwas.“
    Zum ersten Mal näherte sie sich dem Kupfertank. „Hast du dir den Deckel schon angesehen?“
    „Ja“, erwiderte er. „Gerade eben.“
    Sie schmunzelte. „Ich glaube, du hast dir die Schrauben

Weitere Kostenlose Bücher