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Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 6 Tod in Kupfer

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 6 Tod in Kupfer

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 6 Tod in Kupfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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zusehends den Kontakt zu ... zu sich selbst?
    „Ich glaube, ich hätte mich schon in dich verliebt, wenn du nur diesen Glauben mit mir geteilt hättest. Alles andere wäre gar nicht nötig gewesen. Aber du bist viel mehr für mich geworden als eine verwandte Seele. Du hast den Beweis für ihre Existenz geliefert – hast meine letzten Zweifel ausgeräumt. Und außerdem ... außerdem müssen jetzt alle anderen einsehen, dass ich recht hatte!“
    „Melanie, ich fühle mich ...“
    „Du bist wirklich etwas ganz Besonderes für mich, Artur.“
    „Ich ... habe das Gefühl, ich ...“ Ja, was für ein Gefühl hatte er eigentlich? Dass er sich in einen anderen Menschen verwandelte? Dass da jemand war, mit dem er sich vermischte? Er konnte es nicht klar fassen, aber etwas fesselte ihn an sein eigenes Spiegelbild, und während es sich veränderte, schien auch er sich zu verändern.
    Die Reflektion wirkte dreidimensional. Sie hatte Tiefe, Räumlichkeit, und sie wurde von einem anderen Licht beleuchtet als dem, das durch das Loch im Dach der Hütte auf den Tank fiel.
    „Was ist das? Wie ... “
    Melanie legte sanft einen Arm um ihn. „Ich bin eine Frau“, sagte sie. „Ich muss nicht wissen, was es ist und wie es funktioniert. Ich muss nur wissen, was es bewirkt.“ Sie schmiegte seine Wange an die seine, und ihr Gesicht tauchte neben seinem auf der Spiegelung auf. Es war zweifellos ihres, doch auch dieses Gesicht begann sich allmählich zu verändern. Zuerst schien es einfach nur größer zu werden, wie es mit seinem ebenfalls geschehen war, und während es größer wurde, richteten sich die Lichter in der kupfernen Tiefe darauf. Es war, als schöben Assistenten in einem Fernsehstudio so lange die Scheinwerfer umher, bis die Gesichter der Stars optimal ausgeleuchtet waren.
    „Du siehst ein zweites Ich, ein anderes Selbst“, sagte Melanie langsam, jedes Wort betonend. „Der Mensch könnte so vieles sein. Jeder Mensch ist eine Fülle von Möglichkeiten, könnte tausend Wege beschreiten, und doch kann er im Leben immer nur einen gehen. Aber darüber vergisst er zu leicht, welche Chancen er sonst noch hat, was er alles sein könnte, wenn er sich nur ein wenig verändern könnte. Wie mächtig er in Wirklichkeit ist.“
    Artur versuchte sich aus Melanies Umarmung zu befreien. Sie war das angenehmste an dieser ganzen Situation, und doch konnte er sie nicht ertragen. Sie gab ihm das Gefühl, in eine Falle gelockt zu werden. Dem Mädchen schien es zu gefallen, dass er verwirrt und gebannt war. Was wollte sie von ihm?
    „Du musst keine Angst haben“, fuhr sie fort. „Ich war schon oft hier, und mir ist nichts passiert. Es ist nicht gefährlich, es raubt dir nicht deine Seele, und es saugt dir nicht das Blut aus. Es ist nur ein ... ein Fenster in eine andere Wirklichkeit. Es zeigt dir nicht, was du erreichen kannst, wenn du dich änderst, aber es ... es lässt dich spüren, dass du nicht der zu sein brauchst, der du bis eben noch warst ... Es gibt dir einen Eindruck davon, wie viele unterschiedliche Menschen du bist. Ich wollte, dass du das spürst, Artur. Mir hat es immer gut getan, das zu spüren. Und ich glaube, du bist in einer Phase, in der du genau das brauchst.“
    Endlich gelang es Artur, sich zu befreien. Mit einem leisen Schmerzensschrei prallte Melanie zur Seite, verlor das Gleichgewicht und kippte zu Boden. Er schaffte es, den Kopf zu drehen und sie anzusehen. Sie sah nicht aus, als wäre sie wütend oder enttäuscht von ihm. Ihre großen grünen Augen blickten ihn flehend an.
    „Bitte, Artur!“, sagte sie. „Kämpfe nicht dagegen an. Was hast du zu befürchten? Wenn dieser ... Kessel oder ich etwas Böses im Schilde führen würden, dann ... hätte dein Schutzengel längst eingegriffen. Er ist stark, Artur. Denk an das, was er mit Madoka getan hat. Dasselbe würde er mit mir tun, wenn ich dir gefährlich werden könnte. Du musst mir vertrauen! Entspanne dich. Entspanne dich einmal in deinem Leben!“
    „Ich denke nicht, dass ich meinen Schutzengel noch habe“, erwiderte Artur, und seine Stimme war wie das Knurren eines Tieres. Er erschrak darüber.
    „Natürlich hast du ihn noch! Einen Schutzengel verliert man nicht. Wer sollte ihn dir abgenommen haben?“
    „Margarete“, knirschte er. Er streckte seine Knie durch und erhob sich aus der Hocke. Ein Schwindel erfasste ihn, ließ ihn nicht mehr los. Am liebsten hätte er sich auf den Boden gesetzt (über den Schmutz hätte er hinweggesehen), aber er

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