Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken
hätte sich gewiss darüber gefreut.«
Tobias glaubte, einen sarkastischen Unterton in der Stimme seines Onkels heraushören zu können. Denn hatte er vorhin nicht erst gesagt, die Freundschaft der beiden hätte in Ägypten ein sehr unschönes Ende gefunden?
Wenn Armin von Zeppenfeld das auch bemerkt hatte, so ließ er sich das nicht anmerken, denn bedauernd fuhr er nun fort: »Gewiss, gewiss. Hatte mir auch fest vorgenommen, aber wie gesagt: dringende Geschäfte. Hörte, der Gute ist wieder gen Ägypten?«
Heinrich Heller nickte nur, nicht bereit, sich über die genauen Pläne seines Bruders auszulassen.
»Beneide ihn um seine Freiheit und seinen Mut. Wird noch Großes leisten. Waren damals schon so nahe am Ziel. Mussten aber umkehren. Wären fast in die Auseinandersetzungen verfeindeter Stämme geraten. Brisante Situation, aber prächtig gemeistert von Siegbert. Wünsche ihm nur das Beste. Wird es gebrauchen können.«
»Und was kann ich für Sie tun, Herr von Zeppenfeld?«, fragte Heinrich Heller nun direkt, der höflichen Reden müde.
»Eine Kleinigkeit, verehrter Herr Professor«, versicherte Armin von Zeppenfeld. »Siegbert vergaß mir etwas zu schicken. War mir schon avisiert worden. Doch der Gute war wohl von seinen Reisevorbereitungen zu sehr in Anspruch genommen. Hatte den Kopf voll mit wichtigeren Dingen. Nehme es ihm auch nicht übel. Wäre mir gewiss nicht anders ergangen.«
Heinrich Heller zog die Augenbrauen hoch. »Was wollte er Ihnen denn schicken?«
Armin von Zeppenfeld machte eine Handbewegung, als wäre die Angelegenheit überhaupt nicht der Rede wert. »Den Spazierstock, verehrter Professor.«
Tobias horchte auf. »Oh, Sie meinen diesen seltsamen Stock, den Eduard Wattendorf ihm letztes Jahr aus Kairo geschickt hat?«, fragte er überrascht.
»In der Tat. Um selbigen handelt es sich«, bestätigte Zeppenfeld und lächelte nun. »Ein dummes Missverständnis.«
Tobias erinnerte sich vage an das, was sein Vater ihm über diesen Mann erzählt hatte. Viel war es nicht, doch er wusste zumindest, dass auch Eduard Wattendorf an der Expedition teilgenommen hatte und anschließend in Kairo geblieben war. Gesundheitlich sehr angeschlagen und wirr im Kopf, wie sein Vater einmal erwähnt hatte – und zwar mit wenig freundlichen Worten. Er hatte sich wohl auch mit Wattendorf überworfen, weil dieser die Expeditionsgruppe in einer lebensgefährlichen Situation schändlich hintergangen und nur noch an die Rettung seines eigenen Lebens gedacht hatte. Und dieser Eduard Wattendorf hatte seinem Vater im Herbst vergangenen Jahres einen höchst ungewöhnlichen Spazierstock geschickt: An Stelle eines runden Knaufes, um den sich die Hand beim Gehen schließen konnte, zierte ein silberner Falkenkopf mit aufgerissenem Maul das obere Stockende. Sein Vater hatte über das Geschenk und den Begleitbrief, in dem offenbar wirres Zeug gestanden hatte, abfällig gelacht und gesagt: »Am liebsten würde ich ihm das dumme Ding um die Ohren schlagen! Kein Geschenk der Welt kann aus der Welt schaffen, was er uns angetan hat! Am wenigsten dieses lächerliche Geschwafel!«
»Wieso ein dummes Missverständnis?«, fragte Tobias unwillkürlich. Der Stock stand jetzt in seinem Zimmer. Sein Vater hatte ihn aus den Augen haben wollen und er hatte ihn nur zu gern genommen.
Zeppenfeld wandte sich ihm zu. »Habe eine Schwäche für Spazierstöcke, mein Junge. Schon seit Jahren. Zweihundert Exemplare umfasst meine Sammlung. Wattendorf wusste davon und versprach mir, diesen Stock mit Falkenkopf zu schicken, den er in Kairo entdeckt hatte. Verträgt aber keine Hitze, der Arme. Ist ihm aufs Gehirn geschlagen und hat ihn ein wenig wunderlich werden lassen. Kein Mann aus hartem Holz wie dein Vater. Strapazen, Gefahren – hat ihn zerbrochen. Aber sei’s drum. Wattendorf wusste von meinem Hobby und versprach ihn mir. Musste aber wieder eine seiner wirren Anwandlungen gehabt haben, schickte ihn nämlich an deinen Vater. Falkenhof und Falkenkopf. Muss das durcheinander gebracht haben.«
»Aber der Brief war an meinen Vater gerichtet«, wandte Tobias ein.
»Wie gesagt: das Missverständnis eines wirren Kopfes«, tat Zeppenfeld seinen Einwand leichthin ab. »Dein Vater wusste sicherlich nichts damit anzufangen.«
Schwang da nicht eine Frage in seinen Worten mit?
»Das stimmt«, räumte Heinrich Heller ein und forderte seinen Neffen auf: »Sei so gut und bring den Stock doch mal her!«
Nur widerwillig befolgte Tobias die Aufforderung
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