Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 7 Das Schloss und seine Geister
scheinen“, konnte sich Sir Darren die bittere Bemerkung nicht verkneifen.
Werner Hotten, Margarete Maus und Sir Darren beschlossen, die Besprechung zu dritt weiterzuführen, allerdings nicht im Seminarraum, sondern in der Bibliothek. Von klugen Schriften umgeben zu sein, inspirierte nicht nur den bücherbesessenen Briten, und die engen Räumlichkeiten gaben einen passenderen Rahmen für die brisante Krisensitzung ab als der große Seminarraum, indem sie ihre Verlorenheit viel deutlicher spürten. Vielleicht kam ihnen beim Blättern in einschlägiger Literatur eine Idee.
Sie mussten einen Weg finden, Hauptkommissar Fachingers Ultimatum zu erfüllen, ohne tatsächlich diese Tür ins Chaos öffnen zu müssen. An die beiden restlichen Schlüssel zu kommen, war nicht das größte Problem. Es blieb genügend Zeit, um ins Elsass zu fahren, wo Dr. Roderich Konzelmann lebte. Auch Salvatore Cavallito würde man erreichen können, falls er sich nicht gerade bei abgeschaltetem Handy in den Gemächern einer neuen Eroberung vergnügte.
Doch die drei waren sich einig, dass sie die Schlüssel nicht im Schloss haben wollten. Sie alle konnten sich lebhaft vorstellen, was geschehen würde, sobald man das fünfte Schloss geöffnet hatte ...
„Es wird schlimmer als eine Bombenexplosion“, sagte Werner Hotten.
„Wir werden Atrozitäten erleben, Blutbäder sondergleichen“, meinte Sir Darren.
„Die Apokalypse“, sagte Margarete Maus. „Und, Sir Darren, ich glaube, es gibt im Deutschen keine Mehrzahl von ‚Blutbad’.“
„Ist das so? Dann wird es ohne Zweifel eine geben, sobald die Tür geöffnet ist.“
Auch bei Einbruch der Dunkelheit waren sie noch keinen Schritt weitergekommen. Eine tiefe Lethargie drohte sie einzuhüllen. Vor allem Werner Hotten war nahe daran, das Handtuch zu werfen. Doch allen voran trieb Margarete die Gruppe dazu an, weiter nach Auswegen zu suchen.
Sie würden nicht schlafen, ehe sie einen Weg gefunden hatten.
6
Hauptkommissar Dirk Fachinger traf mit einer halben Stunde Verspätung auf Schloss Falkengrund ein. Es war der erste bewölkte Tag seit Wochen, eine dunkle Stimmung braute sich über dem Schwarzwald zusammen, und es war abzusehen, dass es in den nächsten Stunden ein Sommergewitter geben würde.
Der Beamte gab sich leutselig und beinahe fröhlich. Wieder war er alleine gekommen, schien vor Selbstbewusstsein zu strotzen und sich seiner Sache sehr sicher zu sein.
Werner Hotten allerdings brauchte eine Verstärkung. Er empfing den Kripo-Mann zusammen mit Margarete Maus, und es war klar, dass sie heute das Reden übernehmen würde. Sie konnte das besser als er.
„Freut mich, Sie kennen zu lernen“, machte Fachinger auf charmant und schenkte der Dozentin ein schiefes Lächeln. Margarete war eine sehr feminine und üppige Frau, und in der ländlichen Tracht, die sie so liebte, wirkte sie beinahe wie eine natürliche Gefährtin für den urigen Hauptkommissar.
„Dieses Mädchen hat mich sehr beeindruckt, gestern“, sagte Fachinger, während er sich durch die große Eingangshalle führen ließ. Der Rektor wusste im ersten Augenblick nicht, was er meinte, doch er sprach weiter: „Ich habe in meiner Jugend einige Zeit in Ostasien verbracht. In Korea habe ich ein wenig Taekwondo erlernt, und ich praktiziere es bis heute. Diese junge Frau – wie sie sich bewegte – also, ich möchte wetten, sie übt seit ihrer frühsten Kindheit. Wenn ich dreißig Jahre jünger wäre, hätte ich sie gerne zu einem Kampf herausgefordert ... und wäre damals schon darauf gefasst gewesen, ihn zu verlieren ...“
Hotten lächelte unsicher. Sie wussten nicht, ob Madoka Tanigawa Karate oder andere Kampfsportarten beherrschte. Wie sie auch sonst kaum etwas über diese Schülerin wussten. Der Beamte schien etwas bemerkt zu haben, das ihnen die ganze Zeit über verborgen geblieben war.
Oder bluffte er nur?
Als sich Fachinger anschickte, die linke der beiden Treppen zu besteigen, versperrte ihm Margarete den Weg. Sie näherte sich ihm sehr weit, bis ihre Brust beinahe die seine berührte.
„Bitte, Hauptkommissar. Zwingen Sie uns nicht, Sie und uns alle einer tödlichen Gefahr auszusetzen. Sie sehen nicht den Ernst der Situation.“
Fachinger räusperte sich und fischte seine Schnupftabaksdose aus der Tasche. Blitzschnell hatte Margarete danach gegriffen. Falls der Mann überrascht war, zeigte er es nicht. Die Dozentin drehte sich von ihm weg und tänzelte ein paar Schritte zur Seite. „Eine hübsche
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