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Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken

Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken

Titel: Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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die Ecke, was Tobias ganz recht war, und begann zu zittern. »Ich höre, wie er uns verflucht! Sein Zorn wird uns treffen, und Allahs Zorn ist so fürchterlich wie nichts auf der Welt!«
    »Dummes Zeug. Allah freut sich viel eher, dass du mit mir im Ballon entkommst, statt von Zeppenfelds Männern aus dem Sattel geschossen zu werden. Und das Einzige, was du hörst, ist Donnergrollen. Irgendwo zieht ein Gewitter auf«, erwiderte Tobias leichthin – und erstarrte im nächsten Moment.
    Ein Gewitter war nichts, worüber man sich sorgen musste, wenn man sich auf Falkenhof von festen Mauern umgeben und einem soliden Dach geschützt wusste. Doch mit einem Ballon in ein Gewitter zu geraten, war etwas ganz anderes!
    »Rühr dich bloß nicht aus deiner Ecke!« Tobias sprang auf, versuchte das trübe Grau, das an ihm vorbeiflog, mit seinen Blicken zu durchdringen und lauschte erschrocken auf den Donner, der schnell lauter wurde.
    Er umklammerte die Brüstung mit beiden Händen und versuchte die Richtung festzustellen, aus der das Gewitter heraufzog. Doch mal ertönte das Grollen hinter seinem Rücken, mal von rechts. Drehte sich etwa der Wind jetzt ständig? Trieben sie vielleicht im Kreis und gelangten gar nicht voran? Stieg der Ballon noch immer, oder wehte der Wind die Wolken nur durcheinander?
    Ein grelles Weiß zuckte in der grauen Dunkelheit auf und blendete ihn, sodass er eine Hand vor die Augen riss. Dann ein ohrenbetäubendes Krachen. Der Schlag fuhr ihm durch die Glieder und ließ ihn zusammenzucken. Es war, als stürzte der Himmel über ihnen zusammen.
    Sadik hielt die Stunde seines Todes für gekommen. »Im Namen Allahs, des Allbarmherzigen! Lob und Preis sei Allah, dem Herrn aller Weltenbewohner, dem gnädigen Allerbarmer, der am Tage des Gerichts herrscht. Dir allein wollen wir dienen und zu dir allein flehen wir um Beistand …«
    Tobias konnte bald nur noch Wortfetzen von Sadiks Gebetsstrom verstehen, denn das Unwetter brach nun mit aller Naturgewalt los. Ein Blitz nach dem anderen zuckte aus den Wolken und tauchte die Nacht in schmerzhafte Helle, gefolgt von ohrenbetäubendem Krachen, das Tobias durch Mark und Bein ging. Er war schon versucht gewesen, die Reißleine zu ziehen und ihren Abstieg einzuleiten. Doch die Angst, der Wind könnte gedreht und sie wieder gen Falkenhof zurückgetrieben haben, ließ ihn zögern.
    Was sollte er tun?
    Er erinnerte sich einer Regel, die sein Onkel ihm einmal beigebracht hatte, als er noch klein gewesen war und Angst vor Gewittern gehabt hatte. »Licht reist schneller als der Schall, mein Junge! Gewitter sind meist viel weiter weg, als man meint! Du kannst es dir selber ausrechnen!« Richtig, man musste nur die Sekunden zählen, die zwischen Blitz und Donner verstrichen. Dann konnte man sich ausrechnen, wie weit oder wie nahe das Gewitter war.
    Ein Blitz!
    Tobias zählte. »Einundzwanzig, zweiundzwanzig …«
    Er fuhr zusammen, als scheinbar neben ihm eine mächtige Eiche von der Axt eines Riesen gespalten wurde. Es war kein Donnern, sondern ein scharfes Bersten, als wollte die Welt auseinander brechen.
    Das Gewitter war nahe! Tobias wollte die Reißleine ziehen! Nur fort aus diesem Inferno!
    Der nächste Blitz.
    Unwillkürlich zählte er wieder. »Einundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiundzwanzig …«
    Es krachte.
    Entfernten sie sich von dem Gewitter? Hoffnung regte sich in Tobias.
    »… wahrlich, Allah nimmt nur deren Reue gütig an, die unwissentlich Böses taten und bald darauf Buße tun. Solchen wendet Allah sich erbarmend zu, und Allah ist allwissend und weise …«
    Bange Minuten verstrichen und Tobias zählte die Sekunden zwischen Blitz und Donnern, die Rechte an der Reißleine. Doch er brauchte den Abstieg nicht einzuleiten. Drei Sekunden waren der kürzeste Abstand. Danach entfernten sie sich rasch vom Zentrum des Gewitters.
    »Das Gewitter kann dem Ballon nichts mehr anhaben!«, rief Tobias Sadik zu, der noch immer mit bebender Stimme betete. »Wir sind jetzt schon über fünf Kilometer von ihm entfernt. Und mit jedem Augenblick treiben wir weiter von ihm weg. Wir haben noch mal Glück gehabt.«
    Sadik reagierte überhaupt nicht. Wie in Trance betete er weiter: »Allah weiß am besten, was in euren Seelen ist. Wenn ihr recht gesinnt seid, dann gewiss ist, Er verzeihend denen, die sich wieder und wieder zu ihm wenden …«
    »Hörst du mir überhaupt zu, Sadik? Das Gewitter ist weit weg. Allahs Zorn trifft andere, wenn du schon davon überzeugt bist, dass Allah das

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