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Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken

Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken

Titel: Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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jeder Seite. Mittlerweile war die Zahl der vollen Säcke auf vier zusammengeschrumpft. Arg geschrumpft war auch ihre Flughöhe. Bestenfalls zweihundert Meter, schätzte er.
    Doch wo sollte er landen? Die Landschaft unter ihm schien überwiegend aus dicht bewaldeten Hügelketten und Bergen zu bestehen. Und die freien Flächen, die Wiesen, Felder und Weiden kennzeichneten, lagen nicht auf ihrer Route. Der Ballon schien sie zu meiden!
    Tobias sah sich gezwungen, einen weiteren Sack zu leeren. Aber der Auftrieb war nicht so stark wie noch beim ersten Sack. Zu viel Gas war wohl schon aus der Hülle entwichen, und die starke Abkühlung hatte das Ihre getan, um den Höhen- und Weitenflug des Falken zu stoppen. Der Ballon würde sich keine zwanzig Minuten mehr in der Luft halten.
    Und dann sah er endlich eine weite, baumlose Fläche hinter dem scheinbar endlosen Wald auftauchen. Erleichterung durchströmte ihn. Er hatte auch nur noch zwei Säcke. Das würde wohl gerade noch reichen, um den Falken sicher über die Baumwipfel hinwegzubringen! Schade, dass Onkel Heinrich das nicht sehen konnte. Er wäre stolz gewesen, wie er den Flug gemeistert hatte.
    »Sadik! Wir landen gleich!«, schrie er ihm zu und schnitt den vorletzten Sack auf, als sich die Baumspitzen bedrohlich näherten und nach der Gondel zu stoßen schienen.
    »Allah hat uns einen idealen Landeplatz geschickt! Halte dich bereit!«
    Im nächsten Moment erfasste ihn pures Entsetzen. Was er für Wiesen und Äcker gehalten hatte, war in Wirklichkeit die stille dunkle Fläche eines großen Sees!
    Tobias schrie auf und hieb mit dem Messer in den letzten Sack.
    Ihm antwortete ein Schrei vom Seeufer, gefolgt vom wilden Gebell zweier Hunde und einem vielstimmigen Chor in Panik versetzter Schafe. Ein Hirte hatte mit seiner Schafherde hier sein Nachtlager aufgeschlagen. Der Regen aus Erde, Sand und kleinen Steinen hatte ihn ebenso jäh aus dem Schlaf gerissen wie seine Hunde und Schafe. Letztere jagten in alle Himmelsrichtungen davon.
    »Heilige Mutter Gottes, erbarme dich meiner!«, schrie der Hirte zu Tode geängstigt auf und ging in die Knie. Ihm musste der schwarze Ballon mit dem feuerroten Falken, der so plötzlich und wie aus dem Nichts aufgetaucht war, wie die Heimsuchung des Satans erscheinen.
    »Unser auch!«, schrie Tobias zurück und wandte sich hastig Sadik zu. »Schluss jetzt mit dem Beten, Sadik! Wir haben nicht mal mehr zwei Meter Luft unter dem Gondelboden! Sadik! Sadik!«, schrie er ihn an, so laut er konnte. »Wir landen gleich! … Auf einem See! … Alles, was wir nicht wirklich brauchen, muss über Bord! … Leere Säcke, Seile … alles ! Oder kannst du schwimmen?«
    Die Gondel streifte kurz über die Wasseroberfläche, tauchte mit der Ecke, in der Sadik saß, ein wenig ein.
    Ob es sein Schrei war oder der erste Schwall kalten Wassers, der
    Sadik aus seiner Trance riss, Tobias sollte es niemals erfahren. Es interessierte ihn auch nicht. Er stand am Rand einer Panik, und es ging ihm nur darum, dass Sadik endlich zu sich kam.
    Abrupt brach der Suren-Wortstrom ab und Sadik schoss wie von der Tarantel gestochen hoch. »Allah!«, schrie er, als er sich rundum von Wasser umgeben sah. »Steh uns bei! Wir ersaufen wie die Ungläubigen im Wadi!«
    »Schmeiß das Schleppseil über Bord!«, schrie Tobias ihm zu, der nun mit fieberhafter Eile alle Säcke losschnitt. Zwölf Stück samt Halteleinen brachten auch ein hübsches Gewicht zusammen.
    Das Seil klatschte ins Wasser. Ohne langes Zögern griff Tobias nun zur Schrotflinte und schleuderte sie dem See in seinen dunklen Rachen. Dann packten seine Hände den schweren Proviantsack, den Agnes mit hochrotem Gesicht aus der Küche angeschleppt hatte. Zum Teufel mit den schweren Schinken und halben Käserädern! Sie hatten Geld genug, um sich im nächsten Ort eindecken zu können. Hinaus damit!
    Er spürte schon, wie sich die Verringerung der Last auswirkte. Der Ballon stieg wieder!
    »Die Truhe muss raus!«, rief Sadik mit schriller Stimme.
    Tobias fuhr herum. »Sadik! Fass sie nicht an! Wir steigen schon wieder! Wir schaffen es! Da drüben ist das Ufer!«
    »Ich will nicht ersaufen! … Ein wahrer bàdawi ersäuft nicht! Jeder andere Tod ist mir lieber! Die Truhe mit den Büchern muss raus!« Sadik hatte sie schon hochgehoben.
    Tobias fiel ihm in den Arm, kämpfte mit ihm. Der Deckel klappte auf und der Inhalt verstreute sich über den ganzen Gondelboden. Aus einem der Tagebücher flatterten lose Seiten

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