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Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken

Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken

Titel: Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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seines Onkels. Er dachte gar nicht daran, den Spazierstock herzugeben! Aber er lief schnell in sein Zimmer und brachte ihn ins Studierzimmer.
    »Ein wirklich ungewöhnlicher Stock«, sagte Heinrich Heller, als er ihn in die Hand nahm. »Nicht gerade geeignet für einen Spaziergang.«
    Zeppenfeld nickte bekräftigend. »Völlig untauglich! Nichts weiter als ein Sammlerstück.«
    Der Stock war aus dunklem Ebenholz gearbeitet und nicht eben zierlich, sondern eher plump. In das Holz waren Kerben und ägyptische Zeichen eingeschnitzt. An seinem dicken Ende ragte über einem silbernen Ring der Falkenkopf auf, groß wie ein Apfel. Der Schnabel war aufgerissen, als wollte er sich im nächsten Moment auf seine Beute stürzen.
    »Siegbert schrieb mir. Wusste von Wattendorfs Versprechen. Ein Irrtum wie gesagt. Versprach mir, ihn zu schicken«, fuhr Zeppenfeld eifrig fort und streckte die Hand nach dem Stock aus, einen seltsam erregten Blick in den Augen. »Vergaß es aber. Mache ihm jedoch keinen Vorwurf. War ja auf dem Weg nach Süden und kein großer Umweg nach Falkenhof. Sie erlauben, Herr Professor.«
    Heinrich Heller reichte ihm zögernd den Spazierstock. »Gut möglich, dass es sich um einen Irrtum handelt, Herr von Zeppenfeld …«
    »Ganz gewiss!«, versicherte dieser und nahm ihn mit glitzerndem Blick entgegen. Seine Hand glitt über den Falkenkopf, fast ein wenig zitternd, als könnte er seiner inneren Erregung kaum Herr werden.
    »Aber Vater hat ihn mir geschenkt!«, protestierte Tobias. »Er hätte das bestimmt nicht getan, wenn er geglaubt hätte, dass der Stock einem anderen zusteht!«
    Zeppenfeld blickte zu ihm herüber, ein verständnisvolles Lächeln auf dem Gesicht. Doch es erreichte nicht seine Augen. »Geschenkt? Unmöglich! Musst du falsch verstanden haben, mein Junge. Kann ihn dir nur zur Aufbewahrung gegeben haben. So wird’s gewesen sein. Ein Ehrenmann, dein Vater. Weiß, was er tut.«
    »Genau deshalb!«, beharrte Tobias. »Er hat ihn mir nicht zur Aufbewahrung überlassen, sondern geschenkt! Ich weiß es ganz genau!«
    Zeppenfeld seufzte und sagte nachsichtig zu Heinrich Heller: »Kinder! Schnell bei der Hand mit absoluten Wahrheiten. Hören nicht immer genau hin. Kenne das. Doch die Dinge liegen anders. Sie verstehen, Herr Professor. Bin aber bereit, ein ordentliches Entgelt zu zahlen. Hat zwar keinen Wert für den Jungen, aber er soll mich nicht in schlechter Erinnerung behalten.«
    »Ich will kein Entgelt, sondern den Stock behalten!«, erwiderte Tobias heftig und ärgerte sich, dass Zeppenfeld von ihm wie von einem dummen Kleinkind sprach, das Aufbewahren nicht von Schenken unterscheiden kann.
    »Hitziges Temperament, Ihr Neffe. Muss sich noch abschleifen.
    Bringt aber schon die Erfahrung«, sagte Zeppenfeld gönnerhaft zu seinem Onkel. »Vertraue aber darauf, dass Sie mein Recht an dem Stock anerkennen.«
    Heinrich Heller blickte kurz zu Tobias hinüber und antwortete: »Gewiss, doch dazu muss ich erst das Schreiben sehen, das mein Bruder Ihnen geschickt hat.«
    »Vergaß es leider mitzunehmen«, erklärte Zeppenfeld. »Beschloss erst unterwegs, Sie aufzusuchen. Werde es Ihnen aber nach meiner Rückkehr unverzüglich zusenden.«
    »Dann bedaure ich, Herr von Zeppenfeld.«
    Tobias atmete auf.
    Zeppenfeld nahm eine noch steifere Haltung an. »Sie haben mein Wort!«, erwiderte er.
    Heinrich Heller lächelte. »Aber lieber Herr von Zeppenfeld! Ihr Wort ist über jeden Zweifel erhaben! Nur steht es leider nicht in meiner Macht, etwas aus der Hand zu geben, das sich in der Verfügungsgewalt meines geschätzten Bruders befindet. Ein Ehrenmann wie Sie wird dafür sicherlich volles Verständnis haben«, sagte er zuvorkommend und fügte geschickt hinzu: »Und da es sich ja nur um einen Spazierstock handelt, den Sie Ihrer Sammlung zuführen möchten, hat die Angelegenheit doch auch keine Eile. Ich verspreche Ihnen, dass ich das seltsame Stück umgehend an Ihre Adresse senden werde, sobald ich den Brief meines Bruders an Sie in den Händen halte. Ich denke, dass Ihnen dieses Versprechen genügen wird.«
    Zeppenfeld presste die Lippen zusammen und ließ damit erkennen, dass es ihm ganz und gar nicht genügte und er vielmehr davon ausgegangen war, den Spazierstock gleich mitnehmen zu können.
    »Nun gut«, sagte er schließlich und rang sich zu einem Lächeln durch. »Bedaure, dass Sie sich zu keiner großzügigeren Haltung durchringen können, verstehe jedoch. Werde mich also noch etwas in Geduld

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